Kann ich den umtauschen?
unterdrückte ein »Aha!«. Er fühlte sich wie ein Detektiv, der den Kriminalfall durchschaut hat, und sagte einfach nur:
»Du hast sie ziemlich gern, stimmtâs?«
Verdutzt sah Daniel ihn an.
»Wie bitte?«
»Leugnen ist zwecklos. Du hältst nach ihr Ausschau, seit wir hergekommen sind.«
Erst schwieg Daniel, dann lachte er. Ãber sich selbst.
»Oh je. Ist das so auffällig?«
»Ja, aber keine Sorge. Die da drüben« â er zeigte auf die um den Tisch versammelte Mannschaft â »haben nur Augen für Barbara.«
»Glaubst du, sie kommt noch?«
»Hat sie doch gesagt.«
»Und sie tut immer, was sie sagt?«
»Ja.«
»Und was ist, wenn Nathan ihr sagt, dass sie etwas anderes tun soll?«
Andrew runzelte die Stirn.
»Was meinst du denn damit?«
»Ach, nichts â¦Â« Daniel schüttelte den Kopf und lächelte. »Vergiss es â¦Â« Er schwieg einen Moment, aber dann wandte er sich doch wieder Andrew zu: »Kann ich dich mal was fragen? Wie ist er eigentlich so?«
»Nathan?«
»Hmhm.«
Andrew dachte kurz nach.
»Sehr reich und sehr attraktiv. Reicht das?« Er zuckte mit den Schultern und lächelte entschuldigend.
»Ja, reicht. ScheuÃlicher Kerl«, merkte Daniel trocken an.
»Redegewandt, witzig, charmant, selbstbewusst â¦Â«
»Halt, stopp, das reicht, mehr will ich gar nicht hören â¦Â«
»AuÃerdem skrupellos und egozentrisch ⦠Womit wir alle Charakterzüge eines Psychopathen beisammen hätten.« Andrew zog die Augenbrauen hoch, und die beiden Männer grinsten einander an.
»Ich dachte, ihr seid befreundet«, sagte Daniel.
Ãberrascht sah Andrew ihn an.
»Nathan und ich? Na ja, wir kommen miteinander aus, wenn wir müssen, in erster Linie natürlich wegen Flo und Alice, aber Freunde? Nein, nie gewesen. Ehrlich gesagt«, er neigte sich ihm etwas zu und senkte die Stimme, wobei er kurz zu Flo sah, »ich fand ihn schon immer ein bisschen arrogant, aber das kratzt mich wenig, da wir ihn extrem selten sehen.«
»Und wie behandelt er Alice?«
Andrew nickte nachdenklich.
»Also, dazu habe ich meine ganz eigenen Ansichten. Aber es gibt nur einen Menschen, der dir das wirklich beantworten kann â¦Â« Er zeigte aus dem Fenster, wo sie Alice über die Gartenmauer klettern sahen. »Warum fragst du sie nicht selbst?«
Aber er fragte sie nicht.
Manchmal muss man eine Frage gar nicht stellen, um die Antwort zu bekommen, nach der man sucht.
Als der Regen nachlieà und schlieÃlich aufhörte, verlagerte die Party sich aus der Küche auf die Terrasse. Um Mitternacht machte sich eine reichlich angeheiterte Alice trotz zahlreicher Ermahnungen, sie möge sich ein Taxi nehmen, auf den FuÃweg durch den dunklen Wald, der mit einem Sprung über die Mauer hinter dem Cottage begann.
Bei dem ihr etwas aus der Tasche fiel.
Alice bemerkte es nicht, aber dafür Barbara. Sie reagierte nicht gleich, da ihr ein weiterer Drink gereicht wurde, doch dann näherte sie sich dem Objekt am Boden, bückte sich und hob es auf. Sie schimpfte über ihren steifen achtundvierzigjährigen Rücken, als sie sich wieder aufrichtete, und blickte über die Mauer.
»Alice!«, rief sie, doch Alice war bereits ein verschwommener Fleck in der Ferne.
Barbara sah sich das Ding in ihrer Hand an.
Es war ein Buch. Ein groÃes, schwarzes Buch.
Sie klappte es auf. Es war ein Tagebuch.
In die Tagebücher anderer Leute durfte man nun wirklich nicht die Nase stecken, und Barbara war sich wohlbewusst, dass sie es irgendwo sicher ablegen und Alice so bald wie möglich zurückgeben sollte.
Barbara Darling war im Grunde eine ehrliche Haut, und in der Regel tat sie das Richtige ⦠Aber sie war auch eine geschäftstüchtige Literaturagentin, stets auf der Suche nach gutem Material für den beinharten Markt ⦠Also schlich sie sich zurück zum Tisch, steckte das Tagebuch in ihre geräumige Handtasche und tippte Daniel auf die Schulter.
»Ich bin völlig erledigt und werde mich jetzt verziehen. Noch eine Runde lesen oder so â¦Â«
Durch den dunklen Wald nach Hause zu laufen mochte beim Abmarsch eine ganz tolle Idee gewesen sein, aber wie alles, was einem in betrunkenem Zustand wie eine gute Idee vorkommt, war auch diese Idee in Wahrheit eine ziemlich schlechte gewesen.
Sie hätte Daniels
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