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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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fand er sie beängstigend dünn. Das, was man normale Polizeiarbeit nannte, die tägliche Routine, fehlte hier zum größten Teil.
    Nun saß er in Ackers’ Büro und berichtete seinem Vorgesetzten. «Die Fingerabdrücke auf dem Briefumschlag und dem Schlüssel stammen von keinem Unbekannten. Thomas Götte, genannt Tom. Siebzehn. Zwei Motorraddiebstähle. Ein geknackter Zigarettenautomat. Die Kollegen hatten ihn zweimal zum Verhör. Er steht unter dem Verdacht, zu der Kinderbande zu gehören, denen gut ein Dutzend Einbrüche zur Last gelegt wird. Man konnte ihm allerdings nie etwas nachweisen.»
    Ackers nickte. «Passt alles ganz gut zusammen. Aber warum hat er den Schlüssel an Vivien Schneider geschickt? Woher kennen die beiden sich?»
    Wust freute sich auf seinen großen Auftritt. «Ich hab mir das Bürschchen mal vorgeknöpft.»
    Wenn du ahnen würdest, wie lächerlich du mit deiner stolz geschwellten Brust aussiehst, dachte Ackers. Es ist dir tatsächlich gelungen, so ein schmalbrüstiges Jüngelchen einzuschüchtern. Na klasse. Solche Leute brauchen wir in der Mordkommission. Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Sein Schädel brummte und das Aspirin schien jede Wirkung verloren zu haben. Sechs Sprudeltabletten mit Vitamin C hatte er seit gestern Abend genommen. Sein Magen schmerzte, aber seinem Kopf ging es nicht besser. So kannte er sich gar nicht. Bisher war das Zeug für ihn immer eine Art Wundermittel gewesen.
    Genüsslich breitete Wust seine weiteren Informationen aus. «Tom Götte hat ein Verhältnis mit Julia Beckroth. Das ist die Tochter von Schwester Inge. Er hat zugegeben, den Schlüssel bei Schwester Inge entwendet zu haben. Er hat Vivien in der Nacht herausgeholt und …»
    Plötzlich waren Ackers’ Kopfschmerzen nicht mehr existent. Er stand wie unter Strom.
    «Er hat sie rausgeholt? Aus der Klinik? Wir haben den Schlüssel doch abgefangen.»
    «Ja. Aber vorher war er schon einmal mit dem Schlüssel drin und hat sie …»
    «Wann?»
    «In der Mordnacht.»
    Ackers haute mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. «Ach du Scheiße.»
    Wust wusste natürlich, was sein Chef dachte, und fuhr fort: «Leider kann der junge Mann ihr nicht für die ganze Nacht ein Alibi geben. Die beiden haben sich wohl ziemlich gestritten, und sie ist für ein paar Stunden abgehauen. Später kam sie zu ihm zurück, weil sie sonst gar nicht wieder in die Klinik reingekommen wäre.»
    «Er hat sie einmal raus- und einmal reingeschleust? Und sie war zwischendurch ein paar Stunden ohne jede Aufsicht?»
    «Ich würde den Bengel auch nicht gerade als Aufsicht bezeichnen. Also wenn ich eine Tochter hätte …»
    «Ach!» Ackers winkte ab. Das wollte er jetzt alles gar nicht hören. «Das heißt, Vivien Schneider ist eine unserer Verdächtigen.»
    «Hauptverdächtigen, würde ich sagen.»
    «Und ihr Vater holt sie gleich aus der Klinik ab. Ab dann haben wir sie nicht mehr unter Kontrolle.»
    «Willst du sie in U-Haft nehmen?»
    «Sie ist fünfzehn.»
    «Ich will jederzeit wissen, wo sie ist.» Ackers sagte es wie einen Vorwurf gegen sich selbst. «Ich wollte ihren Vater sowieso überprüfen.»
    «Wir könnten die Jugendpflege um Hilfe …»
    Ackers schüttelte den Kopf. «Die haut aus jedem Heim ab. Die bleibt nur, so lange es ihr passt. Unterschätz sie nicht, weil sie so ein nettes Gesicht hat. Wenn sie für die Morde wirklich verantwortlich ist, dann…»
    Ackers mochte gar nicht daran denken. Er griff zum Telefon und wählte die Nummer von Professor Ullrich, um zu verhindern, dass Vivien das Haus mit ihrem Vater verließ.

    Professor Ullrich hob nicht mehr ab. Für ihn gab es hier nichts mehr zu tun. Er würde sich für den Rest des Tages, vielleicht für den Rest der Woche krankmelden. Er hatte noch so viel Urlaub zu bekommen, er könnte problemlos den nächsten Monat im Hotel Rebstock verbringen, am Vierwaldstätter See, und auf dem Schlachthof am Stadtrand von Luzern Rinderhälften zersägen.
    Er nahm einige Akten mit, die er nicht gern fremden Augen überlassen wollte. Dann schloss er sein Zimmer ab und schaute im Flur aus dem Fenster. Unten stieg Vivien, blass und mit fettigen Haaren, in einen blauen Renault Mégane.
    Professor Ullrich lächelte traurig. Ein richtiges Familienauto. Wie es ein Papi kauft, der an Frau, Kinder und große Ausflüge denkt. Er legte die Finger an das Fenster. Es war seine Art, Vivien noch einen Abschiedsgruß hinterherzuschicken. Er konzentrierte seine ganze Kraft auf

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