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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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finde ich. Ich verstehe gar nicht, warum er dir nicht gefällt – allen anderen scheint er jedenfalls zu gefallen.«
    »Na, dann nimm du ihn doch, er gehört ganz dir«, sagte ich und drehte mich auf die Seite. Ich hatte nämlich nicht schon wieder Lust auf dieses Thema und tat so, als würde ich schlafen.

14. KAPITEL
In dem die Onkel und Tanten es so richtig krachen lassen
    Schon als wir zusammen mit lauter anderen jungen, liebeshungrigen Menschen aus der Metro strömten, konnte man die Musik hören. Ein dumpfer Bass und eine locker-leichte Melodie. Sobald wir draußen waren, hatte ich sofort Chica Tikka im Anschlag. Erst machte ich ein paar Fotos von der Gegend, dann nur noch von Gwyn. Sie sah umwerfend aus in ihrem perfekten indischen Outfit samt Dupatta, Rakhis und Sandaletten mit unfassbar hohen Absätzen.
    Bereits zu Hause hatte ich sie beim Zurechtmachen mit der Kamera begleitet. Als sie sich nach dem Schminken ein glitzerndes Bindi zwischen die Augenbrauen geklebt hatte, blitzte Chica Tikka – und dies war gleichzeitig das letzte Foto auf meinem letzten Schwarz-Weiß-Film gewesen. Also hatte ich danach für den Abend einen von Kavitas Farbfilmen eingelegt.
    Beim Club angekommen, machte sich bei mir erst mal Enttäuschung breit: Vor dem HotPot stand eine Schlan ge schillernder Nachtgestalten – und zwar eine ewig lange Schlange, die den ganzen Block hinunterreichte. Ich hätte nicht mal erkannt, wo überhaupt der Eingang war, wenn dort nicht ein zwei Meter großer Türsteher, dessen Haare sich noch mal gut zwanzig Zentimeter unter einer regenbogenfarbenen Strickmütze auftürmten, gestanden hätte.
    »Mist, sieh dir mal die Schlange an«, stöhnte ich. »Wenn wir's endlich da reingeschafft haben, ist der Abend vorbei.«
    Gwyn sah mich entrüstet an.
    »Hast du etwa vergessen, mit wem du hier bist? Es fällt einem nichts in den Schoß – man muss sich schon ein bisschen anstrengen.«
    Also marschierte sie schnurstracks an der Schlange vorbei auf den Eingang zu. Ich zuckelte mit etwas Abstand hinterher und musterte aus dem Augenwinkel die Gesichter der Wartenden. Neunundneunzig Prozent davon waren Inder – allerdings von einer Sorte, die ich so nie zuvor gesehen hatte: Obwohl Gwyn garantiert den Preis für die beste Ost-West-Kombination des Abends verdiente, waren die anderen Mädels auch nicht übel. Alle waren geschminkt, behangen und gepierct, was das Zeug hielt. Selbst die etwas konservativer gekleideten Mädchen trugen gewagte Absätze, die unter ihren Saris hervorlugten, oder Chappals und dazu silberne Ringe an den Zehen – von Tattoos, funkelndem Bauchnabelschmuck und wilden Frisuren ganz zu schweigen.
    Die Jungs waren etwas weniger extravagant gekleidet und man konnte sie in zwei Gruppen einteilen: die Banker-Typen in Anzügen und polierten Schuhen und eine Art Hip-Hop-Fraktion in Hängearsch-Jeans, umgedrehten Baseball-Mützen und T-Shirts mit aufgedruckten Nummern oder Namen von irgendwelchen Teams.
    Ich hatte es hier also doch nicht mit Onkeln und Tanten zu tun.
    Wo hatten sich diese Leute nur die ganze Zeit versteckt? Warum hatte ich solche Inder noch nie auf anderen Partys oder Hochzeiten gesehen? Oder hatte ich sie etwa gesehen, und sie waren bloß, dem jeweiligen Anlass entsprechend, gekleidet gewesen – genauso wie ich?
    Während wir vollkommen schamlos an der Schlange vorbeidefilierten, spürte man, wie die Wartenden sich über uns aufregten.
    »Ihr glaubt wohl, ihr seid was Besonderes«, ereiferte sich ein Mädchen.
    »Hi, Fans!«, rief Gwyn fröhlich zurück und winkte in die Menge. Dann zwinkerte sie einem Jungen in der Schlange zu, was ein Mädchen hinter ihm in Rage brachte, scharmierte den Türsteher und lief bis ins Foyer.
    Als ich allerdings den Eingang erreichte, sah die Sache ganz anders aus.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte der Türsteher.
    »Aber ich gehöre zu ihr!«
    Er verzog keine Miene, drehte sich aber vergewissernd zu Gwyn um, die wieder in der Tür stand.
    »Sie gehört zu mir, Abraham«, bestätigte sie.
    »Na gut. Aber ich muss erst noch 'nen Ausweis sehen.«
    »Du hast ihn doch mitgenommen, oder?«, sagte Gwyn und sah mich bedeutungsvoll an.
    Sekunde mal! Hier stand ich, drei Monate näher dran an der Volljährigkeit als Gwyn und vermutlich als die meisten der Wartenden – und ausgerechnet ich wurde nach einem Ausweis gefragt? Hallo?! Mein ganzer Körper schrie doch förmlich »Pubertät« in die Welt hinaus. Gab es keine Gerechtigkeit auf der Welt? Mürrisch

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