Karlebachs Vermaechtnis
verdächtigst, unter einer Decke stecke?«
»Zum Beispiel mit Pietsch.« Ich schnippte mit den Fingern. »Mit dem hast du ja ein Verhältnis.«
Simona riss ihre Augen auf. »Das weißt du?«, fragte sie mit brüchiger Stimme.
Ich nickte. Simona hatte wieder ein Stück ihrer selbstbewussten Souveränität eingebüßt. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde sie ein Geständnis ablegen. »Ich habe im vergangenen Jahr eine Menge Fehler gemacht. Und dass ich mich mit Pietsch eingelassen habe, war auch einer.«
»Immerhin hast du durch ihn die Stelle im Museum bekommen.«
»Ja. Aber um welchen Preis?« Sie sah mich hilflos an. »Jetzt bin ich von ihm abhängig.«
»Wie bist du denn …«, ich suchte nach den richtigen Worten, »ich meine, äh, wie seid ihr denn in Kontakt gekommen?«
»Über Amacker. Es war auf einem Kongress in Bonn. Wir waren alle im selben Hotel untergebracht. Ich hatte damals einen Aushilfsposten im Ministerium. Befristet. Aussicht auf eine feste Stelle hatte ich nicht. Da sprach mich Pietsch an und sagte, er könne mir sicher helfen. Ich solle mal in einer ruhigen Minute bei ihm vorbeischauen. Einzelheiten erspare ich dir lieber.«
»Und so wird eine attraktive junge Frau, die von Industriegeschichte keine Ahnung hat, Abteilungsleiterin im Heimatmuseum.« Simona schwieg.
»Und deinem Freund Amacker? Dem war das egal, das mit Pietsch?«
»Amacker!« Simona zerknüllte die Schachtel, nachdem sie die letzte Zigarette genommen hatte. Trotz Dunkelheit konnte ich erkennen, dass ihre Fingergelenke weiß wurden. »Der hat nichts mitbekommen. Dem ist doch außer seiner Karriere alles egal. Hauptsache, er kommt voran und hat eine Frau an seiner Seite, die er vorzeigen kann.« Ich hob die Schachtel, die Simona auf den Rasen gefeuert hatte, wieder auf. »Deine Moral lobe ich mir. Wenn du mit Pietsch unter eine Decke kriechst, um einen Job zu bekommen … Aber ich fahre nach Jerusalem, um meinen Ehrgeiz zu befriedigen!«
»Bitte, ich …« Sie brach wieder ab.
»Mit wem hast du am Silvesterabend telefoniert?«
Simona blieb stumm.
»Lass mich einen Tipp abgeben. Amacker?«
»Bingo«, sagte sie sarkastisch.
»Er hat also gewusst, dass wir die Party deines Bruders besuchen?«
Sie brauste auf. »Was hätte Amacker für einen Grund, dein Auto zu zerstören? Ihr habt euch seit Jahren nicht gesehen. Ein kleines Licht wie du ist ihm herzlich egal.«
»Danke für das Kompliment.« Ich schleuderte die Zigarettenschachtel gegen die Haus wand.
Simona legte ihren Kopf an meine Schulter. »Bitte, ich will dich nicht verlieren.« Ich schob sie weg.
Simona griff nach meiner Hand. »Pietsch hat auf diesem Pressegespräch, wo er mich vorgestellt hat, gehört, dass du mich nach den Juden gefragt hast. Später hat er mich gebeten, ich sollte mich bei dir umhören, wonach du suchst.«
»Das heißt, Pietsch hat dich auf mich angesetzt?« Meine Brust schnürte sich zusammen. »Stasi-Methoden …«
»Nein!« Simona versteckte ihr schönes Gesicht hinter ihren ebenso schönen Händen.
»Wie in einem schlechten Film!«, schimpfte ich. »Und ich Trottel erzähle dir alles. Ich Idiot falle auf ein paar schöne Augen rein. Lasse mich bekochen, streicheln … Und du erstattest Bericht, sobald ich weg bin.«
»Nein, du musst mir glauben, so war es nicht.«
»Na, jetzt bin ich aber gespannt«, höhnte ich, »was du mir für eine Geschichte auftischst.« Ich verschränkte die Arme und blickte verächtlich auf Simona herab. »Ich habe mich in dich verliebt«, durchbrach sie das Schweigen. »Schon auf der Beerdigung von Opa Bernhard fand ich dich sympathisch …« Es roch nach Vanilletabak. »Du bist so anders«, fuhr Simona fort.
»Das sagen alle Frauen, wenn ihnen nichts Gescheites einfällt«, fiel ich ihr ins Wort.
»Nein, das meine ich ernst.«
Sie schaute mich mit ihren Kulleraugen durchdringend an. Ich begann schwach zu werden.
»Trau dieser Frau nicht über den Weg!«, warnte mich eine innere Stimme.
»Nimm sie endlich in den Arm«, empfahl mir eine zweite.
»Sei wachsam!«
»Sie liebt dich wirklich.«
»Sie liebt immer noch Amacker!«
»Nie wieder wirst du eine so schöne Frau kennen lernen.«
»Vergiss es nicht: Sie steckt mit Pietsch, Frick und Amacker unter einer Decke.«
»Eines muss ich noch wissen«, entschied ich mich.
»Ja?« Simona fixierte mich erwartungsvoll.
»Wer wusste von unserem Spaziergang ins Italienische Eck?«
Simona zögerte. »Pietsch.«
»Danke, das reicht. Und
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