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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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angenehm ist ... äh ... der Erste zu sein.«
    »Und wozu willst du der Erste sein?«, fragte Bykow erstaunt.
    Jurkowski dachte nach. »Um ehrlich zu sein – ich weiß es nicht«, bekannte er. »Es wäre mir einfach angenehm.«
    »Mir persönlich ist das völlig schnuppe«, sagte Bykow.
    Jurkowski lächelte herablassend und wedelte mit dem Zeigefinger in der Luft: »Ach wirklich, Alexej?«
    »Na ja, vielleicht ist es tatsächlich nicht schlecht, als Erster zu gelten«, räumte Bykow ein, »doch allzu erpicht darauf zu sein, finde ich unbescheiden. Zumindest für einen Wissenschaftler.«
    Shilin zwinkerte Jura zu, und der begriff, dass er sich das hinter die Ohren schreiben sollte.
    »Tja, ich weiß nicht«, sagte Jurkowski und wandte sich demonstrativ wieder dem Bericht zu. »Jedenfalls ist Michail verpflichtet, sich an die historische Wahrheit zu halten. Im Jahre neunundneunzig hat die Expeditionsgruppe von Dauge und Jurkowski erstmals in der Geschichte der Wissenschaft das sogenannte amorphe Feld auf dem Nordpol des Uranus mittels Abwurfsonden entdeckt und erforscht. Die nächste Untersuchung des Flecks erfolgte ein Jahr später.«
    »Und durch wen?«, erkundigte sich höchst interessiert Shilin.
    »Das weiß ich nicht mehr«, erwiderte Jurkowski zerstreut.
    »Ich glaube, es war Lecroix. Hör mal, Michail, könnten wir jetzt nicht ... äh ... den Tisch freimachen? Ich muss arbeiten.«
    Nun begannen hier die geheiligten Stunden Jurkowskis. Er arbeitete stets in der Messe, er war es so gewohnt. Michail Antonowitsch und Shilin begaben sich in die Steuerzentrale. Jura wollte sich ihnen anschließen – es interessierte ihn, wie der ungedoubelte Phasenregler repariert wurde –, doch Jurkowski hielt ihn zurück: »Äh ... Kadett, würden Sie so freundlich sein und mir die Schreibmappe aus meiner Kabine holen? Sie liegt auf dem Bett.«
    Jura trabte los. Als er zurückkam, tippte Jurkowski etwas auf einer Schreibmaschine; die Finger seiner linken Hand glitten lässig über die Tasten. Bykow saß bereits auf seinem angestammten Platz, in einem großen, ganz ihm vorbehaltenen Sessel. Neben ihm türmte sich auf einem Tischchen ein riesiger Stapel von Zeitungen und Zeitschriften, und auf der Nase trug er eine große altmodische Brille.
    In der ersten Zeit war Jura beim Anblick Bykows immer sehr verblüfft gewesen. Alle an Bord arbeiteten: Shilin nahm Tag für Tag die Triebwerks- und Kontrollsysteme unter die Lupe; Michail Antonowitsch berechnete stets aufs neue den Kurs und gab dem Steuercomputer zusätzliche Anordnungen; außerdem steckte er in den Endarbeiten für ein großes Lehrbuch und fand sogar noch die Zeit, Memoiren zu schreiben. Jurkowski las bis tief in die Nacht hinein irgendwelche dickleibigen Berichte, bekam und verschickte unzählige Telegramme, chiffrierte und dechiffrierte ständig etwas auf der kleinen elektrischen Maschine. Der Kapitän des Schiffes aber, Alexej Petrowitsch Bykow, war nur mit dem Lesen von Zeitungen und Zeitschriften beschäftigt. Nun gut, einmal am Tage versah er den fälligen Wachdienst. Die ganze übrige Zeit jedoch verbrachte er in seiner Kajüte oder in der Messe. Das schockierte Jura geradezu. Am dritten Tag hatte er es nicht länger ausgehalten und Shilin gefragt, wozu das Raumschiff eigentlich einen Kapitän brauche. »Er trägt die Verantwortung«, erwiderte Shilin. »Wenn jemand verloren geht, zum Beispiel.« Jura zog ein langes Gesicht. Shilin musste lachen und sagte: »Der Kapitän ist für die gesamte Organisation des Fluges verantwortlich. Vor dem Start hat er keine einzige freie Minute. Ist dir schon aufgefallen, was er liest? Es sind Zeitungen und Zeitschriften der letzten zwei Monate.« – »Und während des Fluges?«, hatte Jura gefragt. Sie standen im Korridor und hatten nicht bemerkt, dass Jurkowski hinzugetreten war. »Während des Fluges ist der Kapitän nur vonnöten, wenn es zu einer Katastrophe kommt«, hatte Jurkowski gesagt und dabei seltsam gelächelt. »Dann freilich braucht man ihn dringender als jeden anderen.«
    Jura kam auf Zehenspitzen herein, legte die Schreibmappe neben Jurkowski auf den Tisch. Sie war so elegant wie alles am Generalinspektor; in einer Ecke der Mappe prangte auf goldenem Grund die Inschrift: »IV. Internationaler Planetologenkongress. 20. XII. 02. Conakry«.
    »Danke, Kadett«, sagte der Generalinspektor, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah Jura nachdenklich an. »Sie sollten Platz nehmen und sich ein wenig mit mir altem Mann

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