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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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nannte, »anhaltende Kampagne« war, oder dass es dabei auch »Graffiti und obszöne Beleidigungen« sowie »kriminelle Sachbeschädigung« gegeben und man den Bewohnern »Gegenstände mit der Post geschickt« hatte. Die Zeitung schrieb, dass ein gewisser Kriminalinspektor Mill versprochen hatte, die Angelegenheit »prompt zu untersuchen und entschiedene Maßnahmen einzuleiten«. In Smittys Ohren klang das wie Polizeijargon für »Wir haben keinen blassen Schimmer«. Die Mappe mit den Karten und der DVD lag noch immer in seinem Atelier. Die Sache hatte ihn ohnehin interessiert, worum auch immer es sich dabei handeln mochte. Aber jetzt diese Graffiti und Obszönitäten – das war genau sein Ding.
    Und während er das dachte, kam ihm noch ein ganz anderer Gedanke. Er traf ihn vollkommen aus dem Nichts, und Smitty hätte nicht sagen können, woher er es wusste, aber er war sich ganz plötzlich sicher, dass er genau sagen konnte, wer hinter W IR W OLLEN W AS I HR H ABT steckte. Dass es diese Person war, ergab nicht unbedingt Sinn – etwas stimmte nicht mit der zeitlichen Abfolge –, aber trotzdem war er sich vollkommen sicher. Ja. Er wusste es. Und er wusste auch, dass es nicht das Geringste gab, was er dagegen tun konnte. Er hätte zur Polizei gehen können, keine Frage, aber die Bullen würden sofort wissen wollen, wer er war und woher er seine Informationen hatte. Er hätte also dabei auf jeden Fall seine geheime Identität preisgeben müssen, das Kostbarste, was er auf der Welt besaß. Wie clever. Und wie hinterhältig. Was für ein cleverer hinterhältiger heimtückischer kleiner Wichser! Das gehörte wahrscheinlich zum Plan, dass Smitty herausfinden würde, wer dafür verantwortlich war, und gleichzeitig begriff, wie wenig er dagegen tun konnte. Nun, genau das war passiert. Smitty wusste, wer es war, und konnte nichts dagegen tun. Er legte die Zeitung auf den Tisch, schob den Frühstücksteller weg und nahm seine Autoschlüssel. Ganz plötzlich hatte er das überwältigende Bedürfnis, woanders zu sein.

67
    »Bogdan!«, rief Arabella, nachdem sie Zbigniew die Tür zu Nr. 51 geöffnet hatte. Sie hatte sich ihr Handy ans Ohr geklemmt. »Kommen Sie nur rein! Sie brauchen doch nicht etwa eins von diesen Parkdingern, oder? Es dauert nur fünf Sekunden, ganz ehrlich, in fünf Sekunden bin ich bei Ihnen! Okay?«
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer und zog sich dann wieder in die Diele zurück. Warum denkt sie bloß, ich bräuchte eine Parkerlaubnis, fragte sich Zbigniew, während er sich im Raum umsah. Seit dem letzten Mal, als er für die Younts etwas gemacht hatte, schien sich hier nichts verändert zu haben. Arabella hatte ihn heute hergebeten, weil er »an der ein oder anderen Stelle ein bisschen mit Farbe herumklecksen« sollte. Sie meinte damit wahrscheinlich, er solle eines oder mehrere Schlafzimmer neu streichen, und vielleicht auch die Diele. Weil er wusste, dass sie ihn mochte, ging er davon aus, dass er im Moment der Einzige war, von dem sie ein Angebot einholte. Also musste er mit seinem Kostenvoranschlag nicht allzu niedrig bleiben. Und eigentlich brauchte er die Arbeit ja ohnehin nicht mehr, jetzt, da ihm Mrs L. den Auftrag in der Nummer 42 gegeben hatte und wo er sich außerdem noch wegen eines geheimen Koffers mit einer halben Million Pfund Bargeld den Kopf zerbrechen musste. Er würde sich die Sache hier mal anschauen und sie dann höflich ablehnen. Aber es kostete schließlich nichts, erst mal herauszufinden, wie der Job aussah und welchen Umfang er haben würde. Und falls er die Sache an jemand anderen weitergab, dann hätte er bei dieser Person in Zukunft etwas gut.
    Nach ein paar Sekunden merkte er, dass sich doch etwas in dem Raum verändert hatte. Zbigniew hatte ein sehr gutes visuelles Gedächtnis, und deshalb fiel ihm so etwas auf. Vielleicht gab es ja einneues Sofa oder einen neuen Tisch oder sonst etwas in der Art. Nein, es war ein neuer Spiegel, antik und vergoldet, am anderen Ende des Raumes. Er hing der Tür genau gegenüber, und während Zbigniew ihn noch betrachtete, sah er darin ein kleines Kind und ein noch viel kleineres Kind, die zusammen mit einer schlanken jungen Frau mit schwarzen Haaren das Wohnzimmer betraten. Das kleine Kind und die junge Frau blieben stehen, aber das sehr kleine Kind kam zu ihm gelaufen, legte eine Hand auf sein Bein und sagte:
    »Du bist dran!«
    Zbigniew fühlte sich etwas überrumpelt und wusste nicht, was er sagen sollte, also sagte er lieber nichts. Die

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