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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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geringste Ahnung. Solche Gespräche werden schnell langweilig, das versichere ich dir. Und dann dauert es nicht mehr lange, bis auch der Sex langweilig wird, was wiederum bedeutet, dass man die betreffende Person satt hat.«
    »Deshalb bist du immer noch allein«, sagte Lidia.
    »Ja. Weil ich mich schon früh von einer Illusion befreit habe, die das Denken und Empfinden vieler Menschen bestimmt. Und die vielleicht auch der Grund für deine Trauer ist.«
    »Welche Illusion meinst du?«
    »Die meisten Leute glauben, dass sich Glück vor allem – oder nur – in einer guten Partnerschaft finden lässt. Ich bin der Beweis dafür, dass das nicht stimmt. Ich bin glücklich, glaub mir, und ich bin es seit Jahrhunderten. Ohne einen festen Partner.« Esmeralda lächelte, und dabei schien es in ihrem Gesicht aufzuleuchten. »Wo steht geschrieben, dass man einen Partner braucht, um glücklich zu sein? Wer hat behauptet, dass man allein traurig sein muss? Befrei dich von dieser Vorstellung, Diamant – das ist der Rat, den ich dir gebe. Fürchte dich nicht vor der Einsamkeit. Hab keine Angst davor, im Zeitstrom abseits aller anderen zu stehen. Konzentriere dich auf das, was dich einst wünschen ließ, Kantaki-Pilotin zu werden. Denk an die vielen wunderbaren Dinge im Universum. Sieh die Schönheit, die überall darauf wartet, betrachtet zu werden. Genieß dein Leben, dein langes Leben, in vollen Zügen. Genieß jede einzelne Sekunde davon.«
    Esmeraldas Enthusiasmus war ansteckend, und Lidia lächelte ebenfalls.
    »Na bitte«, sagte Esmeralda, als sie das Lächeln bemerkte. »Das ist ein guter Anfang. Weißt du, Diamant, es gibt nicht nur zahlreiche Wege des Lebens, sondern auch zahlreiche Wege des Glücks. Nun, ich habe eben von Schönheit gesprochen, und ich möchte dir zeigen, was ich meine.« Sie deutete zur transparenten Wand.
    Lidia stellte ihr Glas auf den Tisch. Inzwischen schwebte das Luftschiff dicht über dem See, der das Licht des Mondes und der Sterne reflektierte. Die Kraterwände ragten dunkel auf, eine gewaltige, hohe Barriere, die das lokale Leben vom Rest des Planeten separierte. Hier und dort an den finsteren Wänden bemerkte Lidia gleichmäßig leuchtende Lichter, und sie vermutete, dass es sich bei ihnen um die Lampen von Forschungsstationen handelte.
    »Normalerweise ist privater Flugverkehr über und im Inneren der Vulkankrater untersagt«, sagte Esmeralda und verwandelte sich einmal mehr in ein aufgeregtes Mädchen. »Dadurch soll einer biologischen Kontamination vorgebeugt werden. Zweifellos eine richtige Maßnahme. Nun, zum Glück genießen wir Kantaki-Piloten gewisse Privilegien, und ein Kraftfeld verhindert den Austausch von Lebenskeimen. Kontrolle!«
    »Die energetische Barriere ist aktiv, und alle Systeme funktionieren einwandfrei«, ertönte die tiefe, sinnliche Stimme eines Mannes. Esmeralda zwinkerte Lidia zu, die erneut lächelte.
    Die Farbe des Sees veränderte sich an mehreren Stellen – der silberne Glanz verwandelte sich hier in ein dunkles Rot und dort in ein sattes Türkis. In anderen Bereichen glühte es orangefarben, violett und gelb.
    »Was ist das?«, fragte Lidia. »Ein natürliches Phänomen? Biolumineszenz?«
    »Beobachte einfach, was geschieht. Achte nicht nur auf den See, sondern auch auf die Kraterwände.«
    Bunte Nebel lösten sich von den dunklen Wänden, so dicht, dass sie das Licht der fernen Lampen schluckten. Wie Schlangen mit Körpern aus Dunst krochen sie herab, bis sie fast den See erreicht hatten, glitten dann über ihn hinweg. Als sie näher kamen, sah Lidia, dass der vermeintliche Nebel aus Myriaden winziger Geschöpfe bestand, und jedes einzelne von ihnen schimmerte in einer individuellen Farbe, die sich nirgends genau so wiederholte.
    Esmeralda winkte erneut, und verborgene visuelle Sensoren empfingen ihre Anweisung, leiteten sie weiter. Öffnungen entstanden in der transparenten Wand. Das Luftschiff blieb weiterhin von einem Kraftfeld umgeben, das den Austausch von biologischen Komponenten verhinderte, aber es ließ den Schall passieren, und Lidia hörte ein seltsames Geräusch – es klang nach einem zaghaften Klimpern.
    Das Wasser des Sees schien plötzlich zu brodeln und zu kochen, als zahllose Wesen aufstiegen und ebenfalls so bunt schimmerten wie die winzigen Geschöpfe von den Kraterwänden. Einige von ihnen kamen dem Luftschiff so nahe, dass Lidia Einzelheiten erkennen konnte.
    Die jeweils nur wenige Zentimeter großen Wesen sahen aus wie mit zwei

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