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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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einen Zahn herauszubrechen. Ata. Ja, so hieß dieses gewaltige Vieh. Jetzt sah Tom es vor sich. Eine Fressmaschine. Größer als das Gebiss war nur noch der Bauch. Tom wusste, dass diese Geschöpfe verletzlich waren. Man konnte sie töten. Er trug schließlich das Fell eines Ata.
    Ihm war, als sei er eine andere Person und doch er selbst. Er hatte Zugang zu allem Wissen dieser Person. Er fühlte, was sie fühlte, teilte ihre Sorgen, Nöte, Ängste. Und drohte in der stickigen Wärme dieses Kleiderschranks zu erfrieren.
    «Bist du allein, Uta?»
    «Nein. Josch ist bei mir. Aber Toi ist nicht weit.»
    «Du zitterst. Was ist los? Ist es nur die Kälte?»
    «Nein. Ich habe Angst.»
    «Wird Josch dich nicht beschützen?»
    «Ich habe Angst, dass wir hier sterben werden. Die Atas haben unsere Spur gewittert. Es sind mindestens zwei. Wir hören nachts ihre Schreie. Und wenn sie uns nicht kriegen, wird Toi uns fassen. Josch will Toi eine Falle stellen.»
    «Glaubt Josch, dass ihr gewinnen könnt?»
    «Josch sagt, man verliert einen Kampf zunächst im Herzen, dann im Kopf und dann erst wirklich. Er sagt, nur wenn wir aufgeben, haben wir verloren. Josch gibt nicht auf.»
    «Was für eine Falle will Josch Toi stellen? Mit welchen Waffen will er gegen ihn kämpfen?»
    «Josch kennt geheime Gänge. Es gibt hier ein Höhlensystem, Eishöhlen. Josch war schon einmal hier.»
    Tom sah die weiß glänzenden Höhlengänge vor sich. Er trug eine Fackel. Der Rauch wurde durch einen Luftzug nach draußen gerissen. Im Eistunnel war es lange nicht so kalt wie draußen. Außerdem konnte er hier besser atmen. Die Luft war rein. Mineralisch.
    Uta ging direkt hinter ihm.
    Die Gänge führten weiter ins Innere des Berges. Von oben platschte Tom Eiswasser auf den Kopf. Er spürte jeden einzelnen Tropfen wie einen Schuss. Dann endlich erreichte er den tiefsten Teil der ausgebauten Höhle. Seine Vorratskammer. Hier im Eis hingen gewaltige Ata-Fleischstücke. Die Vorratshöhle war ein gigantischer Kühlschrank. Sie war wohnlich eingerichtet, mit Möbeln aus Eis und Ata-Knochen. Auf dem Boden lag ein gefrorenes Ata-Fell. Es gab eine in Eis geschlagene Feuerstelle, gemauert aus Ata-Knochen. Gefrorene Asche lag darin, aber da waren auch noch Fackeln und Holz.
    «Hier können wir bleiben», hörte Tom sich sagen, in einer Sprache, die ihm bisher unbekannt gewesen war.
    «Aber Toi? Was ist mit Toi?», fragte Uta ängstlich.
    Jetzt sah Tom sich von außen, wie in einem Film. Er hatte nichts mit dem Tom gemein, der er gewesen war, als er zum letzten Mal in den Spiegel gesehen hatte. Keine Ähnlichkeit. Er war viel, viel älter. Er sah aus wie fünfzig oder sechzig, doch er wusste, er war schon viele hundert Jahre alt.
    «Vielleicht findet Toi uns hier nicht. Vielleicht wird er vorher von einem Ata getötet. Oder er erfriert ganz einfach. Kälte hat schon so manchen Hillruc besiegt. In ihrer Überheblichkeit glauben sie, der Natur trotzen zu können. Sie ziehen sich nicht vernünftig an. Sie schützen sich nicht. Sie halten das alles für reine Kulisse. Sie sind zu stolz, um die Macht der Kälte zu akzeptieren. Das hat viele von ihnen umgebracht.»
    «Woher weißt du das alles, Josch?»
    «Ich bin bei ihnen groß geworden.»
    «Sprichst du deshalb ihre Sprache?»
    «Ja.»
    Tom hörte nicht mehr, was außerhalb seines dunklen Verstecks geredet wurde. Er war zu sehr in sich, seiner Geschichte, seinem früheren Leben, als dass das Gespräch zwischen Professor Ullrich und Vivien ihn noch hätte erreichen können.
    «Und wenn er nicht stirbt? Wenn er uns doch findet?»
    «Ich hoffe, dass er uns findet. Ich will ihn töten.»
    «Du willst ihn töten? Damit endlich Schluss ist mit seiner grässlichen Herrschaft?»
    «Es gibt noch einen anderen Grund.»
    Die Erkenntnis traf Tom wie ein vergifteter Pfeil. Sie brannte unter seiner Haut, vergiftete seine Gedärme und seine Gedanken. Hass stieg in ihm hoch. Er wollte endlich kämpfen gegen Toi, ihn zur Strecke bringen. Nun wusste er, wer er war. Er spürte seine Wurzeln. Es tat entsetzlich weh.
    Er wand sich und begann zu jammern. Hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür.
    Sofort riss Professor Ullrich die Schranktür auf und packte Tom bei der Gurgel, rüttelte ihn, würgte ihn und schrie: «Wer bist du?» Dabei schob er den Unterkiefer vor, als wollte er ihn ausklinken, um Tom verschlingen zu können.
    Tom agierte aus einer alten Inkarnation heraus. Mit dieser Energie schüttelte er Professor Ullrich ab und warf

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