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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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hatte. Es passte nicht mehr zu ihr. Ich hatte Gwyn noch nichts von dem Fotoalbum erzählt oder wie gut ich mich mit Kavita verstanden hatte, als ich sie angerufen hatte, um mich dafür zu bedanken. Über eine Stunde hatten wir telefoniert, und es war fast so gewesen, als hätte ich mit Gwyn gequasselt.
    »Nein, die nicht«, sagte ich. »Diese hier ist richtig cool.«
    »Stellst du sie mir vor? Ich könnte heute Abend noch 'ne coole Cousine gebrauchen.«
    Na gut, wenn ich Gwyn schon nicht auf andere Gedanken bringen konnte, vielleicht gelang es Kavita. Wir gingen ins Haus, und als wir in der Küchentür standen, bot sich uns ein seltsamer Anblick: Meine Mutter saß im Schneidersitz auf der Anrichte, blickte Richtung Herd und gab unverständliche Anweisungen, die von ausladenden Arm- und Handbewegungen begleitet wurden. Vor dem Herd sah man zwei Hintern, die in die Höhe gestreckt wurden – die Gesichter der dazugehörigen Personen konnte man leider nicht erkennen. Gwyn und ich sahen verblüfft zu, wie meine Mutter die beiden, die sich als Kavita und ein anderes Mädchen entpuppten, durch eine ganze Reihe Yoga-Übungen dirigierte.
    »Baapray, wie kannst du das nur so lange halten«, rief Kavita ihrer Mitstreiterin zu, nachdem sie selbst bei einer besonders schwierigen Übung erschöpft aufgegeben hatte, und fing an, sie am Bauch zu kitzeln.
    »Hör auf damit!«, schrie die andere.
    »Kavita, das ist Schummeln«, ermahnte meine Mutter.
    Schließlich plumpste auch die andere zu Boden und die beiden lagen nun schachmatt rücklings auf den Küchenfliesen.
    »Also das nenne ich ein richtiges Surya Namaskar«, sagte meine Mutter sichtlich zufrieden. »Einfach diese zwölf Übungen eine Stunde lang wiederholen, und ihr seid auf dem besten Wege, alle Asanas zu beherrschen.«
    »Hey, Cowgirl-Cousine!«, rief Kavita plötzlich. Wir waren also doch noch entdeckt worden.
    »Wird auch Zeit«, sagte meine Mutter. »Schade, dass ihr nicht eher hier wart, das hat wahnsinnigen Spaß gemacht! Übrigens, hallo Gwyn, schön, dich mal wieder hier zu haben!«
    »Ah, die berühmte Gwyn«, sagte Kavita und reichte ihr die Hand.
    »Du hast schon von mir gehört?«, sagte Gwyn und warf mir einen verdutzten Blick zu.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, hat Dimple immer von dir als ›ihrer Sabina‹ erzählt – die übrigens hier neben mir sitzt und mich gerade im Yoga ganz schön übertrumpft hat.«
    Das war also Sabina. Ich musterte sie schnell. Sie hatte kurzes schwarzes Haar, aus dem hier und da ein paar punkige Strähnen abstanden, so als sei sie gerade erst aufgestanden. An ihren Ohren baumelten gleich mehrere große Kreolen-Ohrringe, und auf der Nase trug sie eine Brille mit kleinen, viereckigen Gläsern, die allerdings gerade beschlagen waren und ihre Augen komplett ver deckten.
    »Kavita hat schon viel von dir erzählt«, sagte ich.
    »Hat sie?«, sagte sie und schien sehr froh darüber zu sein. »Ich dachte schon, ich würde euch nie mehr vorgestellt werden. Dabei war ich schon so neugierig, dich und Tantchen kennen zu lernen. Und natürlich Onkel – schade, dass er heute arbeiten muss.«
    »Bist du auch Dimples Cousine?«, fragte Gwyn.
    »Nein, nein, in Indien nennen wir alle Freunde der Familie Onkel und Tante«, erklärte ich.
    »Bist du dann die Cousine mit der arrangierten Hochzeit?«, wandte sich Gwyn nun an Kavita und starrte sie fasziniert an.
    »Nein«, sagte Sabina, bevor Kavita den Mund aufmachen konnte. »Das ist ihre Schwester, die wie ein Stück Vieh an diesen vermeintlichen Supertypen verkauft wird.«
    »Die Kuh ist in Indien heilig«, sagte meine Mutter streng.
    »Die Null wurde auch in Indien erfunden«, entgegnete Sabina.
    Gwyn fing an zu lachen.
    »Das stimmt«, sagte Sabina mit ernstem Gesicht. »Die Null wurde in Indien erfunden.«
    »Na, jedenfalls würde ich mich freuen, wenn meine Eltern für mich eine Hochzeit arrangieren würden – so wie die Dinge gerade für mich laufen«, sagte Gwyn. »Aber leider sind sie eher auf kaputte Ehen spezialisiert …«
    »Gibt's denn noch eine andere Form von Ehen?«, fragte Sabina sarkastisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Eure natürlich ausgenommen, Tante.«
    »Ganz deiner Meinung«, sagte Gwyn und setzte sich auf den Stuhl neben ihr. Sie war wieder zum Leben erwacht und fing an, von den Geschehnissen des Nachmittags zu berichten, inklusive der Tatsache, dass wir Karsh als ihren neuen Lover ausgegeben hatten, was meine Mutter nicht besonders lustig fand.
    »Ja,

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