Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
Vom Netzwerk:
nach weiteren schlaflosen Nächten auf einen grünen Zweig und kannst dir neue Folgen der Kolumne aus dem Ärmel schütteln.« Ich lasse meine Stimme gleichgültig klingen, zucke betont desinteressiert mit den Schultern und wende mich dann langsam zur Tür.
    21, 22, 23 …
    »Warte!« Ha! Es klappt doch immer wieder!
    »Ja?« Ich drehe mich wieder zu ihr herum.
    »Was springt dabei für dich raus? Du machst das doch sicherlich nicht umsonst!« Argwöhnisch betrachtet sie mich aus ihren müden Augen, die sie sorgfältig mit blauem Kajal umrandet hat. Ich überlege kurz.
    »Ach, weißt du, verpetz mich einfach nicht, und lass mich meinen Job hier behalten, dann sind wir quitt«, erwidere ich.
    Sie denkt kurz nach. In ihr tobt ein Kampf, das sieht man. Ihr Stolz gegen die Angst vor der eigenen Kündigung, wenn sie nicht das liefert, was man von ihr erwartet. Eine über die Jahre antrainierte Maske der Unantastbaren ringt mit der Furcht vor weiteren schlaflosen Nächten.
    »Na gut.« Ihre Schultern sacken zusammen. Sie hat den Kampf auf jeden Fall verloren.
    »Ich bin Vicky.« Ich mache ein paar Schritte auf sie zu und strecke ihr meine Hand entgegen, bleibe aber vorsichtshalber immer noch auf Abstand.
    Sie betrachtet einen Moment lang meine Hand, als wäre sie etwas Giftiges. Dann reicht sie mir ihre feingliedrigen und kühlen Finger. Die ganze Frau ein wandelnder Nordpol – äußerlich und innerlich.
    »Ich bin Julia.« Sie lächelt nicht, ihr Gesicht ist völlig reglos.
    »Wann ist die nächste Kolumne fällig?«, frage ich sachlich, um auch nach unserer persönlichen Vorstellung Distanz zu wahren.
    »In zwei Wochen sollte sie fertig auf meinem Tisch liegen.« Julias gefühlloser Blick ruht nachdenklich auf mir. Dann scheint sie innerlich eine Entscheidung gefällt zu haben, denn es kommt wieder Bewegung in die viel zu dünne Person mit den langen schwarzen Haaren, die glatt und glänzend ihren Rücken hinabfließen. Ohne ein weiteres Wort steht sie auf, stakst geräuschlos an mir vorüber und verschwindet durch die Tür. Als ich es endlich wage, ihr hinterherzublicken, sehe ich nur noch, wie die schwere Glastür im Flur ganz langsam zufällt.
    Caruso jagt über die weiten Grünflächen des Englischen Gartens, dreht immer wieder um, umkreist mich schwanzwedelnd und bellt mich auffordernd an. Ich werfe die knallpinke Frisbeescheibe, und er hetzt wie der Blitz davon, um sie mir zurückzubringen, nur um das Spiel gleich wieder von vorne zu beginnen. Abwechselnd werfe und lobe ich und hänge dabei meinen Gedanken nach.
    Ich kann es einfach nicht fassen, dass ich jetzt mitten im Spiel bin. Nein, ich meine nicht das Frisbeespiel mit meinem Hund, sondern das Katz-und-Maus-Spiel bei der Stunning Looks. Zwar bin ich mir noch nicht sicher, ob ich statt der Katze nicht doch die Maus bin, aber immerhin spiele ich jetzt mit, und zwar in der 1. Liga des Mode- und Lifestyle-Journalismus des Landes. Endlich war mir das möglich, was ich mir immer gewünscht hatte und was mir dann so plötzlich wieder genommen worden war – wenn auch vorerst nur als Undercover-Auftrag.
    Ich bin so in meine Gedanken versunken, dass ich nicht merke, wie plötzlich Andy neben mir steht. »Hallo, Vicky!«
    »Hey, wo kommst du denn auf einmal her?«
    »Von der Arbeit.«
    »Und auf dem Heimweg gehst du durch den Englischen Garten?«, frage ich mit gerunzelter Stirn.
    »Ach, mir war nach frischer Luft«, antwortet er leicht melancholisch und beugt sich zu Caruso hinab, um ihn hinter den Ohren zu kraulen.
    »War dein Arbeitstag nicht so erfolgreich?«, frage ich. Andreas arbeitet als Koch in einem gut gehenden Restaurant in Schwabing.
    »Ging so …« Er wirft die Frisbeescheibe, und wir beide sehen meinem Ca de Bestiar nach, wie er ihr hinterherhetzt.
    »Du … Vicky?«, fragt er dann.
    »Ja, Andy?«
    »Kannst du mir nicht irgendwelche Tipps geben?«
    »Tipps?«
    »Wie ich an Nina rankommen kann?«
    »Ach, Andy …«, seufze ich. »Das Thema hatten wir doch schon …«
    »Ja, ich weiß. Aber … Keine Ahnung. Vergiss es einfach!«
    »Aber?«
    »Egal!« Mit hängenden Schultern trottet er von dannen, und Caruso und ich blicken ihm verwundert hinterher. Was war das denn eben? So kenne ich Andy ja gar nicht! Aber dieses Drama geht nun schon wirklich lange, und ich kann einfach nicht verstehen, warum er nicht einsieht, dass er bei Nina keine Chance hat. Er hat es so oft versucht, und trotzdem hat sie ihn jedes Mal abblitzen lassen. Und dabei ist Andy wirklich

Weitere Kostenlose Bücher