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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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machte sie damit endgültig als Kaiserkandidaten untauglich.
    Während Konstantin sich durch seine Herrschaft lavierte, strebte Irene zurück an die Macht. Schon 792 durfte sie wieder mitregieren – ihr Sohn hatte dem Drängen wichtiger Hofleute nachgegeben. Und dann machte er den entscheidenden Fehler: Er schickte seine Gattin Maria, gegen die er inzwischen eine tiefe Abneigung entwickelt hatte, samt ihren inzwischen zwei Töchtern ins Kloster und reichte die Scheidung ein, um an ihre Stelle die Palastdame Theodote zu setzen. Der Klerus war empört. Maria hatte den Kaiser weder betrogen noch seinen Tod geplant; für eine Scheidung gab es also keinen rechtmäßigen Anlass. Doch Konstantin scherte sich nicht darum. Erst krönte er Theodote im August 795 zur Augusta, zur Kaiserin – ein Titel, den Maria nie hatte tragen dürfen –, dann heiratete er sie.
    Mit feinem Machtgespür wob Irene nun ihr Netz um ihren Sohn. Nach und nach überzeugte sie vor allem das Militär, dass er als Regent ungeeignet sei und es nur eine wahre Herrscherin über Byzanz geben könne: sie selbst. Im Spätsommer 797 ließ sie die Falle zuschnappen. Konstantin versuchte zu fliehen, doch Häscher seiner Mutter holten ihn ein und brachten ihn zurück in den kaiserlichen Palast. Das Letzte, was er sah, noch bevor sie ihn blendeten, waren die blutroten Porphyrwände jenes berühmten Geburtszimmers byzantinischer Kaiserkinder, in dem er 26 Jahre zuvor das Licht der Welt erblickt hatte. In Byzanz herrschte nun kein Kaiser mehr, sondern allein eine Kaiserin. Das byzantinische Recht hatte damit offenbar kein Problem. Wohl aber das römische: Von Westen aus betrachtet, war der alte römische Kaiserthron vakant; eine Frau konnte diese auf Cäsar zurückgehende Position nicht ausfüllen.
    Nicht lange darauf, am Weihnachtstag des Jahres 800 , nutzte der Papst in Rom die Gunst der Stunde und erhöhte den fränkischen König Karl zum Kaiser. Welche Motive dabei ausschlaggebend waren, ist allerdings bis heute rätselhaft. Vieles schien in diesem historischen Moment möglich: Würde Karl die Macht in Byzanz mit Gewalt an sich reißen? Würde Irene sich gegen die Anmaßung aus dem Westen zur Wehr setzen? Nein – vielmehr stellten Kaiser und Papst eine Delegation zusammen und schickten sie nach Konstantinopel. In deren Gepäck: ein Heiratsantrag des 53 Jahre alten Kaisers an die 46 -jährige Kaiserin.
    Die erfahrene Politikerin zeigte durchaus Interesse an einer Vermählung mit dem Franken. Diese Allianz würde die Stellung beider nur noch stärken. Weder an Irenes nicht mehr ganz sicherem Thron noch an Karls noch nicht ganz gesichertem würde danach jemand zu rütteln wagen. Als Irene die Heirat mit Karl in Erwägung zog, trat ihr enormer Ehrgeiz überdeutlich zutage. Nicht ein Wort hatte sie ihrem Volk gegenüber bisher über einen möglichen Nachfolger auf dem Thron von Byzanz verloren. Wer nach ihr in Konstantinopel regieren würde, war ihr völlig egal, wenn nur ihre eigene Position bei Lebzeiten sicher war. Dass mit einer Heirat das Reich nach ihrem Tod sang- und klanglos an die Frankenherrscher fallen würde, nahm sie in Kauf. Das war zu viel. Die Ereignisse der vergangenen Jahre – Irenes Rückkehr an die Macht, schließlich die Blendung ihres eigenen Sohnes – hatte man in Byzanz noch geduldet. Nun aber plante der Finanzminister ihren Sturz und fand dazu Unterstützung aus allen Ecken des Reiches. Im Morgengrauen des 31 . Oktober 802 stürmte er mit einer kleinen Gruppe von Anhängern den Palast von Eleutherios und nahm Irene gefangen. Noch am selben Tag wurde er ohne Blutvergießen zum neuen Kaiser von Byzanz gekrönt.
    Irenes Bilanz blieb dennoch beachtlich: Sie hatte länger als Alleinherrscherin auf dem Thron gesessen als ihr Ehemann Leo IV. Sie hatte sich erfolgreich gegen die beiden mächtigsten Männer ihrer Zeit behaupten können: Harun al-Raschid im Osten und Karl im Westen. Und mit der Wiedereinführung der Ikonenverehrung hatte sie die Politik ihrer männlichen Vorgänger ins Gegenteil gekehrt. Mit den Heiratsplänen war es nach Irenes Sturz natürlich vorbei – wie auch die Vision eines riesigen vereinten Ost-West-Reiches zerstob. Der neue Kaiser verbannte Irene zunächst auf die Insel Prinkipo, später dann nach Lesbos. Ihre Bewacher sorgten dafür, dass niemand mehr die ehemalige Herrscherin besuchte. Ohne Macht aber konnte oder wollte Irene nicht leben. Acht Monate später war sie tot.

Der König als Gutsherr
    Mit dem Capitulare

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