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Kann ich gleich zurueckrufen

Kann ich gleich zurueckrufen

Titel: Kann ich gleich zurueckrufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Streidl
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übrig. Sie seufzt. Und deshalb, sagt sie, hat sie sich eine neue Spirale einsetzen lassen. In drei Jahren ist sie vierunddreißig – bis dahin muss sie eine Lösung gefunden haben.
    Sie schneidet meine Haare und föhnt sie sorgfältig. Dann zeigt sie mir meinen neu frisierten Hinterkopf in einem Spiegel. Ich bin zufrieden, zahle, steige auf mein Fahrrad und fahre nach Hause. Auf dem Heimweg halte ich bei der Metzgerei, beim Bäcker und an einem Blumenladen. Ich kaufe einen Strauß bunter Tulpen für meine Mutter. Dann mache ich noch einen Stopp bei der Reinigung und hole fünf Hemden, ein Kostüm und drei Blusen ab – frisch gewaschen und gebügelt. Es gelingt mir, Wäsche und Blumen einigermaßen unzerknittert auf dem Fahrrad nach Hause zu bringen. Und wieder einmal wünsche ich mir, mein Mann würde diesen Reinigungsgang mit dem Auto übernehmen. Schließlich sind es auch seine Sachen – und ich habe entweder den Kleinen dabei oder sitze auf dem Fahrrad. Doch die Öffnungszeiten der Reinigung passen nicht zu seinen Arbeitszeiten: Montag bis Freitag von 9:00 bis 18:00 Uhr. Aber samstags liefert er die getragenen Hemden und Blusen in der Reinigung ab.
    Mein Sohn sitzt am Küchentisch und malt ein Bild mit Wasserfarben, als ich um 17:51 Uhr nach Hause komme. Meine Mutter sitzt auch am Tisch. Sie sieht besser aus. Vielleicht war es wirklich nur die Hitze, die ihr zu schaffen gemacht hat. »Hübsch siehst du aus, Herzchen«, sagt sie. »Gut geschnitten – eine schöne Tochter habe ich.« Dann sieht sie meinen Sohn an. »Eine schöne Mama hast du«, sagt sie zu ihm. »Tikas Mama ist schön«, sagt er. Wir lachen alle drei. Ich gebe meiner Mutter den Blumenstrauß und bitte sie, zum Abendessen zu bleiben. »Es gibt Salat und Bratkartoffeln und Fleischpflanzerl.« Aber meine Mutter will nach Hause. Sie sei müde, sagt sie. Ich spüre wieder die Sorge in mir aufsteigen und das schlechte Gewissen. An der Tür umarme ich sie und ermuntere sie, mich anzurufen, wenn sie sich nicht wohl fühlt. »Ist schon gut, Herzchen«, sagt sie. »Du hast genug andere Dinge im Kopf.« Mein Sohn winkt ihr.
    Mir fällt ein, dass ich die Waschmaschine vergessen habe: Die gewaschene Wäsche liegt seit fast zwei Stunden in der Trommel. Ich räume die Maschine aus und befülle den Trockner. Dann gehe ich in die Küche und bereite gemeinsam mit meinem Sohn das Abendessen vor. Der Kleine schneidet Tomaten und Gurken für den Salat und Zwiebeln für die Fleischpflanzerl. Ich schäle die Kartoffeln. Während die Kartoffeln in der Pfanne braten, zeige ich ihm, wie man aus Hackfleisch, Petersilie und Zwiebeln kleine Bällchen formt. Bald brutzeln auch die Fleischpflanzerl. Um 18:28 Uhr höre ich meinen Mann an der Tür. »Du bist ja schon da«, rufe ich ihm entgegen. »Wir haben Essen gebraten«, ruft mein Sohn und rennt zu ihm.
    Dann sitzen wir zu dritt am Tisch und essen. Der Kleine kaut glücklich und weist meinen Mann vor jedem Bissen darauf hin, dass er das Essen gebraten hat. Ich bin auch glücklich. Auch wenn es nur ein gemeinsames Abendessen ist – das zweite in einer Woche –, bedeutet es mir doch viel. Familie. Die an einen Tisch zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Aber in ein paar Minuten muss ich wieder los – der Elternabend. Ich überlasse meinem Mann Kind und Küche und steige wieder aufs Fahrrad. Im Kindergarten haben sich schon einige Eltern versammelt, wir setzen uns auf die kleinen Holzstühle im Gruppenraum und trinken Wasser und Saft aus kleinen Gläsern. Die Leitung begrüßt die anwesenden Eltern und stellt die Tagesordnung vor. Es geht um den Tag der offenen Tür in vier Wochen, das Sommerfest in sechs Wochen und die Abschiedsfeier vom Kindergarten für die künftigen Schulkinder in zwölf Wochen. Außerdem möchte sie noch einmal auf den Streik am kommenden Montag hinweisen, der bereits per Rundschreiben angekündigt ist.
    Beim Stichwort Streik gibt es Unruhe unter den Eltern. Einige signalisieren Verständnis für die Forderungen der Streikenden. Andere finden es ungeheuerlich, dass der Kindergarten einen Tag geschlossen ist. Und dann auch noch an einem Montag. Die Leitung schlägt vor, erst mal die Tagesordnung abzuarbeiten. Und im Anschluss daran über den Streik zu sprechen. Es gibt einige unzufriedene Stimmen, aber der Großteil der Eltern findet den Vorschlag dann doch ganz vernünftig.
    Während es also erst mal um Termine geht, betrachte ich die anwesenden Eltern genauer. Es sind einige Väter da, die ich noch

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