Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
das ihn interessiert hätte. Sie war vollgestopft mit allerlei Krimskrams. Der Bilderrahmen war nicht dabei. Karlo hob die Matratze an. Kein Bild. Er öffnete den Kleiderschrank und suchte die Regale systematisch ab. Ohne Erfolg. Auf dem Boden des Schrankes lagerte ein Paket Toilettenpapier, rechts daneben drei Schuhkartons.
Karlo ging in die Knie und öffnete die erste Schachtel. Ein paar brandneue, dunkelbraune Halbschuhe befanden sich darin.
Zuerst wollte er schon resignieren. Doch was hatte er erwartet? Es war immerhin ein Schuhkarton!
Als er den zweiten Karton öffnete, dachte er wehmütig an seine finanzielle Situation, und dass der Kauf neuer Schuhe auch für ihn wieder einmal dringlich wäre. Mit den zwei abgelatschten Paaren, die er momentan sein eigen nannte, war gewiss kein Staat mehr zu machen.
Der unerwartete Anblick des Rähmchens ließ ihn zusammenzucken. Er zog den Karton aus dem Schrank. Rechnungen, Briefe, Quittungen. Und obenauf der Bilderrahmen. Karlo griff danach und nahm ihn noch einmal genau in Augenschein. Der schmale Rand eines zweiten Fotos lugte unter dem oberen Bild hervor. Karlo drehte den Rahmen um und löste die einfache Verriegelung. Die Einfassung sprang auf und der rückseitige Karton, der das Bild gegen das Passepartout drücken sollte, fiel heraus. Karlo versuchte ungeschickt, ihn aufzufangen. Dabei rutschte ihm der Rahmen aus der Hand und purzelte zu Boden. Er fluchte verhalten.
Dann aber fiel sein überraschter Blick vor sich auf den Boden. Offensichtlich waren drei Bilder aufeinander in den Rahmen geschoben worden. Er starrte auf die unbeschriftete Rückseite der Fotografien, griff sich die erste und drehte sie um. Es war das Bild, das er schon kannte. Der zweite Abzug zeigte das gleiche Motiv, augenscheinlich Sabine in ihrem karierten Hemd.
Auf dem dritten Bild endlich war mehr zu sehen: Tobias und Sabine vor einem schwarzen Jeep. Keine besonders tolle Aufnahme, aber die Personen waren gut zu erkennen. Karlo betrachtete das Foto einen Augenblick länger, dann bemerkte er zwei weitere Personen, rechts neben dem Paar.
Als er die erste Person aufmerksam in Augenschein nahm, stellte er verblüfft fest, dass er seinem alten Freund Joe Wegener in die Augen blickte.
Bei der zweiten Person musste er kurz grinsen. Der sah ja aus wie Süßholz-Sauer, nur etwas jünger und fitter. Aber beim besten Willen – nein, das konnte ja nicht sein.
Karlo war nun völlig durcheinander. Der Rest geschah automatisch. Er platzierte das doppelt vorhandene Bild wieder im Rahmen und legte die Rückwand ein. Noch während er die Verriegelung wieder zuschnappen ließ, hörte er Schritte im Treppenhaus näher kommen.
Er warf den Rahmen wieder in den Karton, drückte den Deckel drauf und schloss die Schranktür. Dann bückte er sich, hob die beiden anderen Bilder auf und steckte sie in die Gesäßtasche seiner Jeans. Schnell huschte er in die Diele und verschwand im selben Moment in der Toilette, in dem sich der Schlüssel in der Wohnungstür drehte. Er schloss ab, drehte sich und bemerkte den leeren Papierabroller. Und keine Ersatzrollen zu sehen.
„Karlo? Wo steckst du denn? Hallo! Bist du weg?“
„Hier bin ich, auf’m Klo. Warte, ich bin gleich da.“
Nachdem Karlo die Toilette verlassen hatte, hörte er Tobias in der Küche hantieren. Im Rahmen der Küchentür blieb er stehen und beobachtete, wie er zwei große Plastiktüten auspackte. Dann schenkte er ihm einen vorwurfsvollen Blick.
„Du hast kein Klopapier mehr!“
„Oh“, kam die betretene Antwort, „tut mit leid. Schau doch mal im Schlafzimmer. Im Kleiderschrank, da muss noch ein ganzes Paket sein.“
„Ist das wirklich wahr?“, murmelte Karlo unhörbar für Tobias, als er Kaletzkes Schlafgemach ein zweites Mal betrat.
Eine Viertelstunde später zog Karlo seine Jacke an. Dann überprüfte er den Akkustand seines Handys.
„Ich muss noch ein paar Sachen erledigen. Heute am späten Nachmittag bin ich wieder da. Bist du dann zu Hause?“
„Ich denke schon. Du kannst vielleicht vorher anklingeln, zur Sicherheit …“
Tobias musterte Karlo misstrauisch.
„Was hast du denn vor?“
„Das willst du nicht wissen, Tobias. Bestimmt nicht, glaub mir. Ich habe einiges geradezubiegen.“
Karlo dachte an die Bilder, die mittlerweile in seiner Gesäßtasche steckten und die solche Verwirrung in ihm ausgelöst hatten.
„Und noch einiges herausfinden, was ich bis jetzt einfach nicht begreife“, setzte er hinzu, als er die
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