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Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Kap der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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Tage, dann würde er seinen Monatslohn abholen. Ein Hungerlohn, aber es war alles, was er hatte. Dann würden er und Bessie gemeinsam ein neues Leben beginnen.
    Er hatte sich geschworen, ein sauberes und ehrliches Leben zu führen, als er durch die Tore von Pollsmoor ins Freie trat, wollte endlich ein Leben, das ihn nicht wieder in den Knast führte. Jetzt würde er ein weiteres Verbrechen begehen.
    Richtig, einen Hund zu stehlen, eine räudige alte Hündin mit verschlissenen Hüften, war rein gar nichts verglichen mit dem, was er in seinem Leben schon getan hatte. Aber sie gehörte Sniper Security. Damit allein stellte sie schon einen größeren Wert dar als die meisten braunen Männer, denen er über die Jahre eine gute Nacht gewünscht hatte. Auch wenn die Nadel des Tierarztes ihr Schicksal war und anschließend ein Sack auf irgendeiner Müllkippe.
    Er musste das tun. Für sie beide.
    Von seinem Lohn würden sie in dem ausgedehnten Labyrinth am Lavender Hill eine neue Bleibe finden, in einer Hüttensiedlung namens Cuba Heights. Kein Mensch würde sie dort finden.
    Benny Mongrel hatte einen Plan. Er und Bessie würden Arbeit finden, die Geschäfte und kleinen Fabriken bewachen, die am Rand der Cape Flats erbaut wurden, wo sie ungeschützt Überfällen und Diebstahl ausgesetzt waren. Die meisten Inhaber konnten sich Sniper Security nicht leisten, aber Benny Mongrel und Bessie würden sie sich leisten können.
    »Nicht mehr lange, Bessie«, flüsterte er. »Nicht mehr lange.«
    Er streichelte sie, während sie schlief.
    Barnard fuhr die Voortrekker hinauf, vorbei an den Autohäusern und Fastfood-Restaurants und den Nutten, die ihr Tik-Lächeln in sein Scheinwerferlicht strahlten. Er würde nicht schlafen können. Nicht nach dem, was er von Lotter in Erfahrung gebracht hatte, also hatte es auch keinen Sinn, nach Hause zu fahren in seine beengte Wohnung in Goodwood.
    Er würde Geld brauchen. Nicht solches Kleingeld, wie er es von Rikki Fortune und seinesgleichen bekam. Richtiges Geld. Großes Geld.
    Er dachte an die toten Americans, an Rikki und seinen Kumpel, wie sie hübsch verpackt draußen auf den Flats gelegen hatten. Etwas hatte zu ihm gesprochen in dem Moment, als er diese Leichen sah. Vielleicht war es Intuition. Vielleicht war es eine Ahnung. Man konnte es nennen, wie man wollte, jedenfalls wusste Rudi Barnard, dass dieser andere Amerikaner, der aus den Vereinigten Staaten von scheiß Amerika, irgendwie damit zu tun hatte.
    John Hill war der Schlüssel. Da war er sich absolut sicher.
    Am liebsten würde Barnard zu diesem schicken Haus fahren und sich mit der Waffe in der Hand Zutritt verschaffen. Diesem scheiß Amerikaner die Kanone in den Rachen rammen. Seiner schwangeren Frau was auf die Ohren geben. Seinen Jungen bedrohen. Tun, was er eben tun würde, wenn er in seinem Viertel unterwegs war. Tun, was er tun musste, um an die Wahrheit zu kommen.
    Aber oben auf dem Berg herrschten andere Regeln. Geld kaufte Anwälte. Und die Aufmerksamkeit der Medien. Barnard würde sich eine neue Taktik ausdenken müssen, wenn er herausfinden wollte, was wirklich geschehen war. Es ging hier um einen erheblich höheren Einsatz. Er würde es ruhig und vorsichtig angehen müssen. Sei klug. Der Moment würde kommen, an dem er tun würde, was er am besten tat.
    Jemanden umlegen.
    Barnard hatte keine Ahnung, wie viele Menschen er bereits umgebracht hatte. Er kannte welche, die geradezu besessen mitzählten, aber ihm war das immer egal gewesen. Er machte einfach weiter. Aber an sein erstes Mal konnte er sich erinnern. Daran erinnert man sich immer.
    Im Alter von dreizehn Jahren hatte er den Geliebten seiner Mutter getötet. Sekunden später hatte er seine Mutter umgebracht.
    Barnard war in einem gottverlassenen Dorf auf dem Land zur Welt gekommen, fünf Stunden nordöstlich von Kapstadt. Die Stadt wurde in zwei Hälften geteilt von einem Bach, der wie Pisse durch die Halbwüste tröpfelte. Die Hütten der Farbigen befanden sich auf der einen Seite. Auf der anderen Seite drängten sich die Häuser der Weißen um den Turm der Niederländisch-Reformierten Kirche, der wie ein mahnender Zeigefinger in den Himmel ragte. Barnard hatte eine Ewigkeit stickiger Sonntage in dieser Kirche verbracht, in Angst vor der Hölle, dem sich von der Kanzel ergießenden Schwefel, vergeblich darauf wartend, dass Gott zu ihm sprach.
    Mit dreizehn war Rudi Barnard bereits fett und unbeliebt. Und er stank. Eines Tages schickte so eine Schlampe von Lehrerin

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