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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Ausbildung auf Millennia hatte sie kaum Gelegenheit gefunden, sich in Elmeth und Fomion zu üben – die Besatzer hatten alle Tal-Telas-Aktivitäten verboten, die ihnen irgendwie gefährlich werden konnten. Aber im theoretischen Unterricht und beim Durchstöbern der Archive hatte sie genug Hinweise auf falsche Rematerialisationen gefunden. Es ließ sich mit einem Navigationsfehler der Kantaki-Piloten vor Jahrtausenden vergleichen, wenn sie einen falschen Faden für ihr Schiff gewählt hatten und dadurch in die sogenannte nichtlineare Zeit gerieten, in eine andere Realität.
    Dominiques Gedanken, frei von allen dirigierenden und hemmenden Einflüssen, drängten sich um ein Konzept: Der Sprung in Fomion war nicht komplett. Sie saß zwischen den Realitäten fest, wenn nicht mit dem Körper, so doch mit dem Geist.
    Das Tal-Telas blieb nahe, eine duale Kraft, die alles durchdrang, das gesamte Universum, wie die vor Jahrtausenden von den Kantaki-Piloten genutzten Fäden. Dominique formte dicht vor sich einen Keil in Crama, der die dicke Luft durchdrang, und dadurch kam sie leichter voran, schritt durch eine seltsam unbewegte Welt. Es dauerte nicht lange, bis sie feststellte, dass sie sich in den Förder- und Zapfanlagen tief unten im Vulkankrater befand. Ein dumpfes Brummen lag in der trägen Luft, viel zu gleichmäßig, um von arbeitenden Maschinen zu stammen. Dominiques befreites Selbst erkannte es als einen Ton ohne Zeit, eine endlos in die Länge gezogene Vibration, die nicht mehr als einen Moment beschrieb. Sie sah diese Vermutung bestätigt, als sie den ersten Technikern begegnete, Männern und Frauen in Sälen voller Instrumente, im gleichen zeitlosen Moment erstarrt wie die Arbeitsgeräusche der Maschinen und Aggregate. Dominique sah in Augen, die sie nicht sehen konnten, und Delm präsentierte ihr ein mentales Äquivalent des Brummens, ausgehend von gedehnten Gedankenfragmenten.
    Objektive und subjektive Zeit hatten sich erneut voneinander getrennt.
    Dominique ging weiter, auf der Suche nach einer Möglichkeit, den Transfer in Fomion zu beenden. Der Keil in Crama ermöglichte es ihr, schneller durch den Brei aus Luft und Licht voranzukommen. Nach anfänglicher Neugier schenkte sie den wie Statuen dastehenden Technikern und Zyoteningenieuren keine Beachtung mehr und konzentrierte sich ganz auf die Suche nach einem Weg zurück in die lineare Zeit.
    Als nach ihrer subjektiven Wahrnehmung fast zwei Stunden verstrichen waren, blieb Dominique an einem großen Becken stehen und blickte ins Wasser, das wie alles andere in der Zeitlosigkeit um sie herum erstarrt war. Auf der anderen Seite, etwa zwanzig Meter entfernt, standen zwei in Thermoanzüge gekleidete Frauen, mit Infonauten in den Händen und in ein Gespräch vertieft. Eine von ihnen deutete gerade ins Becken, auf die milchigen Wolken aus einzelligen Mechanismen, die aus den Tiefen des Kratersees stammten und als Grundmaterial für die Zucht von Zyoten dienten, ihrerseits Grundlage für die Entwicklung von Bionen. Geraubte Technik , dachte sie. Den Tal-Telassi gestohlen. Aber dieser Gedanke blieb ohne den üblichen Zorn, den sie auf Millennia so oft empfunden hatte. Stattdessen stellte sich wieder das Gefühl ein, das bei der mentalen Begegnung mit Rupert ihre emotionale Welt bestimmt hatte, das Gefühl, dass die Zeit drängte, immer knapper wurde.
    Zwei subjektive Stunden lang hatte Dominique gesucht und begriff nun, dass sie auf diese Weise nicht weiterkam. Es gab hier keinen Ort , der es ihr erlaubte, den Transfer zu vervollständigen und ein Raumschiff zu erreichen, das sie fortbringen konnte. Das Problem hieß nicht Wo, sondern Wer. Jemand hielt sie fest. Rupert.
    »Du hast versprochen mir zu helfen.«
    Dominique drehte sich um.
    »Aber du wolltest ohne mich fort«, sagte Rupert. Er stand nur eine Armeslänge entfernt, das mittellange, aschblonde Haar wie von einem heftigen Wind zerzaust. Die dunklen Augen schienen größer geworden zu sein. Er trug Hemd, Jacke und Hose, keinen Thermoanzug, aber die Kälte machte ihm ebenso wenig aus wie Dominique. »Du wolltest mich allein zurücklassen.«
    »Nein, das stimmt nicht«, log Dominique.
    Rupert kam noch etwas näher, so nahe, dass Dominique seine Körperwärme spürte. Und sie fühlte auch noch etwas anderes in Delm: brodelnde Emotionen, heiß wie das Magma, das sich einst, vor Jahrmillionen, unter diesem Krater angesammelt hatte.
    »Du wolltest mich im Stich lassen wie alle anderen«, sagte Rupert. Seine Stimme

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