Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
… Möglicherweise wären sie imstande, einige unserer Fragen zu beantworten.«
»Wenn es hier nach zehn Jahren tatsächlich noch Überlebende gibt, so ist ihr Selbst längst Teil der Grakenträume und im Tal-Telas kaum mehr zu spüren. Ich müsste mich von einem Grakentraum aufnehmen lassen, um Gewissheit zu erlangen.«
»Auf Kabäa bin ich dir in einem Grakentraum begegnet.«
»Ja«, sagte Dominik. »Aber wenn ich mich hier einem solchen Traum öffne, besteht die Gefahr, dass sich der Graken in mir mit seinen Artgenossen in Verbindung setzt.« Er hob die Hand und deutete. »Dort ist das hiesige mnemotechnische Zentrum.«
Tako sah eine kleine abgeflachte Pyramide, ihre Eingänge offen, die Fenster dunkel. Mehrere Leviplattformen lagen neben dem zentralen Zugang auf dem Boden, und eine kurze Überprüfung der Kontrollen ergab, dass ihre Akkumulatoren keine Energie mehr enthielten.
Als er das Mnemozentrum betrat, nahm Tako neuerlichen Verwesungsgeruch wahr, aber er stammte nicht von Menschen, sondern von bionischen Komponenten, die für den Zugriff auf die gewaltigen Datenmengen der Archive benutzt worden waren. Tako sah sie in einem von mehreren Ausrüstungszimmern. Viele waren in den Regalen und Fächern atrophiert, sahen aus wie verschrumpeltes Obst. Andere hatten sich halb in alter Nährflüssigkeit aufgelöst oder waren zerlaufen – das Zyotengewebe löste sich langsamer auf als menschliches Fleisch.
Es klapperte im Nebenzimmer, und Licht verdrängte einen Teil der Dunkelheit. Dominik kam mit einer Chemolampe. »Ich weiß, dass du im Dunkeln praktisch ebenso gut siehst wie im Hellen. Ich könnte in Iremia die Umgebung verändern und Licht schaffen, aber die neunte Stufe erfordert viel Kraft, und ich fürchte, dass die Graken das Tal-Telas überwachen und derartige Aktivitäten bemerken könnten.«
»Wären sie dazu imstande?«, fragte Tako und fühlte eine kurze Reaktion bei Myra, nicht mehr als ein mentales Zucken.
»Ja«, sagte Dominik schlicht. Er zögerte kurz. »Wir könnten es hier auf Millennia mit einem weiteren Problem zu tun bekommen.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Es befinden sich einundsiebzig Graken auf diesem Planeten – so viele kamen noch nie zusammen. Und sicher gibt es hier auch Vitäen in großer Zahl.«
Tako glaubte zu verstehen. Er musterte Dominik von der Seite, während sie tiefer ins Innere der Pyramide vordrangen und einen Datenraum erreichten. Das Licht der Chemolampe strich über unterschiedlich hohe Bodensegmente. »Ich kenne die Theorie von der Kollektivintelligenz der Graken, beziehungsweise aller vier Lebensformen zusammen.«
»Es ist keine Theorie, sondern Realität«, sagte Dominik.
»Wieso bist du da so sicher?«
»Ich weiß es.«
Tako bemerkte kurze Verwirrung in den Zügen des jungen Mannes. Sie verschwand sofort wieder.
»Wir haben es hier also mit einem Gegner zu tun, der besonders intelligent ist«, sagte er und sah sich um. »Was für uns bedeutet, dass wir auf unangenehme Überraschungen gefasst sein müssen.«
»Unser Gegner«, sagte Dominik langsam, »ist eine Superintelligenz mit dem Elaborationspotenzial von einigen Dutzend Megatronen. Und durch die Aufnahme von Tal-Telassi in die Grakenträume könnte er Zugriff auf das Tal-Telas erhalten haben.«
Tako verharrte an einer Konsole. »Eine Mischung aus Superintelligenz und Supergroßmeister?«
»Vielleicht.« Dominik schien kurz in sich hineinzuhorchen. »Ich bin mir nicht sicher. Fest steht nur, dass die Graken den Ursprung des Tal-Telas noch nicht gefunden haben. Sonst wären sie längst aufgebrochen.« Er betätigte die Kontrollen der Konsole, aber es leuchteten keine Anzeigen. »Ohne Energie. Versuchen wir es an einem anderen Zugangspunkt.«
Er ging weiter, und das Licht der chemischen Lampe wanderte mit ihm durch den Raum.
Tako folgte dem jungen Mann. »Wenn die Energieversorgung der Archive und mnemotechnischen Zentren von Millennia unterbrochen wird … Gehen dann die Informationen in ihnen verloren?« Die Vorstellung, dass so viel Wissen einfach verschwand, erschien ihm absurd.
»Es gibt Sicherheitssysteme«, sagte Dominik, der die Kontrollen anderer Konsolen betätigte, ebenfalls ohne Erfolg. »Mit unabhängigen Energiezellen ausgestattet. Außerdem befinden sich die meisten Daten in nicht flüchtigen Speichern.«
»Aber das gilt nicht für die Künstlichen Intelligenzen, die die Archive verwalten.« Tako erinnerte sich an den KI-Avatar Elvin. »Ihr künstliches Bewusstsein braucht Energie,
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