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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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findet es bequemer so, und nichts kann ihn vom Gegenteil überzeugen, solange nicht jemand mit dem Zylinder auf dem Rücken schneller als er mit einer Inertialnaht, einer Längsfuge oder wenigstens einer einfachen schiefwinkligen Gabel ohne Trosse fertig wird. Dann erst wird er es sich überlegen und vielleicht den Zylinder auf den Rücken nehmen, oder auch nicht. Auf die Vorschriften pfeift er. »Vorschriften sind für die da, die’s noch nicht können.« Bloß musikalisch ist er nicht, singt einfach schauderhaft. Und das ist sogar gut so, denn was soll man mit jemandem anfangen, an dem überhaupt nichts zu deuteln ist? Ein anständiger Mensch muss immer so ein Loch in den Fähigkeiten haben, besser noch ein paar, und dann ist er wirklich angenehm. Dann weiß man genau, dass er nicht irgend so ein makelloses Schmuckstück ist. Also Shenja braucht bloß zu singen, und sofort sieht man: Er ist kein Schmuckstück, sondern ein prima Kerl.
    »Wanja«, fragte Jura, »sind Sie musikalisch?«
    »Na weißt du, Bruderherz«, antwortete Shilin, ohne vom Buch aufzublicken. »Wofür hältst du mich denn?«
    »Hab ich mir auch gedacht«, sagte Jura befriedigt. »Und was haben Sie da für ein Buch?«
    Shilin hob den Kopf, musterte Jura eine Weile und artikulierte dann langsam: »Regeln für die sanitäre Disziplin der Leibhusaren ihrer Kaiserlichen Hoheit.«
    Jura prustete los. Es war klar, dass Iwan nicht sagen wollte, was das für ein Buch war. Nun ja, das war ja nicht weiter ...
    »Ich habe heute endlich die ›Metallphysik‹ ausgelesen«, sagte Jura. »Die ist vielleicht langweilig! Dass man solche Bücher schreiben darf? Alexej Petrowitsch hat mich ein bisschen abgefragt« – dieses Wort sprach Jura mit besonderem Abscheu aus – »und ständig genörgelt. Warum nörgelt er nur ständig an mir herum, wissen Sie das, Wanja?«
    Shilin klappte das Buch zu und legte es in die Schublade. »Das kommt dir nur so vor. Kapitän Bykow nörgelt nie. Er verlangt nur, was verlangt werden muss. Er ist sehr gerecht, unser Kapitän.«
    Ein paar Minuten lang überlegte Jura, ob es angebracht und ehrenhaft wäre zu sagen, was er gern gesagt hätte. Bykow so etwas ins Gesicht zu sagen, durfte man wohl nicht riskieren. Und hinter seinem Rücken wäre es schäbig. Aber sagen wollte er es so gern ...
    »Wanja, welche Sorte Menschen können Sie am wenigsten leiden?«
    Shilin antwortete sofort: »Menschen, die keine Fragen stellen. Es gibt solche – sie sind selbstsicher ...« Er blinzelte, blickte Jura an, griff nach einem Bleistift und zeichnete rasch sein Porträt. Der Praktikant Borodin, sehr gut getroffen, mit genau so einer Nase, saß da und las mit verkniffener Miene in einem Wälzer mit dem Titel »Metallphysik«.
    »Und was ich überhaupt nicht mag, sind langweilige Leute«, erklärte Jura, während er die Zeichnung betrachtete. »Kann ich die behalten? Danke ... Also ich, Wanja, mag überhaupt keine langweiligen Leute. Die haben so ein langweiliges, muffiges Leben. Auf der Arbeit füllen sie Papiere aus oder rechnen auf Maschinen, die andere erdacht haben, sie selber aber versuchen nicht mal, etwas zu erdenken, es fällt ihnen gar nicht ein. Sie machen alles, ›wie es sich gehört‹. Wenn man sie so überlegen hört: Diese Schuhe sind schön und solide, diese aber nicht, und schöne Möbel kriegen sie bei uns in Wjasma nicht zustande, da müssen wir welche aus Moskau bestellen, und von dem Buch heißt es, dass man es gelesen haben muss, und morgen wollen wir in die Pilze gehen, dieses Jahr sollen sie gut sein ... Ja mich kriegen doch keine zehn Pferde in die Pilze!«
    Shilin hörte ihm nachdenklich zu und malte auf dem Papier sorgfältig ein riesiges Integral von Null bis Unendlich.
    »Immer haben sie eine Menge freie Zeit«, fuhr Jura fort, »und nie wissen sie, was sie mit dieser Zeit machen sollen. Fahren in einer großen dummen Horde Auto, und es wird einem übel, wenn man sieht, wie idiotisch sie das tun. Erst in die Pilze, dann gehn sie in ein Café und essen so einfach aus Langeweile, dann fangen sie an, um die Wette zu rasen, immer nur auf den besten Straßen, also da, wo es ungefährlich ist und Reparaturautomaten zur Hand sind, und Motels und was man will. Dann versammeln sie sich auf irgendeiner Datsche und tun dort wieder nichts, unterhalten sich nicht mal. Vielleicht kramen sie in ihren dämlichen Pilzen und streiten sich, welcher ein Birkenpilz und welcher ein Espenpilz ist. Und wenn sie erst über was Ernsthaftes zu

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