Kann denn Fado fade sein?
in meiner Küche!) und einer Säge. Die von Katharina besorgte Axt kommt deshalb nicht zum Einsatz.
Schlachter Klaus lässt es sich nicht nehmen, in Arbeitskleidung anzutreten: Er hat extra einen weißen Mantel mitgebracht. Katharina und ich vermuten: damit man das Blut besser sieht. Wir hätten ja eher alte Klamotten angezogen oder vielleicht eine Gummischürze. Aber sind wir Schlachtexperten? Eben.
Wir entfernen uns dann lieber vom blutigen Geschehen am Schlachtort und bereiten die Zutaten für das festliche Mahl vor, das für den nächsten Tag geplant ist. Zwölf Stunden wenigstens sollen die Fleischstücke mariniert werden.
Das Zicklein war ziemlich groß. Es gibt also eine Menge Fleisch. Deshalb werden zum Mittagessen nicht nur der edle Spender und seine Mutter (im »richtigen Leben« die alte Müllerin, Dona Amélia, von der Windmühle auf dem benachbarten Hügel und ihr Sohn) gebeten, sondern noch andere Freunde geladen: Doris und Ingolf sind von der Lagune angereist.
Dona Amélia hat sich – ebenso wie ihr Sohn – extra fein gemacht. Ganz in Schwarz gekleidet, oft geflickt, aber sauber. Dicke schwarze Strümpfe. Und sie hat ihren Regenschirm dabei. Gegen die hitzigen Strahlen der Sonne.
José kommt zwar ohne Schirm, ist aber ebenfalls sauber gekleidet. Ordentlich eher weniger. Seine Hose hat einen langen Riss, beim Hemd fehlen etliche Knöpfe. Keine Socken, aber feste Arbeitsschuhe. Und die unerlässliche Kappe auf dem Kopf, tief in die Stirn gezogen. Ohne die oder einen schwarzen Hut ist der alentejano praktisch nicht vorstellbar. Einen Stecken hat er auch noch dabei – schließlich ist er hauptberuflich Ziegenhirte.
Ich will es kurz machen: Es ist – schlicht und ergreifend – ein herrliches Mahl. Wir sitzen draußen auf der schattigen Terrasse. Den Duft des geschmorten Zickleins noch in der Nase. Der Blick schweift in die Ferne – auf die unendlich scheinenden Hügel des Monchique-Gebirges. Das eine oder andere Glas Rotwein, danach ein medronho . José greift in die Hosentasche, zieht eine Mundharmonika heraus und spielt auf. Seine Mutter, Dona Amélia, singt ein paar einfache Lieder, ein bisschen Fado.
Ein Nachmittag mit Freunden. Ein Festessen im Alentejo.
Kapitel 15
Vom (Alb-)Traumhaus ans Ende der Welt
Ich weiß ja, mich haben schließlich fast alle residentes vorgewarnt, dass die Bauweise der portugiesischen Häuser nicht so ganz dem gewohnten deutschen Standard entspricht.
Damit kann ich im Prinzip leben. Es macht mir beispielsweise gar nichts mehr aus, wenn ich im Winter trotz gewaltig prasselnden Kaminfeuers friere. Dagegen kann man etwas tun: Es gibt Wärmflaschen, es gibt Heizdecken, es gibt dicke Pullover und Wollsocken. Das hat zwar nicht mehr unbedingt etwas mit der Vorstellung zu tun, man lebe im warmen Süden. Aber wenn es denn hilft! Man sollte allerdings – kleiner Tipp – »vergessen«, davon zu erzählen, wenn man mit Deutschland telefoniert. Erstens glaubt’s daheim sowieso niemand, und zweitens sollen alle Zweifler ihre Erfahrungen gefälligst selbst machen.
Womit ich allerdings nur schwer leben kann: »Meine« wunderschöne quinta , das Casalinho do Outeiro , zeigt sich im zweiten Winter leider ein bisschen inkontinent. Mit anderen Worten: Wenn es regnet, regnet es nicht nur aufs Dach, sondern auch ins Haus.
Dona Isabela ist scheinbar einsichtig, sie verspricht mehrmals und nachdrücklich: »Ich werde mit Senhor Marco reden. Er wird das Dach richten lassen! Ganz sicher!«
Es passiert jedoch nichts.
Nicht nur im kleinen Flur zur Küche läuft das Wasser von der Wand. Nach ein paar Regentagen tropft es, an immer mehr Stellen, auch im Wohnzimmer von der Decke. Und in meinem Arbeitszimmer. Am Ende im Schlafzimmer.
Nun gibt es wirklich Schöneres, als auf einer feuchten Matratze zu nächtigen. Ich weiche auf die Gästecouch aus – dem mittlerweile einzigen Raum, in dem es weder von der Decke tropft noch Rinnsale an den Wänden zu sehen sind. Muss daran liegen, dass in diesem Raum im Erdgeschoss auch noch überall azulejos , Fliesen, sind.
Mit jedem Regentag werde ich wütender. Dona Isabela tangiert das allerdings nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie weiß zu berichten, dass sie früher im kleinen Torhaus wohnte, und dass es dort, nachdem ein Baum aufs Dach gestürzt war, wochenlang reinregnete. Sie hat das damals eigentlich gar nicht so schlimm gefunden. Mit anderen Worten: Es passiert nichts in Bezug auf mein Problem.
Vielleicht mag sie es gern feucht? Oder
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