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Kann denn Fado fade sein?

Kann denn Fado fade sein?

Titel: Kann denn Fado fade sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Zacker
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Vereinsmeierei gemacht wird. Gleichzeitig lässt man gar nicht zu, dass andere in diese Kreise hineinkommen.
    Nicht dass ich das wollte. Aber ich habe selbst erlebt, dass ich von einigen herablassend behandelt wurde, weil ich mir meine Brötchen selbst verdiene, weil ich keinen Mann habe, der mich »ernährt«.
    Vor allem stören mich der Ton und die Wortwahl, die viele an den Tag legen, wenn sie über Portugiesen sprechen. Übrigens nicht nur expats , sondern auch etliche residentes , die einfach so vor Jahren nach Portugal auswanderten und hier einen Job oder eine eigene kleine Firma haben – oder ihre Rente verleben. Oft höre ich Sätze wie: »Die kriegen hier ja eh nichts auf die Reihe.« Oder: »Typisch – klappt wieder mal nichts – klar bei denen hier.« Da möchte ich mich manchmal fremdschämen.
    Mir ist klar, dass in Portugal vieles im Argen ist, dass hier eine Menge nicht so klappt wie zu Hause. Aber muss das denn auf diese Weise sein? Wie kann man den Anspruch haben und leider auch lautstark vertreten »ich zahle, also macht ihr mal gefälligst«, den man von vielen deutschen Touristen hört? Wie kann man auf die Idee kommen, man müsse seine Gastgeber – und das sind die Portugiesen für mich – erziehen? Ihnen zeigen, wie man es »besser macht«?
    In Deutschland herrschen ebenfalls keine paradiesischen Zustände, da ist vieles absolut nicht perfekt. Weder im Arbeitsleben noch im sozialen Bereich. Wenn hier aber alles so schlimm ist – sie sind vor Jahren doch alle freiwillig hergekommen. Sie müssen doch nicht hierbleiben, oder? Warum lassen sie die Portugiesen nicht so leben, wie die es wollen?
    Portugal kann so schön sein – ohne die Meckerer, ohne diejenigen, die Land und Leute verbessern wollen. Wer sich mit Portugiesen einlässt – und solche residentes sind wohl zum Glück die Mehrheit –, wird mit offenen Armen aufgenommen. Auch wenn er beispielsweise – wie ich – nicht perfekt Portugiesisch spricht.
    Ganz und gar nicht perfekt. Aber ich versuche es, ich lerne täglich dazu. Ich lebe nicht hier und erwarte, dass alle Englisch sprechen. Oder gar Deutsch. Ich kann nicht erwarten, dass man sich mir anpasst, man so lebt und handelt, wie ich es gewohnt bin. Sondern es ist genau andersherum: Ich bin hierhergekommen – und muss mich deshalb hier einleben. Wenn ich das nicht kann, wenn mir zu viel »gegen den Strich« geht – dann muss ich die Konsequenzen ziehen. Nicht die Portugiesen.
    Freundlichkeit und Entgegenkommen erlebe ich in Portugal fast jeden Tag – und wenn ich davon erzähle, wird mir oft vorgeworfen: »Du siehst das alles durch deine rosarote Portugalbrille!«
    Tja – was soll ich machen? Mit dunkler Sonnenbrille oder besser mit Scheuklappen herumlaufen, damit ich nicht mehr sehe, wie die Menschen mich als estrangeira herzlich aufnehmen?
    Ein Lächeln – das ist überall auf der Welt so, nicht nur in Portugal – ändert alles. Wer sich selbst nicht so wichtig nimmt und auf andere zugeht, ohne Anspruchshaltung, aber vielleicht mit dem dicionário in der Hand, kommt weiter. Es zeigt den Willen, mit anderen klarzukommen – und mit genau diesem Lächeln im Gesicht bringt man auch einen vorher vielleicht eher wortkargen Automechaniker zu einem kleinen Tick mehr Hilfsbereitschaft.
    In Portugal haben sogar Autos eine Seele. Das muss daran liegen, dass die Portugiesen nicht nur fußballnärrisch sind, sondern durchaus eine Affinität zu Autos haben. Hier wird gebastelt, was das Zeug hält. Improvisation ist Trumpf.
    Ich fahre jetzt einen etwas älteren japanischen Jeep. Das Weihnachtswunder – man erinnert sich vielleicht. Diesem Auto ist eigen, dass es sich nur dann starten lässt, wenn man mittels eines kleinen Paneels vorher einen Sicherheitscode eingibt. Schicke Sache.
    Das Autochen weigert sich einfach eines Morgens, die nötigen »Ich-bin-jetzt-startklar-und-du-kannst-den-Code-eingeben«-Lämpchen aufleuchten zu lassen. Das ist doppelt unangenehm, weil ich nämlich mit meiner putzenden »Perle« in Carcavelos bei den finanças verabredet bin.
    Nein, ich habe den Code nicht vergessen. Ein wenig Flucherei und ein Tritt gegen den Reifen – und das Lämpchen leuchtet, der Motor lässt sich starten – und los geht’s.
    Aber ich habe ein komisches Gefühl im Bauch …
    Zurück in Azóia trinke ich erstmals mit Blick auf Leuchtturm und Atlantik eine bica auf meiner Terrasse. Danach will ich nochmals nach Cascais zum Einkaufen fahren. Das Autochen verweigert sich erneut. Ich

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