Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
Vom Netzwerk:
entfernt hatte, dann sagte Katrin Reb leise, mit fast erstickter Stimme: «Meinen Sie besessen im Sinne eines Missbrauchs?»
    Die Frage ließ Sabrina Schumann zusammenzucken. Sie wusste natürlich genau, worum es ging. Sie hatte den Professor immer gedeckt. Doch wenn sie jetzt weiterschwieg, würde sie ihn eher belasten.
    Kopfschüttelnd erwiderte sie: «Nein, das denke ich nicht. Sie ist wohl eher ein Forschungsobjekt für ihn. Ich verstehe natürlich als Verwaltungsdirektorin nichts davon», sie lachte gekünstelt, «aber es ist irgendetwas Bahnbrechendes auf dem Gebiet der Psychologie. Er könnte der erste Nobelpreisträger unserer Klinik werden, wenn er seine Arbeit veröffentlicht.»
    Damit hatte Katrin Reb die Möglichkeit, die Geschichte scherzhaft beiseite zu schieben. «Ab morgen Mittag zwölf Uhr wird er sich dann wohl nach einem neuen Forschungsprojekt umsehen müssen. Ich denke, wir drücken ihm beide die Daumen, dass er den Nobelpreis trotzdem bekommt. Aber auf keinen Fall wollen wir in irgendwelche Schlagzeilen geraten, weil ein Kind per Gerichtsbeschluss bei uns herausgeholt werden muss. Der Ehrgeiz des Professors in Ehren, aber alles hat seine Grenzen.»
    «Haben Sie mich eingeladen, um das mit mir zu besprechen?»
    Katrin Reb schüttelte den Kopf. Jetzt nahm sie das Champagnerglas und hob es an. Mit ungutem Gefühl tat Sabrina Schumann es ihr gleich.
    «Ich habe Sie hierher gebeten, um mit Ihnen ein paar Absprachen zu treffen. Ich finde, wir beiden Frauen sollten uns das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin schon ist.»
    Sabrina Schumann ging nicht wirklich auf das Versöhnungsangebot ein. Sie versank einen Moment in sich. Etwas hatte sie sehr erschreckt. Ihr Hals war wie ausgetrocknet. Ihre Stimme krächzte heiser. «Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir ihm Vivien wegnehmen.»
    «Glauben Sie, das könnte ein ernsthaftes Problem werden?»
    Dr.Schumann nickte mit Grabesmiene.
    «Aber ich bitte Sie. Das Personal ist für die Patienten da. Nicht die Patienten für das Personal. Hier kehren sich ja die Verhältnisse um. Was, glauben Sie, wird er machen? Kündigen?»
    Sabrina Schumann schaute vor sich auf die Tischdecke und malte mit den Fingernägeln imaginäre Zeichen darauf. Katrin Reb spürte es wie ein Kribbeln im Bauch, das langsam die Wirbelsäule hochlief und sich in ihrem Kopf breit machte. Sie empfand das Schweigen ihrer Gesprächspartnerin als bedrohlich. Was ging in dieser Klinik vor? Ein paar schreckliche Sekunden lang spürte Katrin Reb, dass sie die nächste Leiche sein könnte. Sie war zusammen mit Ralf Rottmann in die Klinik gekommen. Schon als sie zum ersten Mal durch die Flure gegangen war, hatte sie das Gefühl gehabt, etwas Bedrohliches sei dort. Etwas völlig Irrationales, Unbeherrschbares. Etwas, dem man besser nicht zu nahe kam. Sie hatte sich das Gefühl mit der allgemeinen menschlichen Angst vor Psychiatrien erklärt. Bisher hatte sie nur mit Unfallkrankenhäusern zu tun gehabt. So eine Psychiatrie war immer etwas Besonderes, das an die tiefsten Ängste rührte. Allein die Schreie aus den Zimmern, der Geruch …
    Sie gestand sich ein, dass sie jetzt tatsächlich Angst hatte. Sie leerte ihr Glas in einem Zug, setzte es hart auf den Tisch zurück und nickte Pierre zu. Er konnte die Vorspeise bringen. Sie brauchte jetzt etwas, woran sie sich festhalten konnte.
    Sabrina Schumanns Stimme klang wie von sehr weit weg: «Ja, vielleicht wird er kündigen. Das wäre sehr schade für die Klinik. Er ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Angstpatienten, denen niemand mehr helfen konnte, mit endlosen Psychiatriekarrieren, hat er in wenigen Tagen wieder zu Menschen gemacht. Menschen wie» - sie suchte nach Worten, dann zeigte sie auf Katrin Reb - «wie Sie und mich.»

26
    In dieser schwülen Nacht saß Professor Ullrich am Fluss. Auf dem Wasser der Ichte spiegelte sich der Vollmond.
    Er hockte nackt auf einem Stein wie Vögel auf einer Hochspannungsleitung. Seine Zehen krallten sich um die scharfen Kanten des Basaltsteins. Er schaute zum Mond hoch, als wollte er sich darin sonnen. Schmerzlich vermisste er zwei weitere Gestirne am Himmelszelt.
    Aale krochen aus ihren Löchern und schlängelten sich zu ihm hoch, als sei ihr Meister gekommen, um sie zu füttern. Ullrich beachtete sie gar nicht. Er war hier, um Kraft zu tanken. Er musste eine Entscheidung treffen. Spätestens bis morgen Mittag.
    Wenn er Zugang hatte zu dem Wesen, das er auf Thara gewesen war, konnte er alles. Dann war

Weitere Kostenlose Bücher