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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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noch dran. Im Sozialismus wäre das anders, da würde man der Familie eine Wohnung direkt zuweisen, und der Staat hätte diese Wohnung selbst gebaut. So lief das zum Beispiel in der früheren DDR . Leider sah man das den Plattenbauten dort an. Und leider hat der Staat nicht genug gebaut, sodass man lange auf seine beantragte Wohnung warten musste. Aber auch in der Bundesrepublik gibt es sozialen Wohnungsbau oder Mietpreisbindungen. In der Praxis mischen sich also die Systeme.
    Marktwirtschaft: frei, sozial – oder gar nicht
    Welche Wirtschaftsform in einem Staat (vor-)herrscht, richtet sich also danach, wie stark der Staat ins Wirtschaftsleben eingreift und in welcher Form:
Freie Marktwirtschaft: Der Staat sorgt durch eine Rechtsordnung für die innere und äußere Sicherheit, greift aber ansonsten kaum in das wirtschaftliche Geschehen ein. Der Preis für Güter oder der Lohn für Arbeitskraft entstehen ausschließlich durch Angebot und Nachfrage. Gibt es viel von irgendetwas, ist der Preis eher niedrig, gibt es nur wenig, ist der Preis eher hoch. Was aber, wenn nur ein Einzelner eine bestimmte Sache anbietet, also ein Monopol hat? Dann kann er allein auch die Preise diktieren und alle anderen mit Wucherpreisen ausbeuten. Ohne Wettbewerb funktioniert der »Markt« nicht – also muss der Staat Monopole möglichst verhindern oder begrenzen, damit die Wirtschaft »frei« bleibt. Dazu muss er aber nicht unbedingt sofort eingreifen, sobald einer etwas Tolles erfunden und deshalb ein Monopol hat. Eine Zeit lang ist es völlig in Ordnung, seine sogenannten Pioniergewinne abzuschöpfen, darin liegt ja gerade der Reiz, etwas Neues zu erfinden und dafür zu forschen. Deshalb gibt es Patente, damit einem nicht jeder sofort jede Idee klauen kann. Entscheidend ist, ob recht bald andere nachziehen können, die ähnliche Produkte herstellen, dem Pionier Konkurrenz machen und damit die Preise drücken. Ein gutes Beispiel ist das iPhone von Apple mit seinen Nachfolgern, den diversen Smartphones anderer Anbieter.
Soziale Marktwirtschaft: Der Staat garantiert den freien Wettbewerb. Aber nicht nur das. Er darf sich auch einmischen, um soziale Ziele zu erreichen. Zum Beispiel weil er findet, dass die Einkommen gerechter verteilt sein sollten. Er muss dies aber nach »marktwirtschaftlichen Regeln« tun und darf zum Beispiel Bürger und Unternehmen nicht einfach enteignen – ein schmaler Grat! In der Praxis kommt es aber auch in einer Sozialen Marktwirtschaft durchaus zu »Enteignungen«, im Dienste des Allgemeinwohls, etwa für den Naturschutz. Außerdem werden viele Regeln aufgestellt, wie mit Eigentum umzugehen ist. Wer ein denkmalgeschütztes Haus hat, darf nicht einfach an- oder umbauen, wie er will. Wer sein altes Auto nicht mit einem Katalysator aufrüstete, durfte es nicht mehr fahren usw. usf. Eine spektakuläre Form der Enteignung war aktuell in der Euro-Krise zu beobachten, als die Kunden zyprischer Banken zwangsweise zur Kasse »gebeten« wurden, um Zypern vor der Pleite zu retten. Das ist in einer rechtsstaatlichen Marktwirtschaft durchaus erlaubt, wenn es auf der Grundlage eines parlamentarischen Gesetzes geschieht. Diese Form der Teilenteignung gilt aber als riskant, weil im Zuge der Krise europaweit Bankkunden begriffen: Mein Geld ist nicht so sicher, wie ich dachte. Nicht nur, dass Banken pleitegehen können, es kann auch passieren, dass der Staat auf mein Konto zugreift. Ein Vertrauensbruch, der psychologische Folgen haben kann. »Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie«, sagte einst Ludwig Erhard. Das gilt ganz besonders bei allem, was mit Geld zu tun hat.
    Die wichtigsten Einschränkungen der freien Marktwirtschaft sind aber die für den Arbeitsschutz. Und die verschiedenen Sozialversicherungen, in die Unternehmen und Angestellte einzahlen müssen. Auch der Zwang, sich krankenzuversichern, ist Teil der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. In den USA hingegen gab es einen solchen allgemeinen Versicherungszwang bislang nicht, er wird jetzt erst unter Präsident Obama eingeführt, gegen große Widerstände. Viele Amerikaner empfinden das als »sozialistisch«.
Planwirtschaft, Lenkungswirtschaft: So lief es in der DDR : Irgendwer in einer Verwaltungsbehörde entschied, wer wann wo Erdbeeren anzubauen hatte. Und wenn die reif waren, gab es entweder zu viele oder zu wenige (oder, mit Glück, auch genau die richtige Menge). Oder es gab vielleicht gar keine Erdbeeren, weil die Behörde der Ansicht war, dass Erdbeeren

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