Kann es wirklich Liebe sein
Travis schnappte sich die feuchte Decke, als sie sie gerade über die Schulter hob, um wieder zuzuschlagen. Er konnte sie ihr ohne großen Widerstand entwenden. Ihre offensichtliche Erschöpfung stachelte seine Wut nur weiter an. „Ich habe dir doch gesagt, dass du im Haus bleiben sollst.“
Meredith wandte sich wie im Traum zu ihm um und blinzelte, als würde sie im ersten Moment nicht verstehen, wen sie da vor sich hatte. „Travis?“ Ein Funke der Erkenntnis trat in ihre Augen und sie warf sich in seine Arme und klammerte sich an ihn. „Gott sei Dank, du bist endlich da!“
Der Körperkontakt war so unerwartet, dass er Travis fast aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Er wusste nicht, was er tun sollte. Vor einer Sekunde noch hatte er herumgeschrien und plötzlich presste sich eine dankerfüllte Frau an ihn. Wie hatte das so schnell passieren können?
„Ich habe es wirklich versucht, Travis. Wirklich.“ Sie hob den Kopf, um ihm in die Augen zu schauen. Der Ruß auf ihren Wangen und ihrer Stirn ließ das Strahlen ihrer blauen Augen nur umso intensiver wirken. „Ich hatte die Flammen an der Ostwand gelöscht und mich gerade der Westwand zugewandt, als das Feuer den Heuboden erreicht hat. Glaubst du, wir können die Scheune retten?“
„Ich weiß es nicht. Die Jungs und ich werden es versuchen.“ Er machte sich vorsichtig von ihr los und nahm ihre Hand. „Wir müssen dich erst mal hier rausbringen.“
Sie taumelte hinter ihm her aus der Scheune. Crockett war schon dabei, den Trog wieder aufzufüllen, während Jim und Neill mit den Eimern bereitstanden.
„Das Zentrum des Feuers ist auf dem Heuboden“, rief er seinen Brüdern zu. „Tut, was ihr könnt, aber gefährdet euch nicht selbst. Wenn das Dach Feuer fängt, haut da ab. Sorgt dafür, dass das Feuer nicht auf das Haus überspringt.“
Travis verringerte seinen Griff um Merediths Hand nicht, bis er sie auf die andere Seite der Koppel gezogen hatte. „Geh ins Haus.“
„Ich kann helfen.“
„Nein, Meredith! Ich will dich nicht in der Nähe des Feuers haben.“ Der Gedanke allein ließ ihn erschauern, trotz der Hitze, die ihm aus der Scheune entgegenschlug.
„Ich habe es geschafft, nicht zu verbrennen, während ihr eine halbe Stunde lang gebraucht habt, um hier wieder aufzutauchen.“ Sie verschränkte die Arme und starrte ihn böse an. Ihre Lebensgeister schienen wieder zu erwachen. „Ich denke, ich finde eine Möglichkeit, diese Tradition noch ein wenig aufrechtzuerhalten.“
„Die Antwort ist nein.“ Er drehte ihr einfach den Rücken zu und ging davon – und hoffte, dass sie auf ihn hören würde. Wenn sie einer seiner Brüder gewesen wäre, hätte es gar keine Diskussion gegeben. Er war das Haupt der Familie und sein Wort war Gesetz. Aber sie war keine Archer. Und er hatte keine Ahnung, wie er mit ihr umgehen sollte, wenn sie nicht auf ihn hörte.
Sie schlüpfte an ihm vorbei, trat ihm in den Weg und zwang ihn dazu, stehen zu bleiben. „Lass mich die Pumpe bedienen.“
„Du bist zu müde dazu.“ Travis unterbrach sie mit einer Handbewegung, als sie gerade den Mund zu einer Erwiderung öffnete. „Ich habe keine Zeit, mit dir zu streiten. Meine Scheune brennt.“ Er schob sie zur Seite und ging mit langen Schritten an ihr vorbei. Dieses Mal ließ sie es geschehen.
Travis und seine Brüder bekämpften die Feuersbrunst so gut sie konnten. Sie standen auf Leitern innen und außen am Heubodenfenster und kämpften gegen die Flammen, doch es dauerte nicht lange, bevor das Feuer das Dach erreichte.
Als Neill mit einem weiteren Eimer die Leiter heraufgeklettert kam, winkte Travis ab. „Hilf Jim und Crock draußen.“ Er ließ sich die Leiter heruntergleiten, seine Stimme rau vom Qualm, sein Gesicht wund von der Hitze wie das Hinterteil einer Kuh nach der Brandmarkung. „Ich bringe die Tiere draußen weiter weg, damit sie wirklich in Sicherheit sind, und komme dann zu euch.“
Neill nickte und befolgte seine Anweisung, doch die Zuversicht in seinen Augen schwand. Er war erst neunzehn, doch auch ein junger Mann konnte erkennen, dass sie sich bald geschlagen geben müssten. Und wahrscheinlich hatte er genau diese Erkenntnis auch im Gesicht seines großen Bruders gesehen.
Es schmerzte, zweimal in einer Nacht zu verlieren. Es war schon schlimm genug gewesen, die Angreifer ziehen lassen zu müssen, doch der Gedanke, dass sie der Scheune nichts hatten anhaben können, hatte die Sache erträglicher gemacht. Nun war doch alles
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