Kann ich dir jemals widerstehen?
er hatte die eine nicht gefunden,
die es wert war, für sie seine Freiheit aufzugeben. Die Frau,
die ihn so sehr berührte wie die süße kleine Tonya,
die so viel Gefühl in ihren Kuss gelegt hatte.
Zudem
hatte er einer Frau wie ihr nicht genug zu bieten. Vor zwölf
Jahren mochte das noch ein wenig anders gewesen sein. Mit den Jahren
war er zynisch geworden, seine Emotionen waren abgestorben, er hatte
keine tieferen Beziehungen zu Frauen. Er brauchte nur seine eigenen
Eltern anzuschauen, um zu wissen, dass Liebe nicht ewig währte.
Dennoch
musste er eine Geschäftsbeziehung zu Tonya Griffin aufbauen. Sie
war lebenswichtig für seine neue Zeitschrift. Ohne sie würde
er den Bozeman-Etat nicht bekommen. Und ohne Bozeman würde
"Abenteuer Natur" zum Scheitern verurteilt sein.
Tonya
räusperte sich, und er merkte, dass sein Schweigen ihr Unbehagen
bereitete. "Und danach", sagte er mit erzwungener
Munterkeit, "hast du dich selbstständig gemacht."
"Was
blieb mir anderes übrig? In New York fand ich keine Arbeit, weil
ich zu wenig Erfahrung hatte. Nach unzähligen Absagen und als
mir das Geld ausging, kehrte ich nach Hause zurück und leckte
meine Wunden."
"Und
dann?"
"Dann
wurde ich wütend. Ich wollte fotografieren, also tat ich das.
Ich machte Fotos bei Hochzeiten, Geburtstagspartys, mit einem Wort,
ich tat alles Mögliche, um mich über Wasser zu halten.
Nebenbei wanderte ich in die Natur, fotografierte Tiere, Pflanzen,
Landschaften." Tonya holte einen Rucksack aus der Ecke und
begann zu packen. "Ich schickte meine Arbeiten an verschiedene
Verlage und verkaufte mit der Zeit immer mehr. Eines Tages klingelte
mein Telefon, und eine kleine Zeitschrift in Wisconsin gab mir meinen
ersten Auftrag zu einer Bildreportage."
"Und
der Rest ist Geschichte, wie es so schön heißt." Seit
Webster wusste, dass Tonya die Frau gewesen war, die ihn damals auf
der Weihnachtsparty so hinreißend geküsst hatte, fühlte
er sich seltsam verunsichert.
"Okay,
ich finde, du hast dich lange genug in Erinnerungen ergangen. Wenn
wir nicht bald aufbrechen, ist auch dieser Tag Geschichte." Sie
verschloss den Rucksack. "Wir haben eine Menge zu tun, bevor ich
zur Kamera greifen kann."
Die
nicht zu leugnende Spannung zwischen ihnen schien sie genauso nervös
zu machen wie ihn. Offenbar wollte sie Abstand.
Und
er auch.
Er
musste erst mal die plötzliche Erkenntnis verarbeiten, dass er
nun tun konnte, was er sich vor all den Jahren fest vorgenommen
hatte: Tonya zum zweiten Mal zu küssen, damit er vergleichen und
seine Erinnerungen ad acta legen konnte. Das machte ihm ein weiteres
Problem bewusst. Er wollte Tonya nicht nur küssen, sondern in
seinem Bett haben.
Er
strich sich übers Kinn, fluchte im Stillen und folgte ihr nach
draußen. Die kommenden Tage würden schwierig werden.
Kaum
stand er vor der Tür, stach ihn eine Mücke in den Nacken.
Ja, schwierige Tage standen ihm bevor. In mehrfacher Hinsicht.
6.
Kapitel
Ihre
erste Aufgabe bestand darin, nach Websters Mietwagen zu sehen. Tonya
entdeckte ein paar Meter vom Autowrack entfernt ein silberfarbenes
Objekt im Schlamm. Sie ging hin und zog es mit spitzen Fingern
heraus.
"Danke",
sagte Webster, als sie es ihm reichte. "Die jämmerlichen
Reste meines Handys." Er versuchte, es anzuschalten, aber selbst
die ausgefeilteste Technologie war so viel Wasser nicht gewachsen.
Seufzend
warf er das Handy durch die zersplitterte Windschutzscheibe in den
Wagen.
"Das
ist ein Totalschaden", bemerkte Tonya, die Hände auf die
Hüften gestützt.
"Ich
glaube, das sagte ich bereits."
"Und
die Straße", fuhr sie kopfschüttelnd fort, "wird
bestimmt noch tagelang unpassierbar sein."
"Auch
das erwähnte ich schon."
Ja,
das hatte er. Aber sie hatte insgeheim gehofft, er hätte
übertrieben. Jetzt, wo sie die Schäden mit eigenen Augen
sah, erstarb ihre Hoffnung, Webster würde bald wieder
verschwinden.
Für
die nächste Zukunft war er im Wald gefangen. Und sie mit ihm.
Anfangs
schien es erträglich, als er sich noch nicht erinnert hatte, wer
sie war und dass sie sich dermaßen vor ihm blamiert hatte. Doch
jetzt wusste er es wieder, und er hatte ihre rosa Dessous gesehen,
hatte auf ihrem Fußboden geschlafen, mit ihr gegessen. Sie
hatte ihm das Hemd ausgezogen, seine nackte Haut berührt –
konnte es noch schlimmer kommen? Wie glatt seine Haut war, wie
kräftig seine Muskeln sich anfühlten! Ganz davon zu
schweigen, wie gut er geduftet hatte. An den Kuss im Taxi vor Jahren
durfte sie erst gar
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