Kapital: Roman (German Edition)
hatte, dass er sie verachtete und nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, und übrigens, wir haben 970000 £ weniger als wir unbedingt benötigen. Dass sie gar nicht erst wiederzukommen brauchte, dass er die Schlösser austauschen würde und jeder weitere Kontakt zwischen ihnen über die Anwälte laufen würde, dass ihre Kinder sie jetzt hassten, und noch einige andere Sachen in diese Richtung.
Roger wusste aber auch, dass sie genau damit rechnete und bis zu einem gewissen Grad auf eine solche Reaktion sogar angewiesen war. In derartigen Situationen, die einen Konkurrenzkampf oder eine feindliche Auseinandersetzung betrafen, handelte er nach einer ganz einfachen Maxime: Finde heraus, was dein Gegenüber auf gar keinen Fall will, und tu dann genau das. Es war zweifellos klasse, seinen Gefühlen Luft zu machen, aber viel klüger fand er es, der Person, die versuchte, einem das Leben schwer zu machen, selbst das Leben so schwer wie möglich zu machen. So gesehen, würde Arabella also dann am ehesten total ausrasten, wenn er einfach nur cool blieb und sich so verhielt, als könnte nichts ihn weniger beirren als die Tatsache, dass er über Weihnachten allein mit den Kindern war. Sie erwartete, dass er ein großes Drama abziehen und sich fürchterlich aufregen würde; sie rechnete mit einem heftigen Streit und dann mit einer überschwänglichen Versöhnung, die natürlich hauptsächlich von ihm auszugehen hatte. Also gut. Sie würde von ihm nichts als Funkstille zu hören bekommen. So wie er Arabella kannte, war sie wahrscheinlich in irgendein teures Wellnesshotel gefahren. Sollte sie doch dort in ihrem eigenen Saft schmoren. Er würde mit den Jungs problemlos klarkommen. Wie schwer konnte das schon sein?
Und jetzt saßen sie hier, am Weihnachtsmorgen. Und als wollte er diese Frage ein für alle Mal beantworten, gab Joshua, der darauf bestanden hatte, dass Roger ihm seine Nachtwindel auszog, deutlich zu verstehen, dass er dringend aufs Klo musste. Er tat dies, indemer auf die Wohnzimmertür zeigte und brüllte. Roger hob ihn mit der rechten Hand hoch, trug ihn zum Treppenabsatz und öffnete die Klotür mit der linken Hand. Normalerweise stand dort ein Töpfchen, aber diesmal nicht. Das kam daher, dass Pilar immer dann, wenn sie in Urlaub ging oder übers Wochenende wegfuhr, alle Töpfchen mit Dettol desinfizierte und sie zum Trocknen in das Bad der Jungs stellte. Aber das wusste Roger nicht. Also versuchte er, Joshua auf dem Klositz festzuhalten, um so zu verhindern, dass er hineinfiel, während er sein Geschäft verrichtete. Joshua schien Einwände gegen diese Vorgehensweise zu haben; er mochte es überhaupt nicht, wenn man ihn mit dem Hintern in der Luft übers Klo hängte.
»Es geht eben nicht anders«, sagte Roger. Joshua drehte seinen Oberkörper zur Seite und versuchte, Roger in den Arm zu beißen. »Wär es dir lieber, wenn ich dich fallen ließe?«, fragte Roger. Die Antwort darauf schien ein Ja zu sein, denn Joshua fing an, sich so wild er konnte hin und her zu winden, mit der ganzen ungehemmten Kraft eines Dreijährigen. Er entfaltete dabei die konzentrierte Wucht reiner Willenskraft. Obendrein war er ein stämmiges und muskulöses Kind, ein kleines Bündel an Kraft und Entschlossenheit. Plötzlich wechselte er die Richtung, schnellte nach oben und traf Roger mit einem heftigen Kopfstoß mitten aufs Kinn.
»Scheiße!«, schrie Roger, und Tränen schossen ihm in die Augen. Sein Griff lockerte sich, und er spürte, wie ihm Joshua aus den Händen glitt. Der kleine Junge fiel vom Klositz nach vorne auf die Erde und schien schon Rotz und Wasser zu heulen, bevor er überhaupt den Boden erreicht hatte. Im selben Augenblick fing er ohne jede Vorwarnung an zu kacken. Ein Sprühregen aus Kot, der zwar nicht ganz flüssig, aber auch nicht wirklich fest war, schoss aus Joshuas Hintern, und als handelte es sich dabei um Raketentreibstoff, krabbelte er gleichzeitig in einem wahnwitzigem Tempo aus dem Klo in Richtung Treppenabsatz. Roger jagte ihm mit dröhnendem Kopf hinterher, während er sich mit einer Handdas Kinn hielt. Aber er war nicht schnell genug. Joshua schaffte es auf den cremefarbenen Teppich, bevor sein Vater ihn einholen konnte. Er heulte noch immer, und aus seinem Hintern spritzte der Kot in alle Richtungen. Roger heulte ebenfalls, aufgrund des Kopfstoßes, den ihm sein Sohn verpasst hatte. Aber dann machte er einen Satz und schnappte sich Josh mit der rechten Hand, bevor sich das Kind die Treppe
Weitere Kostenlose Bücher