Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
Begriff »too big to fail«: Ein Bankkonzern zum Beispiel ist zu groß, zu wichtig, zu vernetzt, als dass man ihn pleitegehen lassen könnte. Ist man also erst mal so richtig groß geworden, wird einem auch geholfen. Das ist ein bisschen wie bei privaten Schuldnern: Je höher der Kredit, desto freundlicher wird man vom Bankberater behandelt. Inzwischen ist »systemrelevant« aber ein ziemlich beliebiger Begriff geworden. Mittlerweile scheint jede Bank und jedes europäische Land systemrelevant zu sein.
Troika Der Begriff Troika kommt ursprünglich aus dem Russischen und bezeichnete ein Gespann mit drei Zugpferden. Im übertragenen Sinne geht es bei einer Troika also um eine Dreiergruppe wichtiger (Führungs-)Personen oder Institutionen. In der EU gab und gibt es ziemlich viele Troikas. In jüngerer Zeit ist damit meist die Krisen-Troika gemeint: Vertreter der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds treten gegenüber den Schuldenländern wie eine Prüfungskommission auf. Wie kommt ihr mit euren Reformen voran, wie geht ihr mit dem Geld um, das wir euch geliehen haben, haltet ihr auch alle Vorgaben der Rettungspakete ein?
Weißbuch In ein Weißbuch schreibt die Europäische Kommission Ideen, Argumente, Beobachtungen und Hintergrundfakten, um Vorschläge zu machen, wie die EU in einem bestimmten Bereich besser vorankommen könnte. Sind die Regierungen damit einverstanden, dann kann das Weißbuch Grundlage für konkrete Maßnahmen und verbindliche Regeln werden. Beispiel: das Weißbuch von 1985 über die »Vollendung des Binnenmarktes«. Ein Weißbuch ist nicht zu verwechseln mit einer Blaupause. Wenn Politiker etwas als Blaupause empfehlen (oder davor warnen, etwas zur Blaupause zu machen), dann geht es um Entscheidungen oder Abläufe, die erst mal nur in einem Einzelfall galten, aber Modellcharakter für ähnliche Situationen haben könnten. Beispiel: Als in der Zypernkrise erstmals die Bankkunden zur Kasse gebeten wurden, wurde debattiert, ob das eine Blaupause für die Rettung anderer Pleitestaaten sein könnte.
Weltpolitik – wenn alles mit allem zusammenhängt
Fluch und Segen der Globalisierung
Pfeffer aus Indien, Stoffe aus Asien – Welthandel gibt es schon lange. So gesehen waren bereits die alten Römer »globalisiert«. Aber durch Telefon, Luftfracht, Internet usw. ist die Welt im 21. Jahrhundert natürlich noch viel enger zusammengerückt. Und wie so oft im Leben: Die Medaille hat zwei Seiten. Ungeheure Möglichkeiten, aber auch weitreichende Gefahren. Gewinner und Verlierer.
Weltweiter Handel und eine den Globus umspannende Vernetzung haben sich in den letzten zwanzig Jahren extrem intensiviert – in allen Lebensbereichen. Vor 300 Jahren konnte man der beste Fußballer der Welt sein. Das wussten aber nur ein paar Jungs aus der Nachbarschaft. Heute kann man, wenn man gut spielt und noch besser aussieht, zu einem millionenschweren Weltstar wie David Beckham werden, der in Japan genauso bejubelt wird wie in England. Folglich gibt es heute auch mehr Leute, die bereit sind, für solch einen Spieler viel Geld zu zahlen. Früher war sein Markt lokal oder bestenfalls regional, heute ist er international beziehungsweise global.
Und was für Menschen gilt, trifft auf Waren erst recht zu: Wenn sie weltweit verkäuflich sind, steigen die Preise für Topprodukte (weil mehr Leute sie kaufen wollen), und zugleich fallen die Preise für Standardgut (weil es davon mehr als genug gibt). Mit »Globalisierung« bezeichnet man dieses weltweite »globale« Zusammenwachsen der Handelsmöglichkeiten und des Austausches – auch von gemeinsamen Erlebnissen und Interessen (selbst sogenannte Globalisierungsgegner sind natürlich globalisiert und verständigen sich weltweit). Fernsehserien und Musiker werden überall gesehen und gehört und prägen die Weltsicht bis in entfernte Winkel der Erde. Weltberühmte Persönlichkeiten und Ereignisse gab’s natürlich früher auch schon; die Beatles kannte man in den sechziger Jahren ja nicht nur in England. Doch Informationsaustausch und Kommunikationsdichte sind inzwischen viel umfassender und meinen tatsächlich die ganze Welt.
Wirtschaftlich führt der weltweite Austausch von Waren, Arbeitskräften und Kapital manchmal zu bizarren Reisewegen. Als in mehreren ostdeutschen Kitas gleichzeitig Kinder erkrankten, stellte sich heraus, dass sie verdorbene Erdbeeren aus China gegessen hatten. Dabei wachsen Erdbeeren doch auch bei
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