Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
etwas im Hintergrund. Gehring hatte richtig vermutet. Ein Mann steckte in einem Schlafsack. Sein fahles, eingefallenes Gesicht lugte unter der Kapuze hervor.
„Sie haben doch nichts angefasst?“
„Wir machen das schon eine Weile, Sie kennen uns doch, Herr Gehring.“
Hund wirkte entrüstet.
„Deshalb frage ich ja. Nun, wenigstens hat Sie diesmal niemand eingeschlossen.“ Diese Bemerkung konnte sich der Hauptkommissar nicht verkneifen.
„Das ist er, das ist Sauer.“
Karlo war ebenfalls nähergekommen. Gehring schaute ihn von der Seite an.
„Sicher?“
„Klar bin ich sicher, warum …
„Die Spurensicherung ist unterwegs!“
Reichard hatte das Auto verlassen und starrte nun ebenfalls fassungslos auf das leblose Bündel.
–
Ein Mann von der Spurensicherung ließ zwei blauweiße Päckchen in einer Plastiktüte verschwinden. Er hielt sie Gehring so hin, dass der Polizist die Beschriftung lesen konnte.
„Wie es aussieht, vergiftet“, ließ er vernehmen. „Vermutlich Schlaftabletten, hier, schauen Sie, das steckte im Schlafsack. Sieht ganz nach Selbstmord aus.“
Er grub weiter in der grünen Schlafhülle.
„Moment, da ist noch was. Hier.“
Der Mann faltete zwei hintereinandergelegte DIN-A4-Blätter auseinander und hielt sie dem Hauptkommissar hin.
„Einen Moment.“
Gehring zog sich Handschuhe an, dann nahm er das Blatt vorsichtig in die Hand. Es war eng beschrieben, in einer kleinen, aber gut lesbaren Schrift.
„Ein Abschiedsbrief?“
Heimlich und still hatte sich Karlo hinter Georg Gehring postiert, als dieser den Brief überflog, schaute ihm über die Schulter und las eifrig mit.
An die Polizei
Es ist viel schief gelaufen in meinem Leben. Wenn Sie das lesen, ist alles vorbei, und das ist gut so. Ich habe Joe nie wirklich über den Weg getraut. Aber es gab immer was zu verdienen bei ihm und er hat nicht schlecht bezahlt. Richtig große Sachen musste ich sowieso nie für ihn erledigen. Damals konnte ich mir sogar Urlaub leisten. In Ungarn, da lernte ich Antonia kennen. Ich habe mich sofort verliebt. Bei Antonia weiß ich es nicht so genau, sie wollte auf jeden Fall nach Deutschland. Ich nehme an, deshalb wollte sie mich auch heiraten. Wir haben das auch gemacht. Sie hat hier dann einen ordentlichen Job gefunden, wir hatten nicht viel, aber es hat gereicht und zumindest ich war glücklich.
Und dann hat Antonia Joe kennengelernt. Der hat ihr das Blaue vom Himmel versprochen, hatte viel Geld und seine großen Sprüche. Zuerst habe ich nichts gemerkt. Alles war wie immer, und ich dachte: „Was bist du doch nur für ein Glückspilz.“
Dann aber wurde ich ständig krank, es hat gar nicht mehr aufgehört, wie bei einem Kettenraucher, der eine Kippe mit der anderen anzündet. Ich will hier nicht jammern und es kurz machen: Der Arzt eröffnete mir irgendwann, ich sei HIV positiv. Die Krankheit war zu dem Zeitpunkt schon ausgebrochen. Jetzt wusste ich plötzlich, was mit mir los war. Nur, wieso? Wie war das gekommen? Das konnte nicht sein, dachte ich. Ich hatte doch immer nur mit Antonia geschlafen.
Ich wurde misstrauisch und bekam raus, dass Antonia schon längere Zeit für Wegener anschaffen ging. Sie hatte sich wohl bei der Arbeit infiziert, ich hoffte nur, dass es den Mistkerl auch erwischt hatte, aber das ist ja jetzt egal. Als Antonia erfuhr, dass sie infiziert war, hat sie sich mit Schlaftabletten umgebracht.
Kurz darauf kam Joe wegen einer dummen Sache in den Knast. Ich habe gewartet, und als er wieder rauskam, bin ich ihm nicht mehr von den Fersen gewichen. Ich suchte eine Gelegenheit, ihm alles heimzuzahlen. Als er Hamburg verließ und nach Fulda ging, bin ich ihm gefolgt, genauso wie später nach Frankfurt. Irgendwann sind wir dort zusammengetroffen und er hatte wohl doch ein schlechtes Gewissen. Er hat mir einen Job als Aufpasser angeboten und dazu eine Wohnung. Ich habe ihm gesagt, er solle mich in Ruhe lassen, ich hätte kein Interesse. Er hat nur gelacht und mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer in die Tasche gesteckt.
Ich dachte allerdings, es wäre für meine Pläne von Vorteil, wenn jemand in Joes Nähe wäre, den ich kenne und der mir einiges erzählen könnte. Ich wollte Joe erledigen, wusste nur noch nicht wie. Und so habe ich diesen Zettel an Kölner weitergegeben, von dem ich wusste, dass er dringend eine Wohnung suchte. Und Kölner hat dann den Job und die Wohnung bekommen.
In der Nacht zum 12. Oktober bin ich Joe in das Haus gegenüber der katholischen
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