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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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musste sich mit langsam wachsenden Pseudozellen begnügen, die ihm nie das Gefühl geben würden, wieder einen vollständigen, richtigen Körper zu haben.
    Er sprach von dem jüngeren Mann auf der anderen Seite der monotransparenten Wand.
    »Warum sollte ich Angst vor ihm haben?«
    »Viele Leute haben Angst vor ihm, weil er ein Mörder ist«, antwortete der halbe Mann. Er hieß Dorim Allbur und war Psychomechaniker. Ein Levitatorkissen trug den Rekonvaleszenztank, in dem ein großer Teil seines Körpers steckte.
    Mit der gesunden Hand kontrollierte er sowohl den Levitator als auch mehrere Greifarme. »Mir tut er leid. Es steckt so viel Schmerz in ihm. Wenn Sie sich mit ihm verbinden, müssen Sie sehr, sehr vorsichtig sein.«
    »Ich bin eine Meisterin der Tal-Telassi«, sagte Dominique, ohne dass Stolz oder Zorn in ihrer Stimme erklangen. Es hörte sich fast so an, als müsste sie sich daran erinnern, wer sie vor ihrer Entführung von Millennia gewesen war. Mit der rechten Hand tastete sie nach dem Nacken, nach der kahl geschorenen, sich noch immer wund anfühlenden Stelle. Bionischer Knochen und Synthohaut hatten die Öffnung geschlossen, durch die ihr das Implantat eingesetzt worden war.
    Dominique starrte durch die nur von dieser Seite transparente Wand, sah aber nicht den Brainstormer namens Rupert, sondern ihr eigenes Spiegelbild, das sich vage in der Stahlkeramik abzeichnete. Ihr Gesicht … Wie ruhig und ungerührt es wirkte!
    »Was ist los mit mir, Dorim?«, fragte sie. »Man hat mich entführt und will mich wie ein Werkzeug benutzen. Ich weiß, was geschehen ist, und ich kann rational darüber urteilen, aber meine Emotionen sind wie … gelähmt. Wenn ich zornig sein oder mich auch nur ärgern will, gehen meine Gedanken plötzlich in eine andere Richtung, und ich kann nichts dagegen tun !«
    Das stimmte nicht ganz. Sie konnte etwas dagegen tun. Wenn sie sich konzentrierte, wenn sie ihre ganze innere Kraft zusammennahm, gelang es ihr, den Widerstand zu überwinden. Nicht immer, aber manchmal.
    Sie senkte den Blick und stellte fest, dass sie die Fäuste geballt hatte. Es entlockte ihr ein Lächeln.
    »Was hat dies alles zu bedeuten, Dorim? Keil Thorman sagt mir nichts, und Medikerin Sintya überhört meine Fragen. Erklären Sie es mir.«
    Der halbe Mann im Levitank sah zu ihr auf, und für eine halbe Sekunde glaubte Dominique zu sehen, wie Trauer und Kummer über sein schorfiges Gesicht huschten. Dann kehrte eine Heiterkeit zurück, die gar nicht zur aktuellen Situation passte. »Ich trage das Implantat schon seit vielen Jahren und habe mich längst daran gewöhnt.« Er lächelte kurz. »Ich weiß gar nicht mehr, wann und unter welchen Umständen ich es bekommen habe. Manchmal vergesse ich Dinge. Vielleicht ist das gut so. Schlimme Dinge, die man vergessen hat, belasten einen nicht mehr.«
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Dorim. Es ist immer verkehrt, etwas zu vergessen. Dadurch verlieren wir Teile unseres Lebens. Ich schätze, das Ding in uns will, dass wir bestimmte Dinge vergessen; dadurch werden wir fügsamer. Was hat es mit dem Implantat auf sich?«
    »Oh, ich weiß nicht viel darüber.«
    »Sagen Sie mir, was Sie wissen«, erwiderte Dominique mit einer Geduld, die normalerweise nicht unbedingt typisch für sie war.
    »Ich sollte Ihnen besser erklären, was es mit Rupert auf sich hat. Damit Sie wissen, was Sie erwartet. Keil Thorman möchte, dass Sie so schnell wie möglich mit der Arbeit beginnen.« Allburs Blick tanzte kurz nach rechts und links, und Dominique verstand sofort: Man beobachtete und hörte sie, obwohl sich außer ihnen niemand im Raum befand.
    Dominique trat an dem halben Mann vorbei zum Fenster und blickte in den großen Krater des erloschenen Vulkans. Tief unten arbeiteten die Förder- und Zapfanlagen mit maschineller Unermüdlichkeit und entnahmen dem See unterm Eis das organische Rohmaterial für die hiesige Zyotenfarm. Vereinzelte Schneeflocken fielen und erinnerten Dominique an Millennia. Wehmut regte sich in ihr und verschwand sofort wieder, wich dem Drängen, mit der Arbeit zu beginnen. Es schien aus ihr selbst zu kommen, aber in Wirklichkeit stammte es vom Implantat.
    »Bitte«, sagte sie.
    »Na schön«, erklang hinter ihr die Stimme des Psychomechanikers. »Das Projekt Brainstorm ist älter als der Sieg über die Graken auf Millennia, aber vor dreiundzwanzig Jahren ergab sich zum ersten Mal die Möglichkeit, Tal-Telassi als Untersuchungsobjekte zu benutzen.«
    Dominique

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