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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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Becken und den Mietern bleibt nur noch ein Sonnenbad auf der Betonumrandung. Als Forbes und sein Kumpel mich kommen sahen, erhoben sie sich. Ich holte meinen Schlüssel hervor, öffnete die Tür und bat sie herein.
    »Eigentlich bist du ganz schön dämlich«, sagte Forbes.
    »Weil ich euch reinlasse?«, fragte ich.
    »Auch.« Er trug denselben Walmart-Anzug, allerdings mit ein paar Knitterfalten mehr und einem Senfspritzer auf dem Ärmel. Sein Schmerbauch erlaubte es ihm nicht, das Jackett zuzuknöpfen. Aus einem Meter Entfernung konnte ich seinen abgestandenen Atem riechen: gestern Nacht Bourbon, heute Pastrami-Sandwich mit Zwiebeln. Seine Stimme überraschte mich; sie war ziemlich hoch, ein sandiger, kraftloser Knabenalt. Sein dicker Hals ließ den Stimmbändern nicht genügend Platz. Sie produzierten lediglich ein hohes, trockenes Quietschen.
    Sein Freund war eine ganze Nummer kleiner, dafür aber umso zäher. Er stemmte keine Gewichte, doch ich schätzte, er gehörte zu den Schlägern, die nicht viel Muskeln benötigen, um einen richtig aufzumischen. Er war klein, drahtig und sah man von der platten Nase ab, die mehr als einmal gebrochen worden sein musste, hatte er ein fein geschnittenes, hohlwangiges Gesicht. Eine schmale, eng anliegende Sonnenbrille gestattete keinen Blick in die Augen, auf die mit kleinen Narben durchzogenen Brauen hingegen schon. Seine Oberlippe wirkte dunkel durch den seidigen Schnurrbart. Auf dem Kopf saß ein flacher, runder Filzhut à la Frank Sinatra, dazu trug er ein Hawaiihemd, das bei Sonnenschein die Augen bis zur Schmerzgrenze belasten konnte, und Oxfords mit Stahlkappen. Seine weiten Hosen mit den großen Taschen stellten eine Verbeugung vor den glorreichen Zoot-Suit-Tagen dar. Während meiner Armeezeit hatte sich einer meiner Kameraden mit einem Schläger dieses Kalibers eingelassen und es mit einem gebrochenen Schlüsselbein, zertrümmerten Wangenknochen und dem Verlust von vier Zähnen bezahlt. Eine Woche lang hatte er Blut gepisst. Klein bedeutet nicht zwangsläufig schwächlich.
    »Das ist ein fetter maricón, Forbes. Ich werde mit seinem Kopf erst mal einen chingazo veranstalten, um den Tanz zu eröffnen«, sagte er und grinste. Seine kurzen Zähne sahen aus wie gehämmertes Zinn. Er gab dem Namen Forbes einen spanischen Klang, indem er ihn ›For-bäs‹ aussprach.
    »Piss dir nicht auf die Schuhe, Victor«, sagte Forbes.
    »Wir sollten dem Pflaumenlutscher die Chance geben, zu kooperieren. Wir wollen ihn nicht verletzen, wenn’s nicht nötig ist.«
    »Doch, das wollen wir, Mann«, sagte Victor. »El jefe hätte keine problemas, seinen chorizito zusammen mit dem Rest von seinem Körper in el desierto verschwinden zu lassen.« Er fuhr sich tastend über die Hosentasche. Dann fügte er sachlich wie ein Nachrichtensprecher hinzu: »La vida en la frontera – es war niemals billiger zu haben.« Allerdings hätte es sich bei dieser Meldung um eine Ente gehandelt: An der Grenze war ein Menschenleben schon immer wenig wert gewesen.
    Victor war bereit. Das kleine Vorgeplänkel hatte ihn in Stimmung versetzt. Er war der geborene Schläger und hatte das hinreichend ausgelebt, und zwar mit Passion. Die weißen Narben, die wie schmale Schneisen seine Brauen durchzogen, sprachen Bände: Er war ein ehemaliger Boxer. Ein Weltergewicht, das jetzt Spaß daran hatte, die großen Jungs umzuhauen. Bislang hatte er sich weder bewegt noch Drohgebärden gezeigt, dennoch hob Forbes eine Hand hoch, als müsse er ihn zurückhalten. Victor bereitete mir mehr Kopfzerbrechen als Forbes. Forbes war ein angeheuerter Dummkopf, der den Job der guten Bezahlung und der günstigen Arbeitsbedingungen wegen machte. Victor dagegen hätte diese Art Arbeit auch für eine Fahrkarte mit dem Güterzug erledigt.
    »Sie hat die Beine für dich breit gemacht, Mann«, sagte Forbes. »Hast du gar kein Ehrgefühl? Sie hat dich gefickt, damit du die Schecks einreichst. Begreifst du das nicht? ’ne erstklassige Pussy, Geld, und zwar beides für lau – damit hast du ein Problem?« Er grinste, als wäre ihm etwas Amüsantes in den Sinn gekommen. »Hey, du glaubst tatsächlich, deine Scheiße wäre für sie was Besonderes, stimmt’s? Was ist los mit dir, Mann? Tickst du nicht richtig?«
    »Ich dachte, sie hat mich gefickt, weil sie geil war«, sagte ich. »Ihr Alter konnte es ihr nicht besorgen. Er zog es vor, ausgepeitscht statt flachgelegt zu werden.«
    Mit drohendem Blick machte Forbes einen Schritt auf mich zu. Ein

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