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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sprach sich der fränkische Reichstag in Ingelheim dafür aus, den Herzog wegen angeblichen Eidbruchs zum Tode zu verurteilen. Karl wandelte das Urteil schließlich gnädig in lebenslangen Klosteraufenthalt für die ganze Familie des Gedemütigten um. Tassilo starb vermutlich im südhessischen Kloster Lorsch; über das Datum ist nichts Genaues bekannt.
Immerhin hat die Erinnerung überlebt. Tassilo gibt es heute nämlich am Kiosk: als edlen feuerköpfigen Ritter in einem Mittelalter-Comic, begleitet von Gaukler Alwin und dessen Phantasie-Tierchen Blimli – ein später Sieg der Bayern. Denn zum sympathischen Helden mit einer eigenen Comic-Reihe hat es Karl der Große trotz aller wohlwollenden Geschichtsklitterung noch nicht gebracht.

TEIL IV

DER IMPERATOR

Geheimnis eines Weihnachtstages
    Karls Beziehungen zum Papst und seine Krönung in Rom geben Historikern zahlreiche Rätsel auf. Nur das Ergebnis steht fest: Der Franke wurde Kaiser.
    Von Steffen Patzold
    Am Weihnachtstag des Jahres 800 setzte Papst Leo III. in der Peterskirche zu Rom dem Frankenkönig Karl eine Krone aufs Haupt und machte ihn zum Kaiser. An dem Ereignis ist wissenschaftlich nicht zu rütteln. Und doch gibt der Akt Historikern bis heute Rätsel auf: Die Vorgeschichte und Hintergründe, die Bedeutung, die Folgen der Krönung – fast alles ist umstritten. Hatte Karl selbst überhaupt Kaiser werden wollen? Und wenn ja, seit wann und warum? Trachtete er danach, das westliche Kaisertum als Institution wiederzuerrichten? Oder ging es ihm zunächst nur um eine persönliche Ehrung, nur allzu vergänglich im Angesicht der Weltgeschichte? Hatte Leo III. den Frankenkönig vielleicht gar mit der Krönung überrumpelt, den hohen Feiertag schnöde für eigene Zwecke missbraucht? Die Kaiserkrönung entzweit die Geschichtswissenschaft bis heute.
STEFFEN PATZOLD
    lehrt Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften in Tübingen. Er ist Experte für die Kloster- und Kirchengeschichte der Epoche. Kürzlich hat Patzold, Jahrgang 1972, ein Buch über ein im Fach heftig diskutiertes Thema veröffentlicht: »Das Lehenswesen« (Verlag C. H. Beck, München).
    Einer, der es hätte wissen können, war Einhard. Um 770 im Maingau geboren, im Kloster Fulda erzogen, kam Einhard spätestens 796 an Karls Hof. Hier machte der kleinwüchsige, hochbegabte Jüngling rasch Karriere. Im Jahr 800 gehörte er bereits zum engeren Zirkel der Macht. Vielleicht hat er sogar an der Kaiserkrönung in Rom teilgenommen. In jedem Falle aber pflegte er bis zu Karls Tod Ende Januar 814 einen engen, ja vertrauten Umgang mit dem Herrscher. Die wichtigen politischen Entscheidungen jener Zeit hat er mitgestaltet.

    Krönung Karls im Petersdom.
Spätmittelalterliche französische Buchmalerei
    Scala/Art Resource, NYImage
    Einhard hätte also wissen können, wie und warum Karl zum Kaiser geworden war. Doch was Einhard darüber Ende der 820 er Jahre in seiner Karlsbiografie erzählt, bleibt so lapidar wie rätselhaft: Karls letzte Reise, notierte Einhard in elegantem Latein, »wurde auch dadurch veranlasst, dass sich Papst Leo durch die vielen Misshandlungen, die er von Seiten der Römer erlitten hatte (indem sie ihm nämlich die Augen ausrissen und die Zunge abschnitten), genötigt sah, den König um Schutz anzuflehen«.
    Und weiter heißt es: »Er kam also nach Rom und brauchte daselbst den ganzen Winter, um die Kirche aus der gewaltigen Zerrüttung zu reißen, in die sie verfallen war. Damals erhielt er den Titel ›Kaiser und Augustus‹. Das war ihm zuerst so zuwider, dass er versicherte: Er hätte an jenem Tage, obgleich es ein hohes Fest war, die Kirche nicht betreten, wenn er zuvor um die Absicht des Papstes hätte wissen können. Den Hass der römischen Kaiser, die ihm die Annahme des Kaisertitels sehr verübelten, trug er mit großer Gelassenheit.«
    Mehr Worte war dem Karlsbiografen die Kaiserkrönung nicht wert. Sein Bericht ist kryptisch genug: Was könnte Einhard gemeint haben? Hatte Karl nur das Zeremoniell der Kaiserkrönung missfallen, das der Papst am Weihnachtstag des Jahres 800 gestaltet hatte? Hatte er also zwar Kaiser werden wollen, aber auf andere Weise? Vielleicht in einer Form, die den »Kaiser der Römer«, der in Byzanz herrschte, nicht derart herausgefordert hätte? Oder hatte Karl noch während der Feierstunde gar nicht mit der Krone gerechnet?
    Für denselben Tag war die Königskrönung seines gleichnamigen Sohns vorgesehen. Hatte Leo diesen lange geplanten

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