Karl der Dicke & Genossen
arbeiten“, sagte die Frau. „Ihr eßt mit uns und bekommt, sagen wir, zehn Mark für jeden Tag. Na, wie wär’s?“
Guddel nickte Karl zu. Und Egon sagte, kühl und sachlich: „Zehn Mark sind auch nicht gerade ein Vermögen für das, was wir leisten können.“
„Zwölf“, sagte die Frau, „für jeden von euch!“
„Geht in Ordnung“, rief Karl. „Wie lange brauchen Sie unsere Hilfe?“
„Tja, sechs Tage vielleicht.“
„Aha“, sagte Karl und überschlug im Kopf schnell den zu erwartenden Verdienst. Als er auf die unwahrscheinliche Summe von zweihundertsechzehn Mark kam, wurde ihm schwindlig. Hatte er so falsch gerechnet? Vorsichtig fragte er: „Wissen Sie, wieviel Geld Sie nach sechs Tagen an uns loswerden?“
„Natürlich! Zweihundertsechzehn Mark.“
„Darauf Ihre Hand“, sagte Karl. „Gestatten Sie, ich heiße Karl. Das ist Egon und das Guddel. Wir haben zwar auch noch Nachnamen, aber die sind ohne Bedeutung.“
„Freut mich, euch kennenzulernen. Ich bin Frau Bobenhausen.“
Eine halbe Stunde später waren die Räder, das Zelt, sämtliches Gepäck und die drei Jungen auf dem Anhänger unter einer großen Plane. Frau Bobenhausen startete den Motor, stieg noch einmal ab vom Traktor, weil sie einen gänzlich aufgeweichten Knabenschuh unter einem Busch gesehen hatte, der nur einem ihrer frisch engagierten Arbeiter gehören konnte, und fuhr dann mit ihrer Fracht den Wirtschaftsweg entlang, um ihre Felder herum und schließlich auf den Bauernhof.
Die Jungen wurden durcheinandergeschüttelt, stützten sich gegenseitig und freuten sich auf das unvorhergesehene Abenteuer.
Das begann, als sie sich in einer blitzsauberen Scheune wiederfanden, in der es würzig nach Heu duftete.
„So, da wären wir“, sagte Frau Bobenhausen. „Hängt eure nassen Decken und alles, was sonst naß ist, hier an die Leine und kommt herein zum Frühstück. Mögt ihr die Eier gekocht oder lieber gebraten?“
In einem modern eingerichteten Badezimmer machten die drei sich landfein, bürsteten sogar noch an ihren Nietenhosen herum und erschienen dann in der behaglichen schummerigen Bauernstube. Frau Bobenhausen stand am Herd, an dem Tisch mit der bunten Decke aber saß schon ein Junge von etwa zehn Jahren.
„Das ist Rolf“, sagte die Bäuerin.
„Guten Morgen“, sagten die Ankömmlinge.
Sie setzten sich, bekamen jeder zwei Spiegeleier auf den Teller und wurden aufgefordert, nur tüchtig zuzulangen. In einem Korb lagen frische Brötchen, daneben ein dunkles Bauernbrot. Die Butterleuchtete gelb, Schinken, Mettwurst und Marmelade lockten.
Karls Augen weiteten sich.
Das fängt auf alle Fälle recht vielversprechend an, dachte er und aß mit großem Appetit. Auch Egon und Guddel ließen es sich schmecken.
Während der Mahlzeit blickten sie hin und wieder befriedigt an den blauweißgewürfelten Gardinen vorbei nach draußen, wo es immer noch regnete.
In diesem Sauwetter kann man keinen Weizen mähen, dachte Egon.
Im Zelt würden wir jetzt schwimmen, ging es Guddel durch den Kopf. Und Karl stellte bei sich fest, daß dieses Frühstück allein schon den Abbau des Zeltes wert war. Was nun auch immer geschehen mochte, für die nächsten drei Stunden brauchten sie nicht mit Hunger zu rechnen.
Frau Bobenhausen, die von den zufriedenen Gesichtern der Jungen abzulesen schien, was sie dachten, hatte es gar nicht so eilig mit der Arbeit. Sie bewirtete ihre Gäste sehr aufmerksam und setzte sich dann zu ihnen.
„Ich freue mich, daß es euch schmeckt“, sagte sie. „Eßt nur tüchtig. Mit hungrigem Magen kann man nicht arbeiten. Nach meinem Rolf dürft ihr euch nicht richten, der ißt nur wie ein Spatz. Darum hat er ja auch in der Schule Schwierigkeiten.“
Rolf knabberte lustlos an seinem Brötchen herum. Egon aber sagte:
„Entschuldigen Sie, Frau Bobenhausen, daß ich in diesem Punkte anderer Ansicht bin. Gute Leistungen in der Schule sind nicht abhängig von reichlichem Essen! Sonst müßte ja unser Freund Karl hier an meiner Seite Klassenprimus sein. Das ist aber nicht der Fall. Eher das Gegenteil, nicht wahr, Karlchen?“
Die Bäuerin rührte in ihrer Teetasse.
„Ich weiß auch nicht, was mit Rolf ist“, sagte sie. „Er ist gar nicht dumm, aber seine Rechtschreibung ist eine Katastrophe. Wenn er sich nicht sehr bessert, bleibt er gleich im ersten Jahr auf der Höheren Schule sitzen.“
Guddel, der neben Rolf saß und mit ihm schon längst schweigenden Kontakt aufgenommen hatte, wandte sich jetzt an Frau
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