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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Pelzmantel zuknöpfend, hinter Rybkin her.
    »Wo willst du hin?«, rief Natascha.
    »Ich begleite ihn!«, erwiderte Sergej, schon im Gehen, und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    Natascha wollte ihm nachlaufen, doch Matti hielt sie an der Hand zurück. »Weshalb willst du ihn hindern?«, sagte er ruhig. »Serjosha hat richtig entschieden.«
    »Und wer hat es ihm erlaubt?«, fragte Natascha aufgebracht. »Weshalb hält er sich nicht an die Anweisungen!«
    »Man muss seinem Nächsten doch helfen«, erwiderte Matti besonnen.
    Sie spürten, wie der Fußboden zu vibrieren begann. Sergej fuhr den Crawler ins Freie. Natascha setzte sich, presste die Hände zusammen.
    »Keine Angst«, sagte Matti, »in zehn bis fünfzehn Minuten ist er wieder hier.«
    »Und wenn sich die Egel nun auf Serjosha stürzen ... auf der Rückfahrt?«
    »Es ist noch nie vorgekommen, dass sie eine Maschine angegriffen haben«, sagte Matti. »Und überhaupt – Serjosha wäre das sogar recht ...«
    Sie saßen da und warteten. Matti vergegenwärtigte sich plötzlich, dass Rybkin schon an die zehn Mal abends zu ihnen ins Observatorium gekommen und genauso spät wie jetzt wieder aufgebrochen war. Die Marsegel aber trieben sich jede Nacht an der Syrte herum. Dieser Felix ist schon ein verwegener Kerl, dachte Matti anerkennend. Und seltsam obendrein. Das heißt, so seltsam nun auch wieder nicht. Matti sah zu Natascha hinüber; lediglich die Methode, ihr den Hof zu machen, mutete ein bisschen eigenartig an: eine schüchterne Belagerung.
    Matti schaute durchs Fenster. In der schwarzen Leere waren nur die scharf gezackten starren Sterne zu erkennen. Penkow kam ins Zimmer, einen Stapel mit Papieren in der Hand, und sagte, ohne jemanden anzusehen: »Ist einer von euch bereit, mir bei den Tabellen zu helfen?«
    »Na schön, ich«, erbot sich Matti.
    Penkow ließ sich geräuschvoll am Tisch nieder. Natascha saß hoch aufgerichtet da und lauschte angespannt. Penkow, während er die Unterlagen ausbreitete, sagte aufgeräumt: »Also, das ist wirklich interessant! Erinnert ihr euch an das Gesetz von Degas?«
    »Natürlich erinnern wir uns«, erwiderte Matti: »Sekans hoch zweidrittel.«
    »Hat sich was auf dem Mars mit Sekans hoch zweidrittel!«, rief Penkow triumphierend aus. »Hier, Natascha, sieh doch mal ... Natascha!«
    »Lass sie in Ruhe«, sagte Matti.
    »Ist was?«, erkundigte sich Penkow flüsternd.
    Natascha sprang auf: »Er kommt!«
    »Wer kommt?«, fragte Penkow.
    Der Boden unter ihren Füßen erzitterte abermals, dann wurde es still, die Schleusentür klapperte. Sergej kam herein, riss sich die bereifte Maske vom Gesicht. »Meine Güte, ist das eine Kälte«, rief er fröhlich, »der reinste Horror!«
    »Wo warst du denn?«, fragte Penkow verblüfft.
    »Ich habe Rybkin zur Syrte gefahren«, antwortete Sergej.
    »Bist ein Prachtkerl, Serjosha«, sagte Natascha, »das hast du wirklich gut gemacht! Da kann ich jetzt beruhigt schlafen gehn.«
    »Gute Nacht, Natascha«, riefen die drei durcheinander. Natascha verließ den Raum.
    »Warum hast du mich denn nicht mitgenommen?«, fragte Penkow beleidigt.
    Das Lächeln auf Sergejs Gesicht verschwand. Er kam an den Tisch, setzte sich und schob die Papiere beiseite. »Hört zu, Jungs«, sagte er halblaut, »die Sache ist die – ich habe Rybkin nicht gefunden. Bin bis zur Syrte gefahren, habe gehupt und mehrmals die Scheinwerfer aufgeblendet, aber er war nirgends zu entdecken. Wie vom Erdboden verschluckt.«
    Alle schwiegen. Matti trat erneut ans Fenster. Er hatte den Eindruck, irgendwo im Gebiet der Alten Basis bewege sich ein schwacher Lichtschein, so als sei jemand mit einer Taschenlampe unterwegs.

4. Mars. Die Alte Basis
    Um sieben Uhr morgens versammelten sich die Gruppen- und Abschnittsleiter des Systems Warme Syrte im Zimmer des Hauptdirektors Alexander Filippowitsch Ljamin. Es waren an die fünfundzwanzig Leute, die an dem langen niedrigen Sitzungstisch Platz nahmen. Die Ventilatoren und Sauerstoffspender liefen auf Hochtouren. Natascha war die einzige Frau im Zimmer. Sie wurde selten zu den allgemeinen Beratungen eingeladen, sodass viele der Anwesenden sie nicht kannten. Man musterte sie mit wohlwollender Neugier. Natascha hörte einen Mann heiser einem anderen zuraunen: »Hätte ich das gewusst, hätt ich mich rasiert.«
    Ljamin sagte, ohne sich zu erheben: »Die erste Frage, Genossen, gehört nicht zur Tagesordnung. Haben alle gefrühstückt? Wenn nicht, könnte ich ein paar Konserven und

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