Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
sie nach Hause fuhren.
Burn wusste, dass Susan es ernst meinte, und er wusste, dass sie recht hatte. Trotzdem fühlte er sich elend und zerschlagen. Ohne seine Frau und seinen Sohn zu sein konnte er sich nicht vorstellen. Nicht da zu sein, um seiner Tochter ein Vater zu sein, war zu schmerzhaft, um es sich auch nur in Gedanken auszumalen.
Er wusste, dass er sich das alles selbst zuzuschreiben hatte.
Während er über The Neck und hinunter Richtung Sea Point fuhr, nahm er nichts von dem Panorama aus Berg und Meer wahr. Was er vor Augen hatte, war die Leichtigkeit, mit der sie ihn in den Staaten hereingelegt hatten, und wie bereitwillig er seinen Kopf in die Schlinge gelegt hatte.
Nachdem Tommy Ryan ging, war Burn Stammgast in Gardena geworden, hatte mit irgendwelchen Typen an Pokertischen zusammengesessen, die bereit waren, erheblich mehr einzusetzen, als sie sich leisten konnten. Weder Sympathie noch Mitgefühl hinderten Burn daran, ihnen ihr Geld abzuknöpfen. Geld, das ihm half, sein Geschäft auszubauen und Susan und Matt das Leben angenehmer zu machen.
Und Burn konnte es nicht leugnen: Er hatte den Kick genossen, den das Zocken ihm gab.
Ziemlich bald fing er mit Sportwetten an. Ein Kerl, den er beim Pokern kennengelernt hatte, machte ihn mit einem Buchmacher namens Pepe Vargas bekannt, der einen alten Eldorado fuhr und am kleinen Finger Ringe trug. Vargas mit seinen völlig unmodernen Klamotten und seinem ungezwungenen Humor amüsierte Burn. Er war ein Original, und allein seine Gesellschaft gab Burn das Gefühl, ein interessantes Leben zu führen. Vargas schien Burn zu mögen und erhöhte seine Kreditlinie. Er reagierte nie verärgert, wenn Burn bei der Rückzahlung in Verzug geriet.
Dann begann der Abstieg. Pferde gerieten auf den Zielgeraden ins Stolpern, Quarterbacks warfen miese Pässe und Eishockeypucks folgten Wegen, die jeder Logik Hohn sprachen. Und mit einem Mal stand Burn mit fast zwanzig Riesen in der Kreide, und Vargas fing an, bei ihm zuhause anzurufen, er wolle Geld sehen.
Diese Anrufe und Burns häufige Abwesenheit machten Susan misstrauisch. Nach einer besonders heftigen Auseinandersetzung, als sie ihn beschuldigte, fremdzugehen, beichtete er ihr seine Zockerei. Sie reagierte schockiert und wütend. Ob er es genauso machen wolle wie ihr Vater. Die Familie belügen und mit üblen Schulden sitzen lassen.
Burn gelobte ihr hoch und heilig, dass er aufhören würde. Er würde Vargas auszahlen, und damit wäre es erledigt.
Er hielt sein Wort. Bis sein größter Auftrag den Bach hinunterging.
Burn hatte ein Sicherheitssystem in einem neuen Einkaufszentrum installiert. Hochmoderne Technik, Überwachungskameras, durch Bewegungsmelder ausgelöste Alarmanlagen, Rauchdetektoren, alles verbunden mit einer Leitstelle, die aussah wie die Raumflugüberwachung in Houston. Er musste mehr Personal einstellen und teure Geräte vorfinanzieren, um den Vertrag erfüllen zu können. Die Projektentwickler des Einkaufszentrums hatten lediglich eine erste Anzahlung geleistet, ein Viertel des endgültigen Rechnungsbetrages – das längst wieder ausgegeben war –, als ihnen das Geld ausging. Das Einkaufszentrum, praktisch unmittelbar vor der Fertigstellung, wurde wieder demontiert, während harte juristische Kämpfe ausgefochten wurden.
Burns Name war nur einer auf einer langen Liste von Subunternehmern, die froh sein konnten, wenn sie für jeden eingesetzten Dollar zehn Cent Schadensersatz erhielten.
Unterdessen mussten Burns Angestellte bezahlt werden, und seine Lieferanten schrien nach Geld. Geld, das er nicht hatte. Er drohte das Haus zu verlieren, das er belastet hatte, um die Liquidität seiner Firma zu gewährleisten.
Und da begann er dann, sein Leben endgültig in die Scheiße zu reiten.
Und das Leben seiner Familie.
Burn rief Pepe Vargas an und bat ihn, eine Telefonwette anzunehmen, achtzig Riesen auf Leroy Coombs, einen toughen Mittelgewichtler aus Jersey City, einen ehemaligen Champion, der gerade sein Comeback gegen eine absolute Null hatte, das Ganze im Rahmen eines Vorkampfes zu einem großen Titelkampf in Vegas.
Der Buchmacher am anderen Ende der Leitung schwieg, wahrscheinlich dachte er über das Geld nach, das Burn ihm noch schuldete. Aber Vargas nahm die Wette an.
Burn ging ein irrwitziges Risiko ein, mit Geld zu wetten, das er gar nicht hatte. Aber es war eine todsichere Sache. Der Gegner war ein besserer Sparringspartner; es war vollkommen ausgeschlossen, dass Coombs den Kampf
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