Karlsson fliegt wieder
niemand verstehen konnte, was sie Frieda erzählt hatte.
»Aber ich bin doch ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren«, versuchte Karlsson sie zu trösten. »Ich könnte doch ohne weiteres in diese Büchse kommen — vielleicht mit dem einen oder anderen kleinen Schnuckelchen zusammen oder so!«
Fräulein Bock nahm die Hände vom Gesicht und sah Karlsson an. Sie schnaubte.
»Ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann, gerade das Richtige fürs Fernsehen! Davon haben sie selber haufenweise genug.«
Sie guckte Karlsson böse und misstrauisch an, diesen kleinen Dicksack. Er war bestimmt ein Junge, wenn er auch aussah wie ein kleiner Mann. Sie fragte Lillebror:
»Was ist das eigentlich für ein Kerl?«
Und Lillebror sagte, wie es der Wahrheit entsprach:
»Es ist mein Spielkamerad.«
»Das konnte ich mir ja denken«, sagte Fräulein Bock.
Dann weinte sie wieder. Lillebror war erstaunt. Da hatten Mama und Papa sich nun eingebildet, es würde ein fürchterlicher Aufruhr entstehen, wenn jemand Karlsson sähe, und alle würden angestürzt kommen und ihn im Fernsehen zeigen wollen. Die Einzige aber, die ihn wirklich gesehen hatte, die weinte und fand, Karlsson sei wertlos, weil er kein Gespenst war. Dass er einen Propeller hatte und fliegen konnte, das imponierte ihr nicht. Karlsson stieg gerade in die Luft, um sein Gespenstergewand von der Lampe herunterzuholen, aber Fräulein Bock starrte ihn nur noch böser an und sagte:
»Heutzutage müssen die Kinder ja Propeller und mechanisches Zeugs und was weiß ich alles haben! Bald fliegen sie wohl auch zum Mond, bevor sie noch in die Schule kommen.«
Sie redete sich immer mehr in Zorn, denn jetzt begriff sie, wer die Wecken geklaut und vor dem Fenster gemuht und den Geisterspruch an die Wand in der Küche geschrieben hatte. Nicht zu fassen, dass man den Kindern Apparate schenkte, mit denen sie herumfliegen und auf diese Weise alte Leute zum Narren halten konnten! Der ganze Spuk, über den sie an das Schwedische Fernsehen geschrieben hatte, war nichts weiter als ein Jungenstreich und sie konnte es nicht mehr ertragen, den kleinen Nichtsnutz noch länger vor Augen zu haben. »Raus mit dir, du... wie heißt du doch gleich?«
»Karlsson«, sagte Karlsson.
»Das weiß ich«, sagte Fräulein Bock wütend, »aber du hast ja wohl auch einen Vornamen?«
»Ich heiße Karlsson mit Vornamen und Karlsson mit Nachnamen«, sagte Karlsson.
»Reiz mich nicht, damit ich nicht böse werde, das bin ich nämlich schon«, sagte Fräulein Bock. »Der Vorname, das ist der, mit dem man gerufen wird — weißt du das nicht? Wie nennt dein Papa dich, wenn er dich ruft?«
»Strolch«, sagte Karlsson zufrieden.
Fräulein Bock nickte zustimmend. »Da hat dein Papa ein wahres Wort gesprochen.«
Und Karlsson gab ihr Recht. »Ja, ja, als man klein war, da war man ein richtiger Strolch! Aber das ist lange her, denn jetzt ist man ja der Bravste der Welt!«
Aber Fräulein Bock hörte nicht mehr hin. Sie saß stumm da und grübelte und schien ein wenig ruhiger zu werden.
»Na ja«, sagte sie schließlich, »ich weiß jedenfalls eine, die sich über diese Geschichte freut.«
»Wer denn?«, fragte Lillebror.
»Frieda«, sagte Fräulein Bock grimmig. Dann verschwand sie mit einem Seufzer in die Küche hinaus, um den Fußboden trockenzuwischen und die Wanne wegzustellen.
Karlsson und Lillebror fanden es schön, dass sie wieder allein waren.
»Über was für Kleinigkeiten sich Leute aufregen«, sagte Karlsson und zuckte die Schultern. »Ich hab ihr doch nichts getan!«
»Nö«, sagte Lillebror, »bloß sie vielleicht ein bisschen tirritiert. Aber nun wollen wir ganz brav sein.«
Das fand Karlsson auch. »Natürlich sind wir jetzt brav. Ich bin immer der Bravste der Welt. Aber Spaß muss ich haben, sonst mach ich nicht mit.«
Lillebror überlegte, welchen Spaß er für Karlsson ausdenken könne. Aber das war überflüssig, denn das besorgte Karlsson schon selbst. Er sauste in Lillebrors Wandschrank hinein. »Warte mal, als ich Gespenst war, hab ich hier drinnen ein komisches Ding gesehen.«
Er kam mit einer Mausefalle in der Hand zurück. Die hatte Lillebror bei der Großmutter auf dem Lande gefunden und mit in die Stadt genommen.
»Ich möchte nämlich gern eine Maus fangen und sie zähmen und die soll mir gehören«, hatte Lillebror Mama erklärt. Aber Mama hatte gesagt, in Stadtwohnungen gäbe es Gott sei Dank keine Mäuse,
Weitere Kostenlose Bücher