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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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Rohinka merkte, dass er sie mochte, und mochte ihn dafür ihrerseits.
    »In meinem Leben gibt es nichts Neues«, sagte Rohinka. »Warum sollte es etwas Neues geben? Wo sollte das schon herkommen?« Obwohl sie sich den Worten nach zu beklagen schien, klang ihr Tonfall glücklich. Denn Rohinka war glücklich, und daraus machte sie auch kein Geheimnis. »Und jetzt ist es Zeit für die Schule. Mohammed, wir gehen uns jetzt umziehen. Fatima, du gehst jetzt bitte aufs Klo und machst dein Geschäft. Shahid, bis später.«
    Fatima hob ihre Zeichnung in die Höhe und rief: »Fertig!« Es klang stolz und leidenschaftlich, wie alles, was sie von sich gab.
    »Was für eine wunderschöne Blume! Und die Zeichnung ist auch ganz wunderschön«, sagte Shahid, der in Gegenwart von Frauen ganz schüchtern wurde, mit Kindern aber mühelos flirten konnte. Fatima stemmte die Hände in die Hüften.
    »Fatima!«, rief ihre Mutter warnend. Rohinka trug Mohammed nach oben, der immer noch auf seine Hände schaute. Fatima marschierte aufs Klo, und Shahid ging zurück in den Laden, um seinen mürrischen, übergewichtigen Bruder abzulösen.

6
    In der Pepys Road Nummer 51 war Mrs Arabella Yount, die einmal in einem Buch gelesen hatte, dass Frauen viel besser im Multitasking seien als Männer, gerade damit beschäftigt, vier verschiedene Dinge gleichzeitig zu tun. Sie baute in ihrer winzigen Abstellkammer, die sie zu ihrer Speisekammer erklärt hatte, ein Regal auf, sie kümmerte sich um ihre zwei entzückenden Kinder Joshua und Conrad, sie kaufte Kleider im Internet, und sie feilte an dem Plan, wie sie ihrem Mann einen gehörigen Schrecken einjagen konnte.
    Zwei dieser vier Aufgaben hatte Arabella an andere delegiert. Das Regal wurde von ihrem Handwerker, dem Polen Bogdan, aufgestellt, den ihr eine Freundin empfohlen und den sie sich nun einfach selbst unter den Nagel gerissen hatte. Er arbeitete doppelt so hart wie ein britischer Handwerker, war doppelt so zuverlässig und halb so teuer. Das Gleiche konnte man auch über Pilar sagen, ihr spanisches Kindermädchen, das sich um ihre beiden Söhne Conrad und Joshua kümmerte. Sie hatte Pilar über eine Agentur bekommen. Pilar war ausgebildete Erzieherin (und hatte darin sogar einen Universitätsabschluss), besaß einen gültigen Führerschein, konnte kochen, hatte nichts dagegen, sich an der Hausarbeit zu beteiligen, verstand sich ganz ausgezeichnet mit Maria, der Putzfrau, was sehr praktisch war, denn sonst hätte es an den Tagen, an denen beide gleichzeitig im Haus waren, etwas unangenehm werden können, und vor allem – und das war natürlich das Wichtigste – hatte sie eine ganz phantastische Art, mit den beiden Jungs umzugehen. Conrad und Joshua schwärmten geradezu für sie. Sie liebten die Spiele, die sie erfand, die spanischen Kinderlieder, die sie ihnen beibrachte, und ihre Bereitschaft, sich ihren Gewohnheiten anzupassen und dreimal täglich zwei verschiedeneMahlzeiten zu kochen. Die beiden hatten sich nämlich vorgenommen, niemals das Gleiche zu essen. Im Augenblick aß zum Beispiel Conrad nur dann, wenn man alles in Sojasauce ertränkte, und Joshua weigerte sich, Gemüse zu essen. Pilar war ein Genie, sie wurde mit all dem spielend fertig.
    Es gab nur ein Problem, nämlich dass Pilar sie bald verlassen würde. Sie wollte nach Spanien zurückgehen, und das ausgerechnet kurz vor Weihnachten. Pilar hatte dies Arabella bereits vor sechs Wochen mitgeteilt und damit ihre dreimonatige Kündigungsfrist ganz korrekt eingehalten. In Spanien hatte sie einen Job in einem Kindergarten in Aussicht. Das neue Kindermädchen konnte erst im Januar anfangen, also mussten die Younts während der Weihnachtszeit ohne Kinderbetreuung auskommen. Als Arabella das klar wurde und sie eine Weile darüber nachdachte, hatte sie auf einmal eine vage, noch etwas unausgegorene Idee, die aber langsam Gestalt annahm.
    Seit einiger Zeit hatte sie Probleme mit ihrem Mann. Alles, was er tat, ging ihr auf die Nerven. Es hatte mit der Geburt von Conrad angefangen, war nach dessen zweitem Geburtstag etwas besser geworden, wurde dann wieder schlimmer, als sie mit Joshua schwanger war, und noch viel schlimmer nach dessen Geburt. Jetzt war Joshua drei, und Arabella war genauso genervt von ihrem Mann wie eh und je. Es kam ihr so vor, als würde sie mit ihm einen Müdigkeitswettkampf austragen. Arabella jedenfalls fühlte sich so müde, dass sie nicht mehr geradeaus gucken und nicht mehr richtig denken konnte. Sie war schon beim

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