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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Ich will diesen bösartigen Klatsch einfach nicht hören! Wir waren immer gegen solche Sachen! Verschließe deine Augen, deine Ohren und deinen Mund allem Bösen – vor allem aber deine Gedanken! Danach sollte jeder Christenmensch sich richten!«
    Die beiden Frauen schwiegen still. Äußerlich und mit Rücksicht auf ihre Erziehung unterwarfen sie sich der männlichen Kritik – aber innerlich waren sie enttäuscht, verärgert und verstockt. Miss Prescott warf ihrem Bruder einen dementsprechenden Blick zu, während Miss Marple nach ihrem Strickzeug kramte. Aber sie hatte Glück.
    »Mon père«, sagte eine schrille Kinderstimme. Eines der französischen Kinder, die am Ufer gespielt hatten, ein Mädchen, war unbemerkt herangekommen und hatte sich neben Kanonikus Prescott aufgepflanzt.
    »Mon père«, flötete sie.
    »Ah? Ja, mein Kind? Oui, qu’est-ce qu’il y a, ma petite?«
    Das Kind erklärte. Es hatte Streit gegeben darüber, wer als nächster die Flossen bekommen solle, und auch über andere Fragen der Strandetikette bestand Uneinigkeit. Nun war Kanonikus Prescott ein rechter Kindernarr, besonders was kleine Mädchen betraf. Er hatte es gern, wenn sie ihn als Schiedsrichter anriefen. So stand er auch jetzt bereitwillig auf und begleitete die Kleine ins seichte Wasser hinaus. Erleichtert seufzten Miss Marple und Miss Prescott auf und wandten sich gierig einander zu.
    »Jeremy hat natürlich vollkommen Recht, wenn er gegen bösartigen Tratsch ist«, sagte Miss Prescott, »aber man muss doch auch berücksichtigen, was die Leute sagen. Und es wurde damals wirklich viel geredet!«
    »Ja?« Miss Marples Stimme war dringlich.
    »Wissen Sie, diese junge Frau, ich glaube, Miss Greatorex hieß sie damals, war eine Art Cousine von Mrs Dyson und betreute sie, gab ihr die Medizin und dergleichen.« Sie schwieg bedeutungsvoll und fuhr dann leiser fort: »Wie man hört, hat sich zwischen Mr Dyson und Miss Greatorex damals etwas angesponnen. Eine ganze Reihe von Leuten hat das bemerkt – in einem Hotel macht so etwas ja rasch die Runde. Es zirkulierte auch ein Gerücht über irgendein Mittel, das Edward Hillingdon für sie in der Apotheke besorgt haben soll.«
    »Oh, Edward Hillingdon hatte also damit zu tun?«
    »O ja, er war sehr engagiert damals, alle Welt hat das bemerkt! Und Lucky – damals eben noch Miss Greatorex – hat Gregory gegen Edward ausgespielt. Man muss ja zugeben, sie war schon immer eine attraktive Person.«
    »So jung wie damals ist sie ja nicht mehr«, antwortete Miss Marple.
    »Richtig. Aber sie war immer sehr gut hergerichtet, wenn auch nicht so auffallend wie jetzt. Damals war sie ja noch die arme Verwandte und gab sich den Anschein, als wäre sie der Kranken sehr ergeben. Ja, so ist das gewesen.«
    »Wie war das mit dieser Apotheke – und wie ist man draufgekommen?«
    »In Jamestown war das nicht, ich glaube, damals waren sie in Martinique. Die Franzosen nehmen es mit den Giften nicht so genau wie wir. – Der Apotheker muss es jemandem erzählt haben, und so ist die Geschichte unter die Leute gekommen – wie das schon so ist, Sie wissen ja Bescheid.«
    Miss Marple wusste da besser Bescheid als so mancher andere.
    »Oberst Hillingdon soll also etwas verlangt haben, ohne zu wissen, worum es sich dabei handelte. Angeblich hatte er es von einem Zettel abgelesen – und das beredeten die Leute.«
    »Weshalb hat ausgerechnet Oberst Hillingdon – « Miss Marple zog verblüfft die Stirn kraus.
    »Ich nehme an, er diente dabei nur als Handlanger. Jedenfalls, Gregory Dyson heiratete nach ungehörig kurzer Zeit seine zweite Frau. Es soll nur einen Monat später gewesen sein!«
    Man blickte einander an.
    »Aber niemand schöpfte wirklich Verdacht?«, fragte Miss Marple.
    »Ach nein, es war ja alles nur Gerede. Vielleicht war an dem Ganzen überhaupt nichts dran.«
    »Major Palgrave meinte, es sei sehr wohl etwas dran gewesen.«
    »Hat er das gesagt?«
    »So genau hab’ ich nicht zugehört«, gestand Miss Marple. »Darum hätte ich ja gern gewusst, ob er Ihnen nicht dasselbe erzählt hat.«
    »Er hat einmal auf Lucky gezeigt«, sagte Miss Prescott.
    »Wirklich? Ausdrücklich auf sie gezeigt!«
    »Jawohl. Anfangs glaubte ich, er meine Mrs Hillingdon. Er lachte in sich hinein und sagte dann ›Sehen Sie sich das Frauenzimmer da drüben mal an. Meiner Meinung nach hat die ungestraft einen Mord begangen.‹ Ich war natürlich ganz weg! Ich sagte: ›Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Major Palgrave?‹ und er

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