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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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einwilligt – sie alle sind die potenziellen Opfer. Wir sehen Menschen Hand in Hand durch die Straßen gehen und einander zulächeln, die einander in Wirklichkeit nicht mehr ausstehen können und hassen. Wir sprechen von einer glücklichen Beziehung, wo längst nur mehr ein Scherbenhaufen existiert. Wo ist sie also, die sogenannte ›wahre Liebe‹? Die blaue Blume ist vertrocknet, es blühen nur mehr die Abgründe in den maroden Seelen der Menschen.«
    Obwohl er schon sehr müde war, bekam Leopold wieder ein lebhaftes Funkeln in den Augen. »Und ich rede nicht nur von den Verbindungen, die wir gemeinhin als Liebesbeziehungen bezeichnen«, sagte er. »Meine Ausführungen gelten auch für die Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern, Geschwisterliebe, Freundschaft. Die Menschen suchen jemanden, an den sie sich anlehnen können, aber der lässt sie fallen wie eine heiße Kartoffel. Wie soll das Ganze enden? Natürlich mit einer Katastrophe, einem Mord.«
    »Du glaubst eben nicht an die wahre Liebe. Das ist schade, aber ich kann es nicht ändern«, konstatierte Korber.
    »Vielleicht gibt es sie, ich schließe es nicht aus. Aber viele Menschen begehen eben eine emotionale Dummheit. Du bist jedenfalls auch immer nahe daran.« Leopold nahm einen Schluck vom schon kalten Kaffee und dachte dabei an seine eigenen emotionalen Dummheiten. Zu Bindungen und Gefühlen hatte er leider nie ganz das richtige Verhältnis gefunden. Derzeit unterhielt er eine sehr starke Beziehung zum Kaffeehaus, seinen Stammgästen und, wenn es sich so ergab, zur Kriminalistik. Alles, was er für Gefühlsduselei hielt, war ihm ein Gräuel.
    Das hieß nicht, dass er bei anderen nicht mitfühlte. Wenn jemand wie Erwin Seidl mit einem Schlag alles verlor, was er besaß, ging Leopold das durch Mark und Bein. Er erinnerte sich daran, dass er Thomas noch immer nichts von dieser neuen dramatischen Entwicklung erzählt hatte, und holte das schnell nach.
    »Na toll, jetzt haben wir schon einen zweiten Mord«, meinte Korber. »Dir gefällt das vielleicht, aber mir nicht.«
    »Mir gefällt es auch nicht. Darum bitte ich dich ja, vorsichtig zu sein, wenn du dich morgen mit diesen Leuten beim Heurigen triffst«, mahnte Leopold ihn. »Du darfst dich dort auf keinen Fall gehen lassen, egal aus welchem Grund, hörst du? Und danach keine Experimente, sondern du gehst schön brav nach Hause.«
    »Willst du mir etwa eine Kinderbettsperre anhängen?«, fragte Korber, und es klang nicht sehr begeistert.
    »Thomas, ich bin der Überzeugung, dass wir es jetzt mit einem gefährlichen Mörder zu tun haben. Das mit Seidl war eiskalt geplant, auch wenn der Tod durch den Gasherd vielleicht Zufall war. Du bist im Augenblick wieder einmal sehr labil, und ich mache mir Sorgen. Ich bin morgen nicht da. Wer soll denn auf dich aufpassen?«
    »Vielleicht doch Maria?«, meinte Korber mit einem Augenzwinkern.
    »Ja bist du denn wahnsinnig? Das hätte gerade noch gefehlt. Vergiss bitte nicht, dass sie vor dem Mord auch bei uns im Kaffeehaus war. Sie zählt mit zum Kreis der Verdächtigen.«
    Jetzt war Korber hellwach. »Was zu weit geht, geht zu weit«, sagte er. »Dass sie sich mir gegenüber nicht anständig verhalten hat, gut, das ist die eine Sache. Aber deswegen brauchst du sie ja nicht gleich zur Mörderin zu machen.«
    »Das ist eben der Unterschied zwischen uns beiden: Du bist ein Romantiker, ich bin Realist«, bemerkte Leopold trocken.
    »Jetzt weiß ich überhaupt erst, warum du in die Steiermark fährst«, tobte Korber. »Du suchst Beweismittel gegen sie.«
    »Sachte, sachte«, versuchte Leopold ihn zu beruhigen. »Ich suche vorderhand nichts Bestimmtes, außer einem günstigen Fahrrad. Aber Fellner hat eben auch einmal am Stubenbergsee gearbeitet. Daniel müsste ihn kennen. Vielleicht kann er sich an etwas erinnern, das uns weiterhilft.«
    Korber blickte immer noch äußerst misstrauisch drein.
    »Es ist ja etwas ganz anderes, was mich beschäftigt«, fuhr Leopold deshalb fort. »Ich weiß, dass die Kinokarte der Schlüssel zum Täter ist. Aber ich komme damit nicht weiter. Schau her.« Dabei nahm er einen sorgfältig zusammengefalteten Zettel aus seiner Jackentasche. »Die Dame hat mir einige der auffälligen Leute beschrieben, die am Mittwochabend im Kino waren. Sie hat sich Gott sei Dank die meisten Besucher gemerkt, gar so viele dürften nicht dort gewesen sein.«
    »Der Film läuft ja auch schon einige Zeit.«
    »Egal. Wirf bitte einmal einen Blick drauf.« Mit

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