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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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auf der Suche nach Arabella im Raum um und ignorierte alle übrigen Anwesenden. Dann entdeckte er sie. Sie saß mit gesenktem Kopf auf einem Stuhl und schrieb eine Textnachricht an ihrer Freundin Saskia:
    »Schaffe Libertys morgen nicht, wie wär’s mit übermorgen? Kuss, A«
    Die beiden Frauen hatten festgestellt, dass sie dringend neue Unterwäsche brauchten, und planten deshalb einen gemeinsamen Einkaufsbummel. Arabella fand, dass sie seit dem Weihnachtsbonus-Desaster so wahnsinnig brav gewesen war, dass sie es nun verdient hatte, ein wenig Geld zum Fenster rauszuwerfen. Sie würde mit Saskia zusammen die Läden abklappern, dann essen gehen, dabei wie zufällig ein paar Gläser Champagner trinken und dann vielleicht noch ein wenig über die Bond Street flanieren. Matya würde sich um die Jungs kümmern. Wozu lebte man schließlich in London, wenn man nicht ab und zu ein wenig Geld unter die Leute bringen konnte?
    Mary Leatherby war extra aus Essex angereist. Ihr Bauhandwerker hatte mit den Renovierungsarbeiten in der Nummer 42 angefangen, und sie wollte ein wenig nach dem Rechten sehen. Nach einem kurzen Blick in die Runde musste sie feststellen, dass sie hier niemanden mehr kannte. Zbigniew hatte ihr von dem Graffito am Haus erzählt und auch von dem Umschlag mit Hundekot, der ungeöffnet auf der Erde gelegen hatte, bis er anfing zu stinken,woraufhin er ihn weggeworfen hatte. Aber vorher hatte er Mary noch angerufen, um ihr zu erzählen, was passiert war. Mary hatte an der Versammlung teilnehmen wollen, um herauszufinden, ob irgendjemand wusste, was hier vor sich ging. Sie plante, noch am selben Tag wieder mit dem Zug nach zu Hause fahren. Selbst wenn das alte Haus bewohnbar sein sollte; sie hatte das Gefühl, das alles hinter sich gelassen zu haben. Das Haus würde verkauft werden, und in der Zwischenzeit wollte sie keine einzige Nacht mehr dort verbringen.
    Mickey Lipton-Miller war ebenfalls da. Und er war gar nicht glücklich. Die Karten, der Blog, die Graffiti und die fiesen Streiche, das alles war eine große Verarschung, und es war dringend nötig, dass jemand das endlich in den Griff bekam. Gott sei Dank hatte er seinen Aston nicht in der Straße geparkt, als man die Autos mit den Schlüsseln zerkratzt hatte … Falls noch genügend Zeit übrig blieb, wollte er danach in seinen Club fahren, einen Gin Tonic trinken und ein bisschen Snooker spielen. Aber zuerst die Arbeit. Er hatte auch schon eine Theorie darüber, wer das Arschloch war, das diesen ganzen Mist zu verantworten hatte.
    Die Frau, die die Nachbarschaftshilfe leitete, nahm die Hand vor den Mund und gab ein gehüsteltes Räuspern von sich – offensichtlich war das ihre Art, im Raum für Ruhe zu sorgen. Die Reihen, die ihr am nächsten lagen, wurden als Erste still, und dann breitete sich die Stille durch den ganzen Gemeindesaal aus, nur unterbrochen von einem einzelnen Handy, dessen Klingelton – die ersten Takte von »The Girl from Ipanema« – aber ziemlich schnell abbrach.
    »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind«, sagte sie. »Ich weiß, dass Sie sich alle wegen dieser … Angelegenheit große Sorgen machen. Also habe ich die für uns zuständigen Polizeibeamten eingeladen. Und da hat man uns direkt jemanden von ganz oben geschickt. Kriminalhauptkommissar Pollard, der Dienstgruppenleiter, ist gekommen, um uns einen Überblick über den Stand der Ermittlungen zu geben, und er hat noch KriminalinspektorMill mitgebracht. Sie werden später auch für Ihre Fragen zur Verfügung stehen. Also übergebe ich das Wort ohne weitere Umschweife an Kriminalhauptkommissar Pollard.«
    Pollard gehörte zu den Beamten, die man sich nur schwer ohne Uniform vorstellen konnte: Er erweckte den Anschein, als trüge er die Uniform nicht nur auf dem Leib, sondern als hätte sie auch von seiner Persönlichkeit Besitz ergriffen. Er sprach mit einem derben Londoner Akzent.
    »Ich bin Kriminalhauptkommissar Pollard«, sagte er. Der einschüchternde Tonfall schien ihm so sehr zur zweiten Natur geworden zu sein, dass selbst die Nennung seines eigenen Namens wie eine leichte, aber unverkennbare Drohung klang. »Ich bin wegen dieser Vorkommnisse in der Pepys Road hier. Man hat Ihnen Postkarten geschickt. Und DVDs. Es gibt eine Website. Beleidigungen. Vandalismus. Belästigungen. Graffiti. Kriminelle Sachbeschädigung. Das brauche ich Ihnen gar nicht alles aufzuzählen, deshalb sind Sie ja schließlich hergekommen. Worauf läuft das Ganze hinaus? Wer steckt dahinter? Mein

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