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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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zu nahe!«, giftete ich. »Du hältst dich wohl für ganz toll, was? Immer von oben herab – nur weil du Filmstudent bist! Aber wo ist dein Film, Spielberg? Ich hab den Eindruck, du verpulverst nur ein bisschen Kohle, um dich daran aufzugeilen. Du bist echt das Allerletzte.«
    »Du bist tatsächlich ein bisschen von oben herab«, mischte sich Julian wieder ein.
    »Halt die Klappe, Julian, du hast doch keine Ahnung«, raunzte Dylan. »Du bist doch nur der Produzent.«
    »Und Gwyn soll sich also angeblich nicht auf andere Kulturen einlassen, hm?« Ich war nun richtig in Fahrt. »Ach ja? Wo war sie denn heute? In Jackson Heights! Wo übrigens alle geglaubt haben, sie sei ein Fotomodell. Und noch was: New Jersey ist dir also nicht multikulti genug? Dabei bin ich Inderin, du Blödmann! Übrigens brauchst du gar nicht auf Gwyn zu warten – die ist schon unterwegs zu Karsh, jetzt Karshähm. Deshalb ist sie nämlich so schnell losgerannt. Eine Sache hab ich noch bei Karshähm vergessen: Der ist nämlich nicht nur ein großer, gut aussehender, Tablas spielender, genialer Computerspezialist, sondern auch noch Lata-Experte.«
    »Lata?«
    »Lata Mangeshkar. Noch nie von ihm gehört?«
    »Doch, natürlich«, sagte Dylan verlegen.
    »Pah, du hast ja gar keine Ahnung! Der ist nämlich eine Sie – und sie ist die wohl größte Musikerin aller Zeiten! Tja, reingelegt! Weißt du, du solltest dich vielleicht mal mehr auf andere Kulturen einlassen …«
    Ich konnte selbst kaum glauben, dass ich all das gesagt hatte. Es war einfach so aus mir herausgeplatzt und der Ausdruck auf Dylans Gesicht war es allemal wert gewesen. Ich packte unsere Sachen zusammen und marschierte los. Als ich an Julian vorbeilief, starrte er mich an, und in seinem Blick schien so etwas wie Bewunderung zu liegen.
    »Dimple«, murmelte er. »Dimple Lala.«

13. KAPITEL
Surya Namaskar
    Auf dem Rückweg behielt Gwyn ihre Sonnenbrille auf und sagte kaum etwas. Sie war so urplötzlich in sich selbst versunken, dass mich das ziemlich beunruhigte. Also versuchte ich, sie ein paarmal abzulenken, aber die heilende Wirkung von Prominentenklatsch hat auch ihre Grenzen. Um ehrlich zu sein, war ich wirklich nicht besonders gut darin, sie auf andere Gedanken zu bringen – andererseits war es schließlich auch das erste Mal, dass sie verlassen worden war.
    »Gwyn, du hast ihn doch gar nicht nötig«, sagte ich schließlich.
    »Ich weiß, Dimple«, sagte sie. »Ich brauche niemanden, stimmt's? Ich bin eine unabhängige Frau.«
    Sie sah mich einen Moment an, als wolle sie etwas sagen, schwieg dann aber, wandte sich ab und lehnte den Kopf gegen das Fenster.
    »Ach, was weißt du schon davon«, seufzte sie.
    ★ ★ ★
    Wir waren schon fast zu Hause, doch mir tat es immer noch weh, wie ich vorhin von Gwyn zurückgewiesen worden war. Wir gingen schweigend die Lancaster Road hinunter, liefen am »Unglückshaus« vorbei (das immer zum Verkauf stand) und standen schließlich vor Gwyns komplett dunklem Zuhause.
    »Bist du dir sicher, dass du dich für heute Abend mit deiner Mutter verabredet hast?«, fragte ich.
    »Sie hat es sich auf jeden Fall in ihren Terminkalender geschrieben«, sagte Gwyn. Es tat gut, ihre Stimme wieder zu hören, selbst wenn sie sarkastisch war. »Natürlich sieht sie nie in ihrem Kalender nach, weil sie das nur an all die Dinge erinnert, mit denen sie lieber nichts zu tun haben will. Na ja, vielleicht ist sie auch nur spät dran. Komm, ich bringe dich in der Zwischenzeit nach Hause.«
    »Ich kann auch hier mit dir warten, wenn du möchtest«, bot ich an.
    »Nee, schon in Ordnung. Wenn ich zurückkomme, ist sie ganz bestimmt da.«
    Als wir bei mir ankamen, stand dort ein vertraut aussehendes grünes Wägelchen in der Auffahrt. Gwyns Miene erhellte sich.
    »Neue Karre, Dimps?«
    »Nein, nein, ich glaube, meine Cousine ist da.«
    »Die Komische, über die du dich immer lustig gemacht hast? In Amerika reden also auf dem Sc hulhof die Mädchen mit den Jungs?«
    Sie sagte das mit dem übertriebenen indischen Akzent, den wir immer benutzten, wenn wir uns über meine Eltern lustig machten. Ehrlich gesagt redeten meine Eltern nicht wirklich so, doch manchmal tat mir diese Juxerei einfach gut. Zwar störte es mich ein bisschen, wenn Gwyn so redete, aber andererseits hatte ich damit angefangen, und außerdem gab es mir gleichzeitig das Gefühl, dass sie auf meiner Seite stand. Heute jedoch fand ich das gar nicht witzig, obwohl ich früher tatsächlich Kavita so imitiert

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