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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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Aufwachen müde, wegen des unruhigen leichten Schlafs, der sie nun schon seit Jahren quälte, und wurde immer müder, je länger der Tag dauerte. Manchmal kam es ihr so vor, als hielte sie nur das Adrenalin auf den Beinen. Wenn aber ihr Mann von der Arbeit nach Hause kam, hatte er die Frechheit, so zu tun, als wäre er der Einzige, der sich anstrengte, als wäre er derjenige, der ein Recht hatte, nach seiner Heimkehr stöhnend die Füße hochzulegen und darüber zu reden, was für einen harten Tag er gehabt hatte!Blind! Ignorant! Er hatte ja überhaupt keine Ahnung! Die Wochenenden waren in gewisser Weise sogar noch schlimmer. Das Wochenend-Kindermädchen Sheila aus Australien war zwar sehr hilfsbereit (auch wenn sie Pilar nicht das Wasser reichen konnte – sie hatte zum Beispiel nicht einmal einen Führerschein), aber es gab immer noch wahnsinnig viel zu tun, und ihr Mann erledigte nur einen Bruchteil davon. Er kochte nicht, mal abgesehen von den wichtigtuerischen Grillabenden an den Sommerwochenenden, wo er irgendetwas auf seinem albernen kleinen Spielzeuggrill zubereitete. Er wusch keine Wäsche, bügelte nicht und fegte auch nie den Fußboden. Ganz, ganz selten spielte er mal mit seinen Kindern. Arabella machte eigentlich selbst auch nichts von all dem, jedenfalls nicht viel, aber das hieß nicht, dass sie durchs Leben ging, als würde es das alles gar nicht geben. Und es war genau diese Art, die er an sich hatte, die Dinge auszublenden, die sie zum Wahnsinn trieb.
    Arabellas Idee war eigentlich sehr simpel. Sie bestand darin, einfach ohne jede Warnung abzuhauen und Roger ein paar Tage mit dem ganzen Kram allein zu lassen. Er konnte dann am eigenen Leib erfahren, wie es war, sich ganz allein um die Kinder und das Haus zu kümmern. Während er das tat, würde Arabella in X sein. X war noch kein festgelegter Ort, jedenfalls noch nicht, aber Arabella hat eine ganz genaue Vorstellung von X. Es würde ein Luxushotel sein, weit weg von London, mit einem großen Wellnessbereich.
    Arabella hatte durchaus nicht vor, für immer wegzugehen. Sie konnte Conrad und Joshua unmöglich im Stich lassen. Es ging einfach nur darum, ihrem Mann einen ordentlichen Schock zu versetzen. Im Idealfall den schlimmsten Schock seines Lebens. Er hatte ja keine Ahnung, keine Ahnung , welche Belastung die Kinder und das Haus eigentlich waren. Nicht die geringste. Diese Aktion würde ihm ordentlich die Augen öffnen. Arabella würde drei Tage lang wegfahren, ohne Vorwarnung, und während dieser Zeit würde sie jeden Kontakt vermeiden. Ihr Mann würde nicht wissen,wo sie sich aufhielt – sie könnte in Reykjavik sein oder genauso gut auf dem Mars.
    Neben Arabella lag ein Stapel von ungefähr zwanzig Hotelbroschüren. Falls sie ihrem Mann aufgefallen waren – was voraussetzte, dass ihm überhaupt irgendwas auffiel –, dann hatte er wahrscheinlich angenommen, sie hätte vor, ihn wegen der Ferien zu nerven. Das würde ihm eine Lehre sein. Zusätzlich zu den Broschüren hatte sie sechs verschiedene Websites auf ihrem Computer geöffnet. Der vielversprechendste Kandidat war im Augenblick ein Hotel im New Forest, mit einem Standardangebot für zwei Personen für 4000 £. Aber noch besser sah ein anderes Angebot für 5300 £ aus, das tägliche Massagen und ein komplettes Verwöhnprogramm umfasste. Das war durchaus angemessen, fand Arabella. Die Vorstellung von Luxus, ja sogar das Wort »Luxus« hatte für sie einen sehr hohen Stellenwert. Luxus hieß per definitionem, dass etwas viel zu teuer war, aber so erlesen und wunderbar, dass einem der Preis nichts ausmachte. Ja, der Preis wurde sogar zu einem wesentlichen Bestandteil der Sache. Die Kostspieligkeit machte den Unterschied aus zwischen den Leuten, die sich so etwas nicht leisten konnten, und den wenigen Auserlesenen, die dazu sehr wohl in der Lage waren, die aber gleichzeitig auch begriffen, wie erstrebenswert es war, einen so hohen Preis zu bezahlen. Arabella wusste, dass es reiche Menschen gab, die sich alles leisten konnten, ohne je einen Gedanken an ihr Geld zu verschwenden, aber sie sah sich selbst nicht als Teil dieser Spezies. Sie gehörte zu einer kleinen Elite von Menschen, die sich nicht nur alle Wünsche erfüllen konnten, sondern auch die Bedeutung des Geldes kannten. Das Wissen um diese Bedeutung verlieh der Dramatik der hohen Preise noch eine besondere Würze. Sie liebte teure Sachen, weil sie wusste, was deren Kostspieligkeit repräsentierte. Sie verstand alle

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