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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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hinauf, als spürte er, dass sie dort saß. Sie überlegte kurz, seinem Blick zu begegnen. Aber nur kurz. Lieber hielt sie sich weiter zurück. Kopf und Bauch waren noch nicht in Einklang.
    Sie fragte sich, was er ihr heute wohl gebracht hatte. Dachte an das gestrige Geschenk, das immer noch in seiner Schachtel auf dem Küchentisch lag. Was, in aller Welt, ging in seinem Kopf vor sich? Und wie sollte sie je eine Antwort darauf bekommen, wenn sie sich weiter weigerte, ihm zuzuhören?
    Sie war so sehr auf ihn konzentriert, dass sie erst nachdem er wieder abgefahren war, die anderen in der Küche hörte.
    Tatsächlich saßen sie bereits alle um den Tisch herum.
    An jedem anderen Morgen wäre ihr sicher aufgefallen, wie sie aus ihrer Rugby-Tuschelhaltung auseinanderfuhren und sich betont lässig in »Ich? Ich frühstücke doch bloß!«-Haltung begaben. Heute aber war sie viel zu sehr darauf konzentriert herauszufinden, was genau denn heute vor ihrer Haustür abgestellt worden war.
    Denn heute war etwas anders.
    Heute befand sich kein Geschenk vor der Tür, sondern nur ein Umschlag.
    Â»Kein Geschenk?«, maulte Annie und machte ein langes Gesicht.
    Â»Kein Geschenk.« Hanny zuckte die Achseln.
    Â»Vielleicht liegt was in der Karte?«, hoffte Jai.
    Â»Etwas ganz Dünnes?«
    Â»Also ganz bestimmt nicht ich.« Hanny verzog das Gesicht.
    Im Umschlag steckte eine Weihnachtskarte. »Für die, die ich liebe«, stand vorne drauf. In der Karte lag eine Quittung. Von einem ziemlich teuren Juwelier. Über dreitausendachthundert Pfund.
    Es war die Quittung für den Diamantring.
    Hanny blinzelte vor Erstaunen und Unmut. Die zart in ihr aufkeimenden, wohlig warmen Gefühle – mit einem Schlag waren sie wieder zunichtegemacht.
    Â»Die Quittung!«, rief sie mit derselben herablassenden Empörung in der Stimme wie Lady Bracknell in fast allen Inszenierungen die Worte »In einer Reisetasche?«. »Er hat den Nerv, mir die verdammte Quittung zu schicken!«
    Sie hatte tatsächlich keine Ahnung, was in seinem Kopf vor sich ging – das wurde hiermit amtlich. Was dachte er sich bloß? Er kauft ihr einen Ring, und dann lässt er sie wissen, wie viel er gekostet hat? Sollte sie das etwa beeindrucken? Dass er so viel Geld für sie ausgegeben hatte? Erwartete er, sie werde ihm nun umgehend verzeihen? Wollte er sich freikaufen? Hatte er erwartet, dass sie nach Erhalt des Rings voller Dankbarkeit und bräutlicher Aufregung sofort bei ihm anrufen würde? Und fand er, weil sie es nicht getan hatte, müsse er ihr nun beweisen, dass es ein echter Diamant war und kein Simili?
    Kannte er sie wirklich so schlecht?
    Kannte sie ihn wirklich so schlecht?
    Mit einem kellertiefen Seufzer faltete Hanny das Papier zu einem Flieger und schickte ihn auf die Reise. Er flog zwei Loopings, kam ins Trudeln und machte dann eine Bruchlandung auf Oma Annies Marmeladentoast.
    Alle, die sie um den Küchentisch versammelt waren und ihr Weihnachtsfrühstück mit Gaben aus Bastians Feinkostkorb genossen, sahen auf.
    Annie kaute den Bissen, den sie gerade im Mund hatte, in aller Ruhe fertig, schluckte, klopfte sich die Krümel von ihrem lila Kaschmirpulli, trank einen Schluck Earl Grey, setzte die Tasse ab, barg das Flugobjekt aus der Konfitüre und faltete es wieder auf.
    Erst betrachtete sie es eine Weile sehr intensiv, dann gab sie seufzend auf und griff nach ihrem Brillenetui.
    Hanny ließ sich auf den freien Stuhl neben ihrer Großmutter plumpsen und warf einen spitzen Blick auf den Zettel, den Annie so eingehend studierte, während sie in ein Croissant biss. »Krass, oder? Er hat doch sonst nie mit seinem Geld angegeben. Warum fängt er dann jetzt damit an?« Sie schenkte sich eine Tasse Tee ein.
    Annie betrachtete die Quittung weiter, jetzt mit zusammengekniffenen Augen, damit ihr bloß nichts entgehe. Dann fing sie an zu strahlen und nahm die Brille
ab.
    Â»Er gibt auch gar nicht damit an, Herzchen. Er will dir nur wieder einmal zeigen, wie gut er dich kennt. Ich weiß jetzt, was das soll.«
    Â»Ach, ja? Und das wäre? Er will mir damit ja wohl hoffentlich nicht sagen, dass ich als Arztgattin an seiner Seite ein schönes, leichtes Leben haben könnte, weil er genug für zwei verdient?«
    Â»Eins kann ich dir sagen, meine Liebe: Es geht hier nicht um Geld. Hier geht es um Timing.«
    Â»Um Timing?«
    Annie nickte und

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