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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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dicker Finger schnellte aus seiner zur Faust geballten Hand hervor und zielte auf mein Gesicht. »Pass auf!«, quakte er und schraubte seine Stimme noch höher.
    »Über Tote lästern – genau dieses dumme Gewäsch macht dich zum Versager. Versager quatschen dumm rum, weil sie meinen, den Durchblick zu haben. Aber einen Scheiß haben sie. Deshalb sind sie auch Versager. Wie bei Catch 22. Je mehr sie zu wissen glauben, desto dämlicher sind sie.« Er mühte sich ab mit dieser Übung in Sachen Logik, dabei erzeugte die schwerfällig arbeitende Maschine in seinem Kopf Falten auf seiner Stirn.
    »Da hat aber jemand meinen Lebenslauf gelesen«, sagte ich.
    Ich gab mich cool, war es aber nicht. Mein Herzschlag nahm Fahrt auf und meine Hände fingen an zu schwitzen. »Euer jefe ist also stocksauer, weil ich das Geld von Mrs. Renseller nicht angenommen habe, und du willst mir erzählen, warum?«
    »Finde es selbst raus«, erwiderte Forbes. »Du bist doch hier der Schlaumeier. Dürfte einem Genie wie dir nicht schwer fallen, dahinterzukommen.«
    Ich bewegte mich auf das Bett zu, stellte mich so hin, dass es zwischen mir und den beiden stand. Jillian war nicht ihr Boss, ihr jefe. Es handelte sich um eine andere Person, eine Person, die etwas zu verlieren hatte, wenn ich Jillians Schecks nicht einlöste – was keinen Sinn ergab.
    »Ich bin nicht scharf darauf, Anweisungen zu befolgen«, sagte ich. »Vier Jahre Armee und ich hab’s nicht mal bis zum Unteroffizier geschafft. Zweimal wurde ich wegen Insubordination eingelocht, also zweimal innerhalb eines Jahres nach Artikel 15 vors Militärgericht gestellt. Scheint, als hätte ich ein Problem mit meiner Einstellung – es ergeht ein Befehl, ich mach das Gegenteil.«
    »Danke für die Erläuterungen«, sagte Forbes, »aber ich glaube kaum, dass jemand eine Serie zur Hauptsendezeit produzieren will, die sich um dein Fehlverhalten dreht.« Er grinste. Er hatte einen Lauf und war sichtlich stolz, wie spontan ihm der Witz über die Lippen kam.
    Victor zog das von ihm fortwährend liebkoste Ding aus der Hosentasche, das Geheimnis seines selbstsicheren Grinsens – einen Schlagring. »Dieser pendejo nimmt das Maul ganz schön voll«, sagte er. »Würd ihm das gern austreiben, For-bäs.« Über dem kleinen Finger war der Schlagring mit einer kleinen, sichelförmigen Klinge versehen. Schlagen und Schlitzen. Erst die Knochen im Gesicht brechen, dann das Gesicht aufschlitzen und alles in einer einzigen Bewegung. Forbes war im Begriff gewesen, um das Bett herum zu gehen, blieb jetzt aber wie angewurzelt stehen. »Verdammt noch mal, Victor, ich heiße Forbes. Nicht For-bäs. Meine Güte!«
    »No importa«, sagte Victor. »Du bist so verdammt verspannt, Mann. Mach dich locker. Solltest mal Urlaub in mejico machen, camerones in Guymas essen, tampiqueña in Guadalajara, panochita in Puebla. For-bäs klingt viel cooler als Forbes. Forbes, das klingt, als würde ein Hund kotzen. Foh-orbs.« Er würgte das englische O hervor, wieder und wieder. »Foh-orbs, Foh-orbs, Foh-orbs.«
    Sein zündender Witz ließ Forbes im Stich. »Sehr komisch, Mellado«, sagte er. »Wie wär’s denn, wenn ich deinen Namen anglomäßig aussprechen würde? Meladu. Klingt viel besser als dieses beschissene May-yahdoe.«
    Während sie sich darum stritten, wie man den Namen des anderen aussprechen sollte, bückte ich mich, zog eine Thomas-Inch-Hantel unter dem Bett hervor und warf sie, einem dicken, fetten Dartpfeil gleich, Victor Mellado an den Kopf. Die Wucht von rund sechzig Kilo gusseiserner Masse trieb seinen Schädel gegen die Wand. Der Aufprall hörte sich an wie eine kleine Detonation und Victor sackte zu Boden wie ein Dummy.
    Sein Abgang beschäftigte Forbes lange genug, um mir Zeit zu geben, nach der zweiten Hantel zu greifen. Ich zielte auf Forbes’ Kopf, doch der Wurf misslang. Ein Hantelende traf Forbes an der Brust, das zweite traf seinen Magen und presste ihm die Luft aus den Lungen. Er rang nach Atem und fiel auf die Knie. Ich schnappte mir eine Hantelstange und wartete darauf, dass er wieder hochkam, doch er blieb unten. In seinen Augen tanzte die Panik. Er wollte etwas aus seiner Jackentasche holen, doch ich wusste das zu verhindern und versetzte ihm einen Tritt. Er fiel um, seine Lippen formten Worte, doch sein Mund blieb stumm. Ich holte mit der Hantelstange aus und hielt inne. Forbes war außer Gefecht gesetzt, das genügte, außerdem konnte ich eine Leiche in meinem Apartment nicht gebrauchen.
    Ich

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