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Karlsson fliegt wieder

Karlsson fliegt wieder

Titel: Karlsson fliegt wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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anschauen, Fräulein Bock?«
    Er sagte das ganz listig, um sie ans Fenster zu locken. Gleichzeitig steckte er die Hand unauffällig hinter die Gardine, wo die Schnur hing, und zog kräftig daran. Er hörte, wie es oben auf dem Dach klingelte. Fräulein Bock hörte es auch.
    »Ich höre Glockenklang im Weltenraum«, sagte sie. »Wie komisch!«
    »Ja, das ist komisch«, sagte Lillebror.
    Dann hielt er den Atem an. Denn jetzt kam vom Dach herab ein weißes und ziemlich rundliches kleines Gespenst im Gleitflug angeflogen. Es kam mit Musik. Sehr leise und sehr traurig hörte es sich an, aber es war die »Gespensterklage«, die durch den Herbstabend erklang, darüber konnte kein Zweifel bestehen.

    »Da — oh, sieh dort — o du guter Moses«, sagte Fräulein Bock. Sie war kreideweiß im Gesicht und musste sich auf einen Stuhl setzen. Und dabei hatte sie doch gesagt, sie habe keine Angst vor Geistern!
    Lillebror versuchte sie zu beruhigen. »Ja, nun glaub ich allmählich auch, dass es spukt«, sagte er. »Aber das ist doch so ein kleines Gespenst, das ist bestimmt nicht gefährlich.«
    Fräulein Bock hörte nicht auf ihn. Sie starrte mit wildem Blick aus dem Fenster, vor dem das Gespenst gerade fantastische Flüge vorführte.
    »Nimm es weg! Nimm es weg!«, keuchte sie.
    Aber das kleine Gespenst vom Vasaviertel konnte man nicht wegnehmen. Es schwebte hin und her, es stieg und es sank und ab und zu schoss es einen Purzelbaum in der Luft. Nicht einmal bei den Purzelbäumen verstummte die klagende Musik.
    Lillebror fand es wirklich schön und stimmungsvoll, das weiße kleine Gespenst, den dunklen Sternenhimmel und die klagende Musik. Aber das fand Fräulein Bock nicht. Sie riss Lillebror zurück.
    »Schnell, wir laufen ins Schlafzimmer und verstecken uns dort!«
    Die Wohnung der Familie Svantesson hatte fünf Zimmer, Küche, Diele, Badezimmer. Birger, Betty und Lillebror hatten jeder ihr kleines Zimmer, Mama und Papa hatten ihr Schlafzimmer und dann war da noch ein großes Wohnzimmer. Während Mamas und Papas Abwesenheit wohnte Fräulein Bock im Schlafzimmer. Das lag zum Hof, Lillebrors Zimmer zur Straße.
    »Komm«, keuchte Fräulein Bock, »komm, wir verstecken uns im Schlafzimmer.«
    Lillebror sträubte sich. Sie wollten doch nicht etwa vor dem Spuk ausrücken, wo es gerade erst angefangen hatte! Aber Fräulein Bock gab nicht nach.
    »Beeil dich, bevor ich in Ohnmacht falle!«
    Und obwohl Lillebror nicht wollte, ließ er sich zum Schlafzimmer ziehen. Hier stand das Fenster ebenfalls offen, Fräulein Bock stürzte jedoch hin und schloss es mit einem Knall. Sie ließ die Jalousien herab und zog die Vorhänge ordentlich zu. Dann begann sie Möbel vor der Tür aufzustapeln, so viele, wie sie nur konnte. Es war eindeutig, dass sie um keinen Preis mehr Gespenster sehen wollte.
    Lillebror begriff das nicht, vorher war sie doch ganz versessen auf Spuk gewesen. Er saß auf Papas Bett und sah zu, wie sie sich abrackerte, und er schüttelte den Kopf.
    »Solche Angst würde Frieda bestimmt nicht haben«, sagte er. Aber gerade jetzt wollte Fräulein Bock nichts von Frieda hören. Sie schleppte weiter Möbel herbei, die Kommode und den Tisch und sämtliche Stühle und ein kleines Bücherregal. Es wurde eine ganz prächtige Barrikade vor der Tür.
    »So, ja«, sagte Fräulein Bock zufrieden. »Ich glaube, jetzt können wir beruhigt sein.«
    Da hörte man unter Papas Bett eine dumpfe Stimme, die noch zufriedener sagte: »So ja! Ich glaube, jetzt können wir beruhigt sein. Jetzt sind wir für die Nacht eingesperrt!«
    Und hervor flog das kleine Gespenst, dass es nur so brauste. »Hilfe!«, schrie Fräulein Bock. »Hilfe!«
    »Wobei denn?«, fragte das Gespenst. »Beim Möbelschleppen, was? Man ist doch schließlich kein Umzugsmann.«
    Darüber lachte das Gespenst selbst lange und hohl. Fräulein Bock dagegen nicht. Sie stürzte zur Tür und begann die Möbel beiseite zu schmeißen, dass die Stühle nur so durcheinander wirbelten. Im Nu hatte sie die Barrikade umgekippt und stürzte mit lautem Geschrei in die Diele hinaus. Das Gespenst hinterdrein. Lillebror ebenfalls. Als Letzter kam Bimbo laut bellend. Er erkannte das Gespenst am Geruch und fand dieses Spiel höchst vergnüglich. Das Gespenst offenbar auch. »Hoho!«, schrie es und flatterte Fräulein Bock um die Ohren. Aber manchmal ließ es ihr einen kleinen Vorsprung, damit es spannender war. Es ging durch die ganze Wohnung, Fräulein Bock voran und das kleine Gespenst hinterher, rein

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