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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
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vielleicht geht es für Andy doch über eine rein physische Sache hinaus.«
    »Glaubst du? Aber selbst wenn … Ich kann mir so eine On-Off-Sache momentan einfach nicht leisten. Ich habe unheimlich viel Stress in der Arbeit, da darf ich mich nicht ablenken lassen!«
    »Ich weiß. Aber manchmal kann ein bisschen Ablenkung auch jede Menge Spaß machen. Und dann geht dir auch die Arbeit wieder viel leichter von der Hand.«
    »Meinst du?«
    »Ich bin mir da absolut sicher!«

Es gibt Tage, da verliert man
     
    Es gibt Tage, an denen wacht man morgens auf und weiß, dass man besser im Bett liegen bleiben sollte. Leider ist da aber noch ein Hund, der unbedingt gefüttert und Gassi geführt werden will. Und schmutziges Geschirr, welches sich in der Spüle stapelt und darauf wartet, abgewaschen zu werden, unbezahlte Rechnungen, die einem einen Haufen Mahngebühren bescheren, und so weiter und so fort.
    Trotzdem weiß ich, dass heute eigentlich ein Tag zum Sich-totstellen ist, an dem man ungepflegt rumgammelt, sich in ohrenbetäubender Lautstärke alle CDs von Incubus, Placebo, Muse und Jimmy Eat World reinzieht und sich mit ungeschminktem Gesicht und ungewaschenen Haaren der Melancholie des eigenen kleinen Universums hingibt. Und dabei natürlich eine Packung Ben & Jerry’s nach der anderen verdrückt. Zum Glück ist heute mein freier Tag.
    Schon eine halbe Stunde nachdem ich mich aus dem Bett gequält habe, weiß ich, dass ich das mal besser nicht hätte tun sollen: Draußen gießt es in Strömen, Caruso wälzt sich beim Gassigehen begeistert im Schlamm, es ist kalt, der Wind zieht unter meinen Anorak und lässt mich schlottern. Zurück in meiner Wohnung, tröpfelt die Dusche nur müde vor sich hin, da das Münchner Leitungswasser den Kampf gegen den Kalk mal wieder verloren hat. Außerdem lässt sich der Haarwirbel über meinem rechten Ohr mit keinem meiner vielen Mittelchen und auch nicht mit Orkanstärke 3 meines Haartrockners bändigen. Ich habe einen Pickel am Kinn, der trotz des Einsatzes meines Abdeckstifts nicht verschwindet. Und als ich mir Kaffee machen will, treiben kleine weiße Flöckchen in der Tasse herum: Die Milch ist sauer. Ich kann sie verstehen. Vielleicht wäre sie auch lieber im dunklen Kühlschrank geblieben.
    Ich habe vor diesem Tag kapituliert und sitze jetzt mit meiner Kuscheldecke auf der Couch, esse mit einem Suppenlöffel teure amerikanische Eiscreme direkt aus der Verpackung und lasse mich von Placebo beschallen. Gut, dass ich heute nicht arbeiten muss. Das Büro dieser Zicke zu putzen, hätte meine Laune bestimmt in ungeahnte Höhen katapultiert! Vielleicht sollte ich mit der neuen Kolumne beginnen. Eine Hasstirade auf Tage wie diesen. Ob das meinen Frust besänftigen würde? Vielleicht sollte ich das ausprobieren …
    Ich suche nach Stift und Block, da werde ich auf ein komisches Geräusch aufmerksam. Ein hartnäckig wiederkehrendes Klingeln, welches sich vom E-Gitarrengeschrammel meiner Musik abhebt. Ich spitze meine Ohren und lausche, bis ich darauf komme, dass es das Klingeln meines Telefons ist. Ich strample mich aus meiner Decke, laufe in den Flur und hebe ab.
    »Ja?«, frage ich. Doch statt einer Antwort höre ich nur Brian Molko im Hintergrund. »Moment«, schreie ich in den Hörer und laufe zur Anlage, um die Musik leiserzudrehen. Dann greife ich wieder nach dem Telefon. »So, ein neuer Versuch.«
    »Frau Schäfer?« Eine Frauenstimme, kühl und humorlos.
    »Ja?«
    »Mein Name dürfte Ihnen bekannt sein.«
    »Ähm, nein!?« Ich ziehe überrascht die Augenbrauen hoch. »Aber das wäre schön, denn dann könnte ich meinen Putzjob an den Nagel hängen und Hellseherin werden. Hab gehört, die verdienen ganz gut.« Einen kurzen Moment lang sehe ich mich mit Tüchern verhüllt und mit klimperndem Goldschmuck behangen vor einer Kristallkugel sitzen, um mich herum Räucherstäbchenwolken wabernd.
    »Hier ist Evelyn Kern.« Eine kurze kunstvolle Pause, in der ich Zeit bekomme, schwer zu schlucken.
    »Oh … hallo … Frau Kern …«, stottere ich, und mein Herzschlag beschleunigt sich augenblicklich auf das Dreifache.
    »Offenbar kann ich Ihnen wirklich eine richtige Freude machen! Ich werde nämlich dafür sorgen, dass Sie Ihren Putzjob an den Nagel hängen können! Nämlich weil Sie gefeuert werden! Eine Mitarbeiterin hat mir von Ihren Machenschaften in unserer Redaktion berichtet, um unser stets ehrliches und offenes Betriebsklima zu wahren. Kommen Sie bitte sofort hierher, ich habe ein

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