Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
zwölfte Asteroid lag hinter dem Schiff, als etwas geschah, das Elisa die ganze Zeit über für möglich gehalten hatte: Einer der zahlreichen kleineren Felsbrocken, durch die Explosionen vor einem Jahrzehnt auf eine instabile Flugbahn gebracht, kollidierte mit der Akonda , die nicht von Schirmen umgeben war. Seine kinetische Energie reichte aus, um nicht nur die Außenhülle zu durchschlagen, sondern das ganze Schiff und eine der beiden Krümmerwalzen. Die explosive Dekompression gefährdete Elisa nicht, aber die Kollision und das entweichende Gas gaben der Akonda ein neues, in den Berechnungen nicht berücksichtigtes Bewegungsmoment, und dadurch näherte sie sich einem der größeren Asteroiden.
Elisa stellte fest, dass wichtige tronische Verbindungsstränge an Bord unterbrochen waren – sie konnte weder den zweiten Krümmer noch das Triebwerk aktivieren. Und selbst wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre: Ihre Aktivierung hätte die Vitäen auf die Akonda aufmerksam gemacht.
Innerhalb von nur neun Nanosekunden kam Elisa zu dem Schluss, dass ihr Tod unausweichlich war.
»Schade«, erklang ihre Stimme im Kontrollraum, dem einzigen Segment des Schiffes, das noch Gas enthielt. »Ich wäre gern am Leben geblieben, um mehr zu lernen. Dominik, Tako … ich hoffe, ihr seid erfolgreich.«
Elisa fragte sich, ob es ein Leben nach dem Tod gab. Und wenn das tatsächlich der Fall war, entgegen aller Vernunft: Brauchte man eine Seele, um es zu erfahren? Musste man im Tal-Telas einen Schatten werfen, um über den physischen Tod hinaus zu existieren?
Der letzte Gedanke des Megatrons war: Ich werde es gleich herausfinden.
Mit einer Geschwindigkeit von vielen tausend Kilometern in der Sekunde bohrte sich die Akonda in den Asteroiden und verging in einem gewaltigen Lichtblitz.
25. Tako Karides: Fesselndes Licht
27. Februar 1124 ÄdeF
Drei halb verweste Leichen lagen neben dem Becken der Therme, deren warmes Wasser aus einer natürlichen Quelle stammte und in der Kälte dampfte. Nur wenige Leuchtelemente glühten in der Nähe; die anderen waren entweder defekt oder empfingen keine Energie. In der Stille ließ sich nur das leise Plätschern des Wasserzuflusses vernehmen.
Tako Karides drehte sich langsam um die eigene Achse, in der rechten Hand einen Annihilator. Für normale Augen wäre dies ein Ort voller Schatten gewesen, aber sein Blick reichte durch die Düsternis, und die Nanosensoren lieferten ihm zahlreiche Informationen. Die wichtigste von ihnen lautete: Es befanden sich keine Kronn in der Nähe.
Dominik wandte sich von den Leichen ab. »Eine Meisterin und zwei Schülerinnen, seit mehreren Monaten tot.« Langsam schritt er am Becken entlang, und seine sicheren Bewegungen deuteten darauf hin, dass er trotz der vielen Schatten fast ebenso gut sah wie Tako.
»Hast du ihre Spuren im Tal-Telas gesehen?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher …« Dominik deutete zum Ausgang. »Vielleicht finden wir im Lyzeum einen Hinweis.«
Als sie an den Leichen vorbeigingen, nahm Tako erneut den von ihnen ausgehenden Geruch wahr. Vor vielen, vielen Jahren hatte Verwesungsgestank Übelkeit in ihm geweckt, aber für den Soldaten Karides war er schnell zu einem Vertrauten geworden, dem er bei fast allen seinen Einsätzen begegnete. Er blickte in halb aufgelöste Gesichter und fragte sich, ob die Frau und die beiden Mädchen den Grakenträumen zum Opfer gefallen waren.
»Konnten sie sich nicht vor den Graken schützen?«
»Vielleicht waren sie zu schwach«, sagte Dominik, als sie die Therme verließen. Seine Stimme klang dumpf, weil er die Atemmaske des Kampfanzugs vor Mund und Nase geschoben hatte – die Temperatur lag hier zwanzig Grad unter dem Gefrierpunkt, und er atmete angewärmte Luft. »Oder irgendetwas hinderte sie daran, sich mit dem Tal-Telas zu verbinden.«
»Steht dir jene Kraft weiter zur Verfügung?«, fragte Tako.
»Ja.«
Auf dem Weg durchs Lyzeum fanden sie weitere Tote: Schülerinnen der Tal-Telassi, offenbar schon vor Jahren gestorben, denn ihr Fleisch hatte sich längst aufgelöst; nur die Knochen waren übrig. Türen standen offen, und Tako blickte in einfach eingerichtete Zimmer, die meisten von ihnen dunkel. In einigen brannten Lampen, die ihre Betriebsenergie aus chemischen Reaktionen oder von Langzeitbatterien erhielten. Einmal blieb er an einem Fenster stehen und sah über die Stadt unter dem Eis hinweg. Weiße Nadeltürme ragten auf, aber viel weniger als in der Hauptstadt Empirion, und offenbar
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