Kannst du mir verzeihen
Rauferei im Kaufhaus, dass sie zu dem Schluss gekommen sei, eine Versöhnung sei nur mit äuÃerst ausgefallenen Mitteln möglich.
Am Ende wurde es eine richtige Sause. Eine 1-A-Tut-uns-leid-dass-wir-uns-gestern-in-der-Unterwäscheabteilung-des-Kaufhauses-gekloppt-haben-aber-jetzt-ist-alles-wieder-gut-Party.
Sie wachte erst ziemlich spät auf. Eigentlich hatte Hanny erwartet, von einem energischen Klopfen an der Tür geweckt zu werden oder von der Sirene eines Polizeiwagens, schlieÃlich war damit zu rechen, seit sie am Vorabend die reichlich angeschickerte Emma und ihren Oliver nach langen Umarmungen in ein Taxi verfrachtet und mit heftigem Winken und sogar Kusshänden verabschiedet hatten.
Ihre neuen besten Freunde.
Und jetzt ... Jetzt stellte sie sich vor, wie die beiden aufwachten und sie die Ereignisse des letzten Abends in ihren verkaterten Köpfen noch einmal Revue passieren lieÃen. Wie sie sich ein Glas Wasser und zwei Aspirin verabreichten.
Und wie sie schlieÃlich bei der Kriminalpolizei anriefen.
»Oh, Gott!«, stöhnte Hanny und begrub den Kopf unter ihrem Kissen.
Und dann klingelte das Telefon.
Hanny erstarrte.
Sie brachte es nicht über sich, die Hand auszufahren und den Hörer abzunehmen. Unter dem Kissen hervor spähte sie auf das Display und erkannte die Nummer, die so oft angerufen hatte, als Bastian noch da gewesen war: Olivers Handynummer.
Sie beschloss, die Dienste ihres Anrufbeantworters in Anspruch zu nehmen. Doch dann hörte sie, wie unten jemand abnahm.
»Hallo?«, flötete Oma Annie.
»Himmelherrgott, NEIN!« Hanny rappelte sich auf, schob die ebenfalls verschlafene und jetzt ungnädig grummelnde Nancy beiseite und hörte, allerdings ohne ein Wort zu verstehen, wie Annie mit dem Anrufer redete.
Worüber blo�
Mit der offenen Jeans über der Hüfte, halb angezogenen Socken und nur einem Arm im Pulli, während sie mit dem anderen noch das Ãrmelloch suchte, stolperte sie die Treppe hinunter und in die Küche.
Reichlich zerzaust und mit vor Angst geweiteten Augen kam sie zum Stehen.
Da saÃen sie alle rund um den Küchentisch, der vollgestellt war mit Alka-Seltzer, Orangensaft, Tee, Kaffee und Wasser. Auch sie sahen alle reichlich zerzaust und groÃäugig aus.
Sämtliche verkaterten Augen richteten sich auf Annie, die auf eine Weise nickte und »hmhm« machte, die alles hätte heiÃen können.
Dann legte sie auf und wandte sich ihnen zu. Ihr Blick war schwer zu deuten. Sie holten alle hörbar und fast gleichzeitig Luft, während sie darauf warteten, dass Annie etwas sagte. Die Sekunden fühlten sich an wie Stunden.
»Das war Oliver.«
Allgemeines Nicken.
Sie wartete einen Moment ab und genoss sichtlich die gequälte Anspannung der anderen.
»Er wollte sich nur eben melden, um sich für den wunderbaren Abend zu bedanken. Emma und er haben schon seit Jahren nicht mehr so einen schönen Abend gehabt!«
Sie reagierten, als hätten sie im Lotto gewonnen, sprangen auf, fielen sich in die Arme, jubelten. Sogar Edith nahmen sie in den Arm, obwohl Hanny es sich nicht verkneifen konnte, sie einmal so feste anzuknuffen, dass Edith immerhin das Gesicht verzog. Aber sie sagte nichts. Sie wusste, dass sie das verdient hatte.
Unendlich erleichtert lieÃen sie sich alle wieder auf ihre Stühle fallen und schenkten sich Tee und Kaffee nach, um richtig wach zu werden. Nun merkten sie auch, dass ihre Mägen schleunigst etwas feste Nahrung vertragen könnten, und machten Frühstück. Dabei lachten und schnatterten sie, als befänden sie sich auf der nächsten Party. Einer richtigen Party. Mit echtem Lächeln.
Hanny nutzte den allgemeinen Trubel und verschwand, um unbemerkt nachzuschauen, ob drauÃen vielleicht ein weiteres Geschenk von Bastian wartete.
Dieses Mal war es eine kleine Schachtel.
Eine sehr kleine Schachtel sogar, die von den anderen dennoch sofort bemerkt wurde, als Hanny wieder in die Küche kam.
»Aaaah!« Annie legte ihr Croissant ab und klatschte vor Aufregung in die Hände. »Na, was da heute wohl drin ist?«
Hanny reichte es Annie.
»Willst du es auspacken?«
Ihre Oma schüttelte den Kopf.
»Ich will dir dabei zusehen, wie du es auspackst, Liebes.«
Hanny lächelte beim Gedanken daran, wie Annie jedes Jahr an Weihnachten im selben Sessel im Wohnzimmer saà und breit grinsend dabei zusah, wie die
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