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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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verfolgt und beobachtet. Also werden wir sie finden und bestrafen. Aber dazu brauchen wir Ihre Hilfe.« Dann sprach der Inspektor noch eine Weile darüber, wie jeder in der Straße die Polizei unterstützen könne, indem er Augen und Ohren offen hielt, und wie sie diese Sache nur mit der Hilfe aller würden lösen können. Ahmed merkte, dass sein Bruder noch nicht ganz fertig war, also kniff er ihn so fest er konnte ins Bein, damit er den Mund hielt. Usman warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, und Ahmed starrte noch ärgerlicher zurück.
    »Wird es irgendwelche Schadenersatzzahlungen geben? Kommen wir für solche Zahlungen in Betracht?«, fragte jemand.
    »Ich fürchte, das ist nicht Sache der Polizei«, sagte der Inspektor. Er war wirklich aalglatt. Es gab noch ein paar andere Fragen, und dann übernahm die Frau von der Nachbarschaftshilfe wieder das Wort. Sie dankte den beiden Polizeibeamten und erklärte die Versammlung für beendet. Einige Leute unterhielten sich noch eine Weile, manche kamen zum Hauptkommissar und zu Mill und quatschten noch irgendwelches Zeug, und dann konnten die beiden Beamten endlich hinaus in die frische Luft, um sich im Park noch ein wenig unter vier Augen zu unterhalten.
    »Okay«, sagte der Hauptkommissar und zündete sich eine Zigarette an, während sie zusammen die Wiese überquerten. Der Regen und der Wind waren so stark, dass er sich dabei schützend über seine Hände beugen musste. Die Leute um sie herum huschten wegen des Wetters so schnell wie möglich mit gesenkten Köpfen vorbei. Ein paar Meter entfernt saßen sich zwei Krähen gegenüber. Ihr leuchtend schwarzes Gefieder schien das Licht gleichzeitig zu spiegeln und in sich aufzusaugen. Mill dachte, dass sein Chef in seiner glänzend schwarzen Uniform auch ein wenig wie eine Krähe aussah. »Da haben wir diesen PR-Scheiß also schon mal geschafft. Überprüfen Sie weiter die Poststempel und die DVDs. Und haken Sie mal nach, ob die Spurensicherung etwas über die Autos herausgefunden hat. Falls dann noch was passiert, erwischt man uns wenigstens nicht mit heruntergelassenen Hosen.«
    Kriminalinspektor Mill musste sich seinen Vorgesetzten unwillkürlich mit entblößtem Hinterteil vorstellen. Das hätte ihm beinahe ein Lächeln entlockt.
    »Vielleicht hatte dieser aggressive Asiate ja recht«, sagte Mill. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir jetzt, wo wir es mit krimineller Sachbeschädigung zu tun haben, die Sache mit der Belästigung überhaupt noch brauchen.«
    »Ja, mag sein, aber halten wir lieber unser ganzes Waffenarsenal zusammen. Man weiß nie, wann man es brauchen könnte.«
    Mit diesen Worten und ohne sich zu verabschieden, drehte sich der Kriminalhauptkommissar um und verschwand, eine Rauchfahne hinter sich herziehend, in die entgegensetzte Richtung, wer weiß wohin, zu einer Besprechung vielleicht? In einen Pub? In ein Wettbüro? Zu einer Geliebten? Er gehörte zu der Sorte Männer, die man so etwas unmöglich fragen konnte. Mill fand seinen Vorgesetzten manchmal recht amüsant, versuchte jedoch, das nicht allzu offen zu zeigen. Er wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass er es selbst nicht gerade begrüßen würde, wenn jemand anderes sich heimlich über ihn lustig machte.
    »Kann ich Sie einen Moment stören?«, fragte eine Stimme hinter ihm. Ein Mann mittleren Alters, in einem hellen Sommeranzug und mit scharfen Gesichtszügen, war hinter den Inspektor getreten, während er seinem Vorgesetzten hinterhergeschaut hatte. Mill versuchte, sein Gegenüber einzuschätzen: Unbescholtener Bürger, wohlhabend, hat etwas auf dem Herzen, das er mir anvertrauen oder über das er sich beschweren will. Das war eine der Begleiterscheinungen seines Jobs, die ihn hie und da noch an seiner Berufung zweifeln ließen: die Meinung, die er durch seine Arbeit von seinen Mitbürgern bekam. All dieses Gejammer, die Beschwerden und die ganzen Lügen, die man sich tagtäglich anhören musste.
    »Natürlich«, sagte Mill.
    »Michael Lipton-Miller«, stellte sich der Mann vor. Sein Ton war selbstbewusst und kameradschaftlich, als habe er öfter mal mit der Polizei zu tun. »Ich war gerade in der Versammlung, in der Sie gesprochen haben. Wollte mich mal kurz allein mit Ihnen unterhalten.« Er war so nahe an den Inspektor herangetreten, dass er seinen Schirm nun auch über ihn halten konnte.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Kriminalinspektor Mill.
    »Ich habe eine Theorie, wer für diese Sache verantwortlich sein könnte«, sagte Mickey.

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