Kapitaen Bykow
verzog er vor Schmerzen in den Halswirbeln das Gesicht. »B-bleiben Sie schön liegen, und ruhen S-sie sich aus!«
»Gu-ud«, sagte Mollard. »Danke, Genossen!«
Dauge schloss den Deckel und klopfte. Mollard antwortete mit einem Klopfen.
»In Ordnung«, sagte Dauge. »Jetzt könnten wir Überbelastungsanzüge gebrauchen ...«
Jurkowski ging zur Tür. An Bord des Raumschiffes gab es nur drei derartige Anzüge – für die Besatzung. Die Passagiere mussten in Überbelastungsphasen die Druckkammern aufsuchen.
Sie gingen durch die Kajüten und sammelten alle Decken und Kissen ein. Dann begaben sie sich ins Observatorium zu ihren Periskopen, mummten sich mit den Decken und Kissen von allen Seiten sorgfältig ein und legten sich hin. Geraume Zeit lagen sie schweigend und ruhten sich aus. Das Atmen fiel schwer. Man glaubte, ein zentnerschweres Gewicht laste auf dem Brustkorb.
»Ich w-weiß noch, auf der Hochschule haben sie uns probeweise manchmal s-starker Überbelastung ausgesetzt«, sagte Jurkowski.
»Stimmt«, sagte Dauge. »Das hatte ich schon vergessen ... Aber was sollte eigentlich vorhin diese alberne Anspielung auf Mollusken in Gewürzaufguss?«
»Eine schmackhafte Delikatesse, nicht wahr? Unser N-navigator hat heimlich, ohne Wissen des Kommandanten, mehrere Büchsen m-mitgenommen, und sie sind in seinem K-koffer explodiert.«
»Ach? Schon wieder?« Dauge konnte es nicht fassen. »So ein Lukullus! Und ein Schmuggler! Sein Glück, dass Bykow jetzt keine Zeit für so was hat!«
»B-bykow weiß es wahrscheinlich noch gar nicht.« Er wird es auch nie erfahren, dachte Jurkowski.
Sie schwiegen eine Weile, dann ergriff Dauge die Tagebücher und las die Aufzeichnungen, die sie nach den Beobachtungen eingetragen hatten.
Sie tauschten ihre Meinungen darüber aus, dann stritten sie sich über die Meteoritenattacken. Dauge meinte, es sei ein zufällig dort kreisender Schwarm gewesen. Jurkowski erklärte, es sei ein Ring.
»Ein Ring um den Jupiter?«, entgegnete Dauge verächtlich.
»Ja«, sagte Jurkowski. »Das habe ich lange vermutet und jetzt bestätigt gefunden.«
»Nein, ein Ring ist das doch nicht«, widersprach Dauge. »Es ist ein Halbring.«
»Dann eben ein Halbring«, pflichtete Jurkowski ihm bei.
»Cungreen hat jedenfalls was aufm Kasten«, sagte Dauge, »seine Berechnungen sind einfach umwerfend genau.«
»Nicht ganz«, erwiderte Jurkowski.
»Und inwiefern?«
»Weil die Temperatur bedeutend langsamer ansteigt«, erklärte Jurkowski.
»Das ist das innere Leuchten nichtklassischen Typs«, entgegnete Dauge.
»Ganz recht, nichtklassisch.«
»Das hat Cungreen nicht einkalkulieren können.«
»Das hätte er einkalkulieren müssen«, sagte Jurkowski. »Darüber streiten sich die Gelehrten schon hundert Jahre, er hätte es einkalkulieren müssen.«
»Du schämst dich doch einfach«, erwiderte Dauge. »In Dublin hast du dich wüst mit Cungreen herumgezankt, und jetzt ist es dir peinlich.«
»Du bist ein Trottel, ich habe die nichtklassischen Effekte berücksichtigt.«
»Das weiß ich.«
»Wenn du’s weißt, dann rede kein dummes Zeug!«
»Schrei mich nicht an«, sagte Dauge. »Das ist kein dummes Zeug. Du hast die nichtklassischen Effekte berücksichtigt, aber was das jetzt wert ist, siehst du ja selber.«
»Und was bist du wert?« Jurkowski erboste sich. »Meinen letzten Artikel hast du doch immer noch nicht gelesen.«
»Zugegeben, aber reg dich nicht auf«, sagte Dauge. »Mein Rücken ist geschwollen.«
»Meiner auch«, erwiderte Jurkowski. Er drehte sich auf den Bauch, wollte sich auf allen vieren hochstemmen. Aber das dauerte eine Weile. Dann hangelte er sich zu einem Periskop und sah hindurch. »D-du ... s-sieh doch nur!«
Da stemmte sich auch Dauge hoch. Gebannt blickten sie beide durch ihre Periskope. Die Tachmasib schwebte in einem Raum, der mit rosigem Licht erfüllt war, in einer Einöde. Nichts war zu sehen, was sich bewegte, kein einziger Gegenstand, auf dem der Blick hätte verweilen können. Weit und breit nur das rosige Licht. Man glaubte, einen phosphoreszierenden Bildschirm vor Augen zu haben.
Nach langem Schweigen sagte Jurkowski: »Langweilig.«
Er rückte die Kissen zurecht und legte sich wieder hin.
»Das hat noch kein Mensch gesehen«, erwiderte Dauge, »es ist das Leuchten von metallischem Wasserstoff.«
»D-diese Beobachtungen sind keinen Pf-pfifferling wert ... Vielleicht sollten wir den Spektographen an ein Periskop anschließen?«
»Quatsch ...« Dauge kroch
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