Karlsson fliegt wieder
Genick und warf ihn zum dritten Mal hinaus, diesmal durch die Hintertür.
»Es ist doch nicht zu fassen«, sagte sie, »so eine Schmeißfliege! Aber wenn ich die Tür abschließe, dann schaffe ich es vielleicht, dich loszuwerden.«
»Das werden wir ja sehen«, sagte Karlsson sanft.
Die Tür klappte hinter ihm zu und Fräulein Bock vergewisserte sich, dass sie auch wirklich ordentlich abgeschlossen war.
»Pfui, wie sind Sie abscheulich, Fräulein Bock«, sagte Lillebror. Aber sie hörte nicht auf ihn. Sie ging geradewegs zum Herd, wo die Fleischklöße herrlich in der Pfanne brutzelten. »Vielleicht kriegt man endlich selbst einen Fleischkloß, nach allem, was man heute Abend durchgemacht hat«, sagte sie. Da kam eine Stimme vom offenen Fenster. »Guten Abend allerseits. Ist jemand zu Hause? Und sind noch ein paar Fleischklöße übrig?«
Karlsson saß zufrieden schmunzelnd auf dem Fenstersims. Lillebror lachte laut auf. »Bist du vom Klopfbalkon abgeflogen?«
Karlsson nickte. »Genau. Und hier habt ihr mich wieder. Da freut ihr euch sicher — vor allem du da hinten am Herd!« Fräulein Bock stand da mit einem Fleischkloß in der Hand. Den wollte sie in den Mund stecken, aber als sie Karlsson sah, blieb sie regungslos stehen und starrte ihn nur an.
»So ‘n verfressenes Mädchen ist mir noch nie vorgekommen«, sagte Karlsson und machte einen Sturzflug über sie hinweg. Im Vorbeifliegen mopste er ihren Fleischkloß, verschlang ihn und stieg schnell zur Decke hoch.
Jetzt aber kam Leben in Fräulein Bock. Sie stieß einen leisen Schrei aus, dann ergriff sie einen Teppichklopfer und lief hinter Karlsson her.
»Du Ungeheuer, das wäre ja noch schöner, wenn ich dich hier nicht rauskriege!«
Karlsson umkreiste juchzend die Deckenlampe.
»Hoho, wollen wir uns wieder raufen?«, rief er. »So ‘n Spaß habe ich seit meiner Kindheit nicht gehabt, als Papachen mich mit der Fliegenklatsche rund um den Mälarsee jagte, hoho, haben wir damals einen Spaß gehabt!«
Karlsson schwebte in die Diele hinaus und dann begann eine wilde Jagd durch die ganze Wohnung. Voran flog Karlsson, der vor Wonne gluckste und juchzte, hinterdrein kam Fräulein Bock mit dem Teppichklopfer, dann kam Lillebror und als Letzter Bimbo mit wildem Gebell.
»Hoho«, schrie Karlsson.
Fräulein Bock war ihm dicht auf den Fersen, aber sobald sie zu nahe herankam, beschleunigte Karlsson die Geschwindigkeit und stieg zur Decke hoch. Und wie sehr Fräulein Bock auch mit dem Teppichklopfer fuchtelte, es gelang ihr nicht, mehr als nur seine Schuhsohlen zu streifen.
»Hihi, hihi«, sagte Karlsson, »nicht unter den Füßen kitzeln, das gilt nicht, dann mach ich nicht mit!«
Fräulein Bock keuchte und rannte und ihre großen, breiten Füße klatschten über das Parkett — die Ärmste, sie hatte ja nicht einmal Zeit gehabt sich Schuhe und Strümpfe anzuziehen bei all dem Gespuke und Gejage den ganzen Abend. Sie wurde allmählich müde, aber nachgeben wollte sie nicht. »Warte du nur«, rief sie und lief weiter hinter Karlsson her. Ab und zu machte sie einen kleinen Hüpfer, um ihm mit dem Teppichklopfer eins überzuziehen, aber Karlsson lachte aus vollem Halse und flog ihr davon. Lillebror lachte ebenfalls, er konnte nicht anders. Er lachte so sehr, dass ihm der Bauch wehtat, und als die Jagd zum dritten Mal durch sein Zimmer tobte, warf er sich auf sein Bett, um sich ein wenig auszuruhen. Da lag er nun völlig erschöpft und trotzdem konnte er das Kichern nicht unterdrücken, als er sah, wie Fräulein Bock Karlsson die Wände entlangjagte.
»Hoho«, schrie Karlsson.
»Ich werde dir gleich von wegen hoho«, keuchte Fräulein Bock. Sie fuchtelte wild mit dem Teppichklopfer und schaffte es tatsächlich, Karlsson in eine Ecke neben Lillebrors Bett zu drängen.
»So, du«, sagte Fräulein Bock, »jetzt hab ich dich!«
Plötzlich stieß sie ein ohrenbetäubendes Geheul aus. Da hörte Lillebror auf zu kichern.
Oje, dachte er, jetzt ist Karlsson gefangen!
Es war aber nicht Karlsson, der gefangen war. Es war Fräulein Bock. Sie war mit ihrem großen Zeh in die Mausefalle geraten. »Auuuu«, jammerte Fräulein Bock, »auuuu!«
Sie zog den Fuß hervor und starrte stumm auf das absonderliche Ding, das an ihrem großen Zeh baumelte.
»Ach, ach, ach«, sagte Lillebror, »warten Sie, ich mach sie ab — oh, entschuldigen Sie, es war nicht so gemeint.«
»Auuuu«, machte Fräulein Bock, als Lillebror sie befreit hatte und sie endlich ihre Sprache wieder
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