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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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machen, zu hüpfen und zu springen. Freddy merkte, wie sein Vater anfing, wütend zu werden, weil man seinen Sohn wie ein Stück Fleisch behandelte. Aber Freddy machte das alles nichts aus. Fußball war real. Die meisten anderen Sachen waren das nicht. Die meisten anderen Sachen waren nur ein Spiel, das die Leute spielten. Es war am einfachsten, wenn man bloß lächelte und alles mitmachte. Er war hier, um Fußball zu spielen. Und er würde schon bald Gelegenheit dazu bekommen.
    An Freddys drittem Tag in London, dem Mittwoch vor Weihnachten,ging er das erste Mal zum Training. Während ihres ersten Besuchs in London war er schon einmal auf dem Trainingsgelände in Surrey gewesen. Jetzt aber würde es ernst werden. Er konnte während der gesamten Fahrt dorthin nicht mit dem Grinsen aufhören. Er lächelte so begeistert, dass sogar sein Vater, der neben ihm in dem Range Rover saß und seinen besten Anzug anhatte (den er schon im Flugzeug getragen hatte) und der ganz düster, ernst und besorgt dreinblickte, seine steinerne Miene aufgeben musste und selbst anfing zu grinsen, während er Freddy ansah, der strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Mickey saß am Steuer und neben ihm der Dolmetscher, der ihnen während der Fahrt aus der Stadt heraus die Sehenswürdigkeiten erklärte.
    Freddy war beeindruckt, wie grün hier alles war. Sogar unter dem dunklen grauen Himmel, der fast dieselbe Farbe hatte wie die Dächer der Häuser, sah alles grün aus. Und es gab unglaublich viele Bäume. Im nächsten Augenblick hatten sie London auch schon verlassen und durchquerten eine Heidelandschaft, die auf Freddy einen erstaunlich wilden und kahlen Eindruck machte.
    »Haben Sie den Film Krieg der Welten mit Tom Cruise gesehen? Die ursprüngliche Geschichte spielt genau hier. Sie ist von H. G. Wells, der eine etwas weniger intelligente englische Version von Jules Verne ist. Genau hier sind die Marsmenschen gelandet«, sagte der Dolmetscher.
    »Die Kampfszenen waren gut«, sagte Freddy.
    Später kamen sie wieder in ein Waldgebiet, fuhren auf kleinen gewundenen Straßen über kleine, aber steile Hügel und kamen schließlich am Trainingsgelände an. Und jetzt begann Freddys erster Tag als professioneller Fußballer.
    Es gab eine Sache an diesem Morgen, die nicht so erfreulich war: Freddy wurde klar, dass er sehr viel schneller Englisch lernen musste, als er gedacht hatte. Patrick verfügte über Grundkenntnisse in Englisch, und er hatte immer und immer wieder zu Freddy gesagt, er müsse unbedingt die Sprache lernen, aber Freddy hatte insgeheim gedacht, dass sein Vater die Angelegenheit zu wichtignahm. Er brauchte kein Englisch zu können, um den Zettel mit der Mannschaftsaufstellung zu lesen, und darüber hinaus wusste er, dass Spieler vieler unterschiedlicher Nationalitäten zum Kader gehörten. Sie mussten also vollkommen daran gewöhnt sein, dass jemand kein Englisch konnte. Aber jetzt stellte er fest, dass die Sache umgekehrt lief: gerade weil so viele Spieler aus allen Ecken und Enden der Welt kamen, brauchten sie eine gemeinsame Sprache, um miteinander kommunizieren zu können. Der Trainer war seinem Problem gegenüber zwar sehr aufgeschlossen, aber zu keinerlei Zugeständnis bereit. »Wie läuft’s mit dem Englischunterricht?«, war das Erste, was er fragte. Der Stürmerstar des Clubs, dessen Muttersprache ebenfalls Französisch war, war zwar wahnsinnig freundlich gewesen, aber dann hatte er gesagt: »Wenn diese erste Woche vorbei ist, werden wir bei der Arbeit kein Französisch mehr miteinander sprechen.« Also musste Freddy sich in Zukunft konzentrieren und hart arbeiten. Aber die Spieler trainierten nur morgens, bis zur Mittagspause, was Freddy zwar schon vorher gewusst hatte, aber immer noch nicht ganz fassen konnte. Danach blieb also viel Zeit für seinen Unterricht, und je schneller er lernte, desto eher konnte er in seiner Freizeit etwas tun, das ihm Spaß machte. Also – Englisch.
    Davon abgesehen war sein erster Tag beim Training der schönste, den er in den siebzehn Jahren und vier Tagen, die sein Leben mittlerweile währte, je verbracht hatte. Sie hatten mit Dehnübungen angefangen und dann ein Spiel gespielt. Dabei standen zwei Spieler in der Mitte eines Kreises, der aus fünf anderen Spielern bestand. Diese fünf anderen versuchten, einander zuzupassen, ohne dass die Spieler in der Mitte an den Ball kamen. Es machte Spaß und war darüber hinaus auch ein gutes technisches Training. Aber wirklich interessant wurde es für

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