Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
selben Tag
13
„Genaus so wars. Nicht mehr und nicht weniger. Glauben Sie mir, Herr Gehring, ich wüsste selbst gerne, was passiert ist.“
Karlo hatte den Hauptkommissar genau beobachtet, während er seinen Bericht ablieferte. Der hatte ohne sichtbare Regung zugehört. Es war nicht zu ahnen, was er dachte. Nur wenn Karlo ins Stocken kam, waren ein paar leichte Falten auf Gehrings Stirn erschienen und er hatte Karlo mit einer unwirschen Handbewegung aufgefordert, er solle endlich fortfahren. Kommissar Reichard saß währenddessen auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch seines Chefs, war seltsam still und hatte ebenfalls keine Miene verzogen. Nun war Karlo mit seinem Bericht zum Schluss gekommen. Die ganze Geschichte war auf dem Tisch. Die Bordellwohnung in Fulda, die junge Frau dort und ihre Verzweiflung. Sein Eindringen in Joes Offenbacher Wohnung und der Fund der drei Ausweise in dessen Lederjacke. Als er die zweifelnden Gesichter der Beamten sah, spielte er seinen zweiten Trumpf aus.
Er warf die DVD auf den Tisch.
„Hier. Das wird Sie ganz bestimmt interessieren. Auf dieser Scheibe ist eine richtig nette Szene drauf. Vielleicht hat die Zeitung ja recht“, erinnerte er sich an die Schlagzeile, die er in der Bahn gelesen hatte, „Borek heißt der Mann auf der Aufnahme. Ist Chef eines Immobilienbüros in Fulda. Vielleicht erpresst man ihn damit.“
Die Kommissare schauten sich vielsagend an. In der Kamera im Schrank waren keine Aufnahmen gespeichert gewesen. Sie hatten zuerst vermutet, sie wäre noch nicht in Betrieb genommen oder aber gelöscht worden.
„Wir werden uns gleich darum kümmern. Aber jetzt erst noch mal zu uns, Herr Kölner.“
Dass Joe dazugekommen war und er ihn im Rahmen dieser Ereignisse niederschlagen musste, blieb in Karlos Bericht wohlweislich ausgespart.
Bei der Identifizierung von Moni konnte Karlo ebenfalls keine Hinweise geben, selbst wenn er es gewollt hätte. Er hatte diese Frau nur einmal lebend gesehen, und zwar an dem Tag, als er von Joe die Wohnung übergeben bekam. So hoffte er jedenfalls.
Für ein paar Sekunden herrschte nun Stille im Raum. Der Kommissar hatte sich erhoben und war bedächtig zum Fenster gegangen. Er sprach ruhig, während er auf die Straße blickte.
„Sie versuchen schon wieder, unsere Arbeit zu erledigen, Kölner. Und dabei ziehen Sie sich immer tiefer in den Schlamassel. Sie sind da noch lange nicht raus, glauben Sie mir. Sie haben scheinbar nichts gelernt, gar nichts, und noch weniger verstanden.“
Er überlegte kurz, wie er weitermachen sollte. Dann fuhr er entschlossen fort.
„Wie ich Ihnen vorhin schon am Telefon angedeutet habe: Die Frau ist nicht erschossen worden. Und das ist eben einer der Gründe, warum auch Sie zum Kreis der Verdächtigen gehören. Zumal Ihre Fingerabdrücke auf der mutmaßlichen Tatwaffe gefunden wurden.“
Karlo war aufgesprungen.
„Tatwaffe?“, rief er erschrocken aus. „Was für eine Tatwaffe?“
„Jetzt hören Sie aber auf, Kölner, setzen Sie sich!“
Kommissar Reichard war ungeduldig von seinem Stuhl aufgestanden und stützte sich nun, nach vorn gebeugt, mit beiden Armen auf den Schreitisch. Die Nasenspitzen der beiden Männer berührten sich fast. Er fixierte Karlo eindringlich.
„Sie wissen ganz genau, was gemeint ist.
Sie
haben der Frau diese Drachenfigur gegen den Kopf geschlagen.“
Reichard machte eine Pause, stellte sich wieder aufrecht hin und sprach wesentlich freundlicher weiter.
„Aber wer weiß, vielleicht hat die Frau Sie ja gereizt. Ist doch klar, dass man da mal die Beherrschung verlieren kann. Und dann stand diese Figur zufällig da und es ist einfach passiert. Sie haben das vielleicht gar nicht gewollt. Sie können uns …“
An dieser Stelle fiel Karlo Harald Reichard erregt ins Wort.
„Aber warum hat jemand angerufen, er hätte einen Schuss gehört? Wenn gar keiner gefallen ist?“, rief er verwirrt aus, „das muss doch einen Grund haben. Und vor allen Dingen: Wer war das?“
Karlo machte eine kleine Pause, um nachzudenken.
Die Drachenfigur! Er erinnerte sich an die Statue auf der Kommode in Monis Arbeitszimmer. Tatwaffe? Was hatte das zu bedeuten?
„Sie meinen diese Messingfigur? Klar, da sind meine Fingerabdrücke drauf. Ich hab das Ding ja in der Hand gehabt, an dem Tag, als mir Joe die Wohnung gezeigt hat.“
Reichard nickte leicht und lächelte wissend.
„Und wie kommt dann diese Figur bei Ihnen auf den Balkon?“
Karlo schnappte nach Luft.
„Auf meinen
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